In Osnabrück wurde das Tragen eines Gesichtsschleier am Abendgymnasium verboten. Die Diskussion um ein Burka-Verbot in Deutschland hält weiter an. Doch was ist wo verboten? – ein Überblick
Auch wenn es nur wenige Frauen in Deutschland sind, die sich in der Öffentlichkeit voll verschleiern – die Diskussion um Burka und Nikab hat inzwischen auch hier begonnen. Die Unions-Innenminister fordern ein teilweises Verschleierungs-Verbot. Schon oft mussten Gerichte über muslimische Frauenkleidung entscheiden – jetzt in Osnabrück.
Eine junge Muslimin wollte mit ihrem Nikab-Gesichtsschleier die Abendschule besuchen, doch die Lehranstalt schloss sie vom Unterricht aus. Die zog deshalb vor das Verwaltungsgericht Osnabrück – dort wurde das Verbot am Ende jedoch bestätigt, weil die junge Frau wegen des großen Medieninteresses nicht vor Gericht erschien. Der Beschluss in dem Eilverfahren ist noch nicht rechtskräftig, die Frau kann Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht einlegen.
In Deutschland ist die Religionsfreiheit grundgesetzlich geschützt, und darunter fällt auch das Tragen einer Burka oder eines Nikab. In Artikel 4 des Grundgesetzes heißt es: „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet“. Nach Ansicht des Verfassungsrechtlers Christian Kirchberg ist daher ein pauschales Burka-Verbot nicht machbar, wie er kürzlich der Deutschen Presse-Agentur sagte. Andere Experten halten ein Verbot dagegen für möglich.
Jein. Es liegt nicht in erster Linie am Ort, sondern an der Rolle, die eine Frau mit Burka oder Kopftuch dort spielt. Meistens geht es um Jobs im öffentlichen Dienst. Der Staat habe in religiösen Fragen neutral zu sein, sagt der Münsteraner Anwalt Wilhelm Achelpöhler. Auch Kruzifixe in öffentlichen Schulen sind seit Jahren ein Streitthema, vor allem in Bayern. Ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrerinnen in einigen Bundesländern hatte das Bundesverfassungsgericht im vergangenen Jahr gekippt. Verfassungsrechtler Kirchberg meint, dass ein Verbot der kompletten Verschleierung in Teilbereichen denkbar sei – etwa, wenn es darauf ankommt, das Gegenüber mit dem Blick ins Gesicht zu identifizieren.
Kritiker sehen das Kopftuch, und noch mehr die Burka, als Symbol der Unterdrückung der Frau. Einige Musliminnen sehen ihr Kopftuch oder die Vollverschleierung dagegen gerade als Ausdruck ihrer Unabhängigkeit. „Ich habe die Freiheit, zu bestimmen, wer was von meinem Körper wann sieht“, zitiert das SZ-Jugendportal „jetzt.de“ eine Nikab-Trägerin. „Heute muss ich nicht mehr mit der Masse mitschwimmen und beweisen, dass ich die schönsten Schuhe, das schönste Kleid habe“.
Im Koran gibt es nach Einschätzung des evangelischen Theologen Reinhold Mokrosch von der Universität Osnabrück keine direkte Anweisung für das Tragen einer Vollverschleierung. Radikale Formulierungen, die das fordern, seien erst später hinzugekommen. Die Bekleidungsregeln würden im Islam sehr unterschiedlich ausgelegt, sagt Katrin Großmann, Beauftragte für den interreligiösen Dialog im Bistum Osnabrück. Eindeutige Regeln wie in der katholischen Kirche gebe es nicht. „Es ist eher so, dass es einzelne Gelehrte gibt, deren Rechtsauslegung bestimmte Personen folgen“.
Bislang nicht. Aber muslimische Frauen sollen sich nach dem Willen der Unions-Innenminister in Gerichten, Ämtern, Schulen oder im Straßenverkehr nicht mehr voll verschleiern dürfen. Die Burka passe nicht zu Deutschlands freiheitlicher Rechtsordnung und widerspreche demonstrativ der Gleichberechtigung von Mann und Frau, sagte etwa CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt am Wochenende. Experten bezweifeln aber, ob ein Verbot der Verschleierung die Integration verbessern und die Terrorgefahr mindern würde. „Mir ist kein einziger Fall bekannt, in dem ein Burka-Verbot einen Terroranschlag verhindert oder den Weg in den Terrorismus erschwert hätte“, sagte am Wochenende der Terrorexperte Peter Neumann vom Londoner King’s College der dpa.
In Frankreich ist das Tragen der Burka komplett verboten. Aus Sicht des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist das kein Verstoß gegen die Religionsfreiheit. Er gesteht den einzelnen Ländern in dieser Frage einen Ermessensspielraum zu. In Frankreich werden Bußgelder erhoben, wenn Frauen mit einer Burka auf der Straße erscheinen. Auch in Belgien und teilweise in der Schweiz ist das Kleidungsstück in der Öffentlichkeit verboten. (dpa, iQ)