Frankreich

Gericht kippt Burkini-Verbot

Seit Wochen wird in Frankreich über ein Burkini-Verbot diskutiert. Mehrere Städte hatten ein Verbot eingeführt. Nun hat das französische Verwaltungsgericht das umstrittene Burkini-Verbot gekippt.

27
08
2016
Symbolbild: Gerechtigkeit © Markus Daams auf flickr (CC BY 2.0), bearbeitet by IslamiQ.

Das Oberste Verwaltungsgericht in Paris hat das Burkini-Verbot in der südfranzösischen Gemeinde Villeneuve-Loubet für ungültig erklärt. Das Verbot stelle eine ernsthafte und illegale Verletzung von Grundfreiheiten dar, urteilte das Verwaltungsgericht am Freitag in Paris.

In Villeneuve-Loubet ist es künftig wieder erlaubt, religiöse Kleidung am Strand zu tragen. Die Verbote in den anderen französischen Gemeinden sind solange gültig, bis sie vor Gericht angefochten werden. Die Gerichtsentscheidung gegen das Verbot sei jedoch generell und könnte auch auf andere Gemeinden angewandt werden, hieß es in französischen Medien.

Geklagt hatte die Nichtregierungsorganisationen „Menschenrechtsliga“ (Ligue des droits de l’homme) und „Komitee gegen Islamophobie in Frankreich“ (Comite contre l’islamophophie en France) gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts in Nizza, das das Burkini-Verbot für angemessen befunden hatte.

Der Präsident der französischen Organisation „Liga der Menschenrechte“, Michel Tubiana, lobt die Entscheidung des Obersten Verwaltungsgerichts in Paris, das Burkini-Verbot für ungültig zu erklären. „Das Gericht hat alle die gestoppt, die Muslime in Frankreich diskriminieren wollten“, sagte Tubiana der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Freitag in Paris. Die Richter hätten klar gemacht, dass ein Verbot des Burkinis eine Gefährdung der Grundrechte wie der Gewissensfreiheit und der persönlichen Freiheit darstelle, so Tubiana. Zudem habe das Urteil gezeigt, dass die Trennung von Staat und Kirche nur staatliche Behörden betreffe und nicht den öffentlichen Raum, so Tubiana.

Symbolische Wirkung des Urteils

Das „Kollektiv gegen Islamophobie in Frankreich“ (CCIF) begrüßte, dass nun jeder im Kleidungsstück seiner Wahl zum Strand gehen kann. CCIF und LDH hatten gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Nizza geklagt, bei dem das Burkini-Verbot als angemessen erklärt wurde.

Aus Sicht des CCIF hat das Urteil eine starke symbolische Wirkung. Es könne die Welle der politischen Aussagen, die freiheitsbedrohend und stigmatisierend seien, stoppen. Außerdem werde das Recht der Frauen, frei zu entscheiden, wie sie mit ihrem Körper umgehen wollten, gestärkt.

Das Urteil sei eine Niederlage für jene Bürgermeister, die in den vergangenen Wochen ein Burkini-Verbot eingeführt hätten, weil sie die Befindlichkeiten einiger Badegäste über den nationalen Zusammenhalt gestellt hätten.

Das Burkini-Verbot hatte in den vergangenen Tagen für Diskussionen gesorgt. Während sich Ministerpräsident Manuel Valls für das Verbot ausgesprochen hatte, zeigten sich andere Minister ablehnend. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
Wenigstens die französische Justiz hat noch die Orientierung, die die französische Politik längst verloren hat. Johannes Disch
28.08.16
11:53
Ute Fabel sagt:
Ich bin privat mit zahlreichen Moslems in Kontakt und allesamt sind entschiedene Gegner des Burkini und halten ihn - ebenso wie ich - für einen neuen grotesken ideologischen und geschlechtsdiskriminierenden Auswuchs, der sich nicht mit ihrem Verständnis des Islams überhaupt nicht deckt. Im Zusammenhang mit Burkini-Verboten von "Islamophobie" zu sprechen, halte ich daher für eine Beleidigung der großen Mehrheit der aufgeklärten Muslime, die den Burkini - wie ich meine zu Recht -als Sinnbild einer reaktionären politischen Strömung begreifen, die den Islam für sich nur instrumentalisiert. Wenn ich am Strand liege, möchte ich weder eine Burkini-Trägerin als Strandnachbarin haben, noch jemanden mit einem AfD-Handtuch, einer roten Badehose mit Hammer-Und-Sichel-Aufnäher oder einem Liegestuhl-Bezug mit der Aufschrift "Jesus liebt dich". Strände sind zur Erholung dar, auf welchen ein Schutz vor religiöser oder politischer Belästigung angebracht ist.
30.08.16
9:01
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Aha, Sie bestimmen, welcher Muslim / welche Muslima aufgeklärt ist, und welche nicht?? Die mit dem Burkini sind es also nicht?? Das ist ziemlicher Hochmut. Der Burkini ist nichts weiter als ein Badeanzug. Wer da eine religiöse Symbolik hineininterpretiert, der ist vielleicht nicht gleich islamophob, aber ziemlich hysterisch. Wenn Sie am Strand sind, und haben jemanden neben sich liegen, der Ihnen warum auch immer nicht passt, dann haben Sie die Freiheit, sich woanders hin zu legen. Sie wollen (am Strand) nicht von Religion belästigt werden?? Das entscheiden nicht Sie. Unsere Verfassung garantiert Religionsfreiheit. Und dieses Grundrecht beinhaltet auch, sich im öffentlichen Raum zu seinem Glauben zu bekennen. Säkularismus / Laizismus heißt, dass DER STAAT weltanschaulich neutral zu sein hat, und NICHT der Bürger. Die weltanschauliche Neutralität des Staates soll grade gewährleisten, dass der Bürger ohne Eingriffe des Staates sein Leben in Einklang mit seinem Glauben leben kann und darf. Das wird hier nämlich von vielen verwechselt: Die argumentieren mit dem Laizismus, um Muslimen die Bekundung ihres Glaubens zu verbieten. Das ist aber ein falsches Verständnis von Laizismus. Hier werden die Dinge auf den Kopf gestellt. Der Staat muss weltanschaulich neutral sein, und nicht der Bürger! Früher kämpften konservative christliche Moralwächter gegen den Bikini, vom (String)-Tanga und FKK ganz zu schweigen. Damals hatte man Angst vor der ausgezogenen Frau. Heute haben manche Angst vor einer angezogenen Frau. lg Johannes Disch
31.08.16
12:44