Saarland

Ministerpräsidentin für Kopftuchverbot

Nach dem sich Bundesländer wie NRW und Baden-Württemberg zum Kopftuchverbot geäußert haben, meldet sich nun auch der kleinste Bund im Lande zu Wort.

29
08
2016
Gesichtsschleierverbote- ein strittiges Thema. © (metropolico.org/CC 2.0/flickr)

Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ist für ein Kopftuchverbot von Lehrerinnen und Richterinnen. „In den Bereichen der Gesellschaft, die unsere Werte in besonderer Weise repräsentieren, das ist in der Schule und im Gericht der Fall, bin ich der Meinung, dass von Amtsträgern ein Kopftuch nicht getragen werden kann“, sagte die CDU-Politikerin der in Freiburg erscheinenden „Herder Korrespondenz“ (September). Das Kopftuch sei ein „ambivalentes Symbol“: Es sei Ausdruck religiöser Tradition, stehe für viele aber auch für die Unterdrückung der Frau. Daher sende es etwa an Schülerinnen aus einem patriarchalen Elternhaus ein falsches Signal.

Kramp-Karrenbauer verteidigte zugleich das Aufhängen von Kreuzen in Gerichtssälen. „Das Kreuz verdeutlicht, dass der Mensch nicht das Maß aller Dinge ist“. Die NS-Justiz habe gezeigt, was es bedeute, wenn sich der Mensch zum absoluten Richter mache. „Deswegen hat es für mich keinen Sinn, das Kreuz generell aus Gerichtssälen zu verbannen“, so die Ministerpräsidentin. Sie würdigte das Verhältnis von Staat und Religion in Deutschland, das von Dialog und Kooperation geprägt sei.

Wünschenswert sei es, auch mit den Muslimen zu Verträgen nach dem Vorbild der Staatsverträgen mit den Kirchen zu kommen. Zugleich rief sie dazu auf, selbstbewusst zu betonen, dass Deutschland ein christlich geprägtes Land sei. „Das hindert uns nicht daran, den Menschen, die zu uns kommen, auch das Recht einzuräumen, ihren Glauben zu leben“.

Das Augsburger Urteil

Hintergrund der Debatte ist ein Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg. Es hatte Ende Juni einer muslimischen Rechtsreferendarin das Tagen eines Kopftuches erlaubt und damit das in Bayern seit acht Jahren geltende Kopftuchverbot im Gerichtssaal gekippt.

In Nordrhein-Westfalen bleibt das Kopftuch hinter der Richterbank weiter verboten. Es vertrage sich nicht mit der Neutralität, die von Richtern erwartet werde. Auch der baden-württembergische Justizminister Guido Wolf (CDU) will Richterinnen und Staatsanwältinnen das Tragen eines Kopftuches im Gerichtssaal verbieten.

Burak Altaş, juristischer Mitarbeiter bei Federation against Injustice and Racism e.V. (FAIR international), kommentierte die Diskussion über das Kopftuch für IslamiQ. Er beschwert sich über inhaltsleere Argumente und ein fragwürdiges Grundgesetzverständnis. (KNA, iQ)

 

Wie kam es überhaupt bis zu diesem Punkt? Wir haben den jahrzehntelangen Kopftuchstreit in einem Video zusammengefasst.

Kopftuchkarte2

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Die Meinung von Frau Kramp-Karrenbauer, wonach "das Kreuz verdeutlicht, dass der Mensch nicht das Maß aller Dinge ist" halte ich für einigermaßen präpotent. Diese Ansicht steht in der jahrhundertelangen Tradition, in welche das Christentum einen unversiellen Wahrheitsanspruch für sich in Anspruch genommen hat. Das Kreuz ist ausschließlich das Symbol der christlichen Religion, genauso wie der Halbmond ein Symbol des Islams und Hammer und Sichel ein Symbol ein Symbol für den Kommunismus ist. Frau Kramp-Karrenbauer Versuch, dass Kreuz als universelles Menschheitszeichen umzudeuten, ist völlig rücksichtslos gegenüber Nicht- und Andersgläubigen. Ein Poster mit der Milchstraße verdeutlicht weit besser als das der Mensch nicht Maß aller Dinge ist als das Kreuz, welches für das Christentum mit seiner langen intoleranten Geschichte gegenüber Andersdenkenden steht. Weder haben Kreuze im Gerichtsälen etwas verloren, noch Kopftücher bei Repräsentantinnen der Justiz. Frau Kramp-Karrenbauer ist aber offenkundig eine reine christliche Lobbyistin, der es nicht um die konsequente Trennung von Staat und Religionen geht, sondern die nur eine übergeordente Stellung christlicher Symbole pflegen möchte.
30.08.16
8:41
Holger Berger sagt:
Das Kreuz kann auch prinzipiell als Symbol für christlich geprägte Kultur und für Barmherzigkeit angesehen werden, wenn es ohne Corpus ist. Ein jeder mag da alles mögliche mit dem Kreuzessymbol verbinden, nur wenn man Kopftuchträgerinnen in Schulen unterrichten lässt, dann müssen erst recht Kreuze zugelassen sein. Ich würde dann als Lehrer demonstrativ ein grosses Kreuz am Körper tragen, wenn mir Kopftuch-Lehrerinnen ständig ihre religiös motivierte Kopf-Verhüllung vorführen.
30.08.16
14:36
Holger Berger sagt:
Grundsätzlich lebe ich lieber in einer christlich geprägten Gesellschaft - bei allem Wissen von der Kriminalgeschichte des Christentums - weil dort auch Platz ist für Arme, Alte, Kranke und Ausgegrenzte. Ein islamisch geprägtes Land ist dagegen anders strukturiert und mitunter auch mehr als menschenverachtend, z.B. gegenüber homosexuell orientierten Menschen.
30.08.16
14:47
Manuel sagt:
@Holger Berger: Nicht nur das, sondern auch ein ausgeprägter Rassismus gegenüber allen Nicht-Moslems.
30.08.16
19:09
Ute Fabel sagt:
@Holger Berger: Dass sie die christliche Tradition im Zusammenhang mit Toleranz gegenüber Homosexuellen sehen, ist verwunderlich. Gerade christlich geprägte Regierungen (z.B. Polen) sind besonders homosexuellenfeindlich. In der Türkei bespielsweise ist Homosexualität schon länger legal als in vielen "christlichen" Ländern - keine Errungenschaft des Islams sondern starker säkulärer Kräfte. Unser Sozialsystem, das Arme, Alte, Kranke und Ausgegrenzte mit Rechtsansprüchen schützt, können sich eher die Sozialdemokraten auf ihre Fahnen schreiben. In den USA sind es gerade chrisltiche Kräfte, die gegen "Obamacare" Sturm laufen. Sie wollen es lieber bei christlichen Almosen belassen, was Missionierungsmöglichkeiten schafft, und lehnen staatliche Rechtsansprüche ab.
31.08.16
7:42
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Ein Poster von der Milchstraße verdeutlicht mehr als das Kreuz, dass der Mensch nicht das Maß aller Dinge ist (Ute Fabel). Das ist ein sehr schönes und zutreffendes Bild. lg Johannes Disch
02.09.16
8:31