Hamburg

Verfassungsschutz will AfD beobachten

In Hamburg hat der Verfassungsschutz seit kurzem die Identitäre Bewegung im Visier. Die rechtsextremistische Gruppe mache vor allem Stimmung gegen Muslime. Der Verfassungsschutz-Chef Voß hält das für bedenklich, auch mit Blick auf die AfD.

03
09
2016
AfD
AfD © flickr.de/metropolico.org/ CC 2.0, bearbeitet by IslamiQ.

Seit einem Monat beobachtet der Verfassungsschutz die sogenannte Identitäre Bewegung in Hamburg. „Es ist eine extremistische Organisation, die jetzt nach eigenem Bekunden einen Ableger in Hamburg gegründet hat“, sagte Verfassungsschutz-Chef Torsten Voß der Deutschen Presse-Agentur. Voß hob die Ablehnung von Muslimen durch die Identitäre Bewegung hervor und zog dabei auch eine Parallele zum Bundesprogramm der Alternative für Deutschland (AfD). Auch diese Partei stehe in Teilstrukturen an der Schwelle zur Beobachtung, meinte Voß.

Im AfD-Parteiprogramm hieße es seit dem 1. Mai: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“ Diese Aussage sei ein schmaler Grad, erklärte der Verfassungsschutz-Chef. Wenn die AfD damit sagen wolle, die Muslime dürften zwar in Deutschland leben und ihre Religion ausüben, aber eigentlich akzeptiere die Partei das nicht, wäre die im Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit noch nicht eingeschränkt. „Wenn aber die AfD damit meint, sie möchte wie die Identitären gar keine Muslime hier haben, dann wäre die Religionsfreiheit so stark eingeschränkt, dass dies mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht in Einklang stünde.“

Eine solche Position wäre „sehr bedenklich“ und würde Anlass zur Beobachtung geben. Mit Interesse nehme er auch Äußerungen einzelner Mandatsträger der AfD zur Kenntnis, die zumindest die Grenze des Antisemitismus und einer völkisch geprägten Argumentation erreicht hätten, etwa in Baden-Württemberg oder Thüringen.

Auch Veröffentlichungen der sogenannten Patriotischen Plattform, einer Gruppierung von AfD-Mitgliedern am rechten Rand der Partei, seien im Fokus zu behalten: „Dort wird zum Beispiel ganz offen taktisch argumentiert, wie man sich gegen eine mögliche Beobachtung durch den Verfassungsschutz wappnen könne.“ Der Nachrichtendienst müsse aufmerksam verfolgen, ob und wieweit es personelle Verbindungen zu rechtsextremistischen Strömungen gebe, beispielsweise zu den Identitären.

Wenn diese Entwicklung in eine bestimmte Richtung weitergehe, würde er sich nicht wundern, wenn sich bundesweit extremistische Teilstrukturen innerhalb der AfD bildeten, die dann zwangsläufig vom Verfassungsschutz beobachtet werden müssten, sagte Voß. Aufgrund der länderübergreifenden Aktivitäten sei dafür dann das Bundesamt zuständig.

In Hamburg beobachte er die Identitären voller Überzeugung. Er warf der Organisation „Rattenfängerei“ vor. Über soziale Netzwerke und schöne Bilder spreche sie besonders junge Leute an. Den AfD-Landesverband habe der Verfassungsschutz dagegen nicht im Visier, betonte Voß. „Die AfD in Hamburg hat bisher nicht die Schwelle verfassungsfeindlicher Bestrebungen erreicht.“

Die Identitäre Bewegung entstand 2003 in Frankreich. In Deutschland trat sie 2012 erstmals als Facebook-Gruppe in Erscheinung, seit Anfang August gibt es laut Verfassungsschutz auch eine Gruppe in Hamburg. Zur Mitgliederzahl macht das Landesamt keine Angaben. Die Identitären sprechen sich gegen „Überfremdung, Massenzuwanderung und Islamisierung“ aus. Sie werden auch in neun anderen Bundesländern überwacht, außerdem vom Bundesamt für Verfassungsschutz. (dpa/iQ)

Leserkommentare

Joachim Datko sagt:
Die abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum und Islam versuchen den Menschen das Selbstbestimmungsrecht zu stehlen. Der Islam ist besonders schlimm. In Deutschland hat über Jahrhunderte das Christentum die Menschen versklavt, der Islam ist hier fremd. Die Gesellschaft hat ein weitgehend naturwissenschaftliches Weltbild. Ich bin gerne bereit, bei Bedarf die obigen Aussagen weiter auszuführen. Joachim Datko - Physiker, Philosoph
03.09.16
12:17
Johannes Disch sagt:
@Joachim Datko Ihre Ausführungen über Religion klingen mir doch sehr nach dem Fundamental-Atheismus der "Brights" (Richard Dawkins, etc.) und der "Giordano-Bruno-Stiftung" (Freizeitphilosoph Michael Schmidt-Salomon, etc.). Und als Deckmantel für den intoleranten Frontalangriff gegen alles religiöse dient das "naturwissenschaftliche Weltbild." Es geht nicht um verschiedene Weltbilder. Es geht um Grundrechte. Und Religionsfreiheit ist ein solches Grundrecht. Dieses stellt die AfD für Muslime und ihren Glauben, den Islam, in Frage. Einer von vielen Gründen, warum ein Beobachten durch den Verfassungsschutz bezüglich der AfD längst angebracht wäre. lg Johannes Disch - Soziologe, Sozialarbeiter, Philosoph
03.09.16
18:45
Johannes Disch sagt:
@Joachim Datko Ihre Ausführungen über Religion klingen mir doch sehr nach dem Fundamental-Atheismus der "Brights" und der "Giordano-Bruno-Stiftung." Und als Deckmantel für den intoleranten Frontalangriff gegen alles religiöse dient das "naturwissenschaftliche Weltbild." Es geht hier aber nicht um Weltbilder, sondern um Grundrechte. Und eines dieser Grundrechte ist die Religionsfreiheit nach Art. 4 GG. Dieses gilt auch für Muslime und ihren Glauben, den Islam. Dieses Grundrecht will die AfD für Muslime unzulässig einschränken bzw. so gut wie abschaffen, weshalb eine Beobachtung dieser Partei durch den Verfassungsschutz mehr als überfällig ist. lg Johannes Disch - Soziologe, Sozialpädagoge, Philosoph.
03.09.16
18:52
Joachim Datko sagt:
Zu Johannes Disch Es handelt sich um keinen "Frontalangriff", sondern um einfache Aussagen. Es ist richtig, dass die abrahamitischen Religionen versuchen, den Menschen das Selbstbestimmungsrecht zu stehlen. Religionen versuchen ganze Regionen zu versklaven. Streng religiöse Menschen sind in der Regel in der Kindheit religiös indoktriniert worden. Es ist richtig, dass die Gesellschaft bei uns ein weitgehend naturwissenschaftliches Weltbild hat. Darauf beruht auch unser wirtschaftlicher Erfolg. Gottesvorstellungen sind aus der vorwissenschaftlichen Zeit, als man nicht erklärbare Phänomene Geistern und Göttern zuordnete.
05.09.16
8:44
Ute Fabel sagt:
@Johannes Disch: Auch die Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht, das unter rechtlichem Schutz steht. Dazu gehört auch das Recht zu einem - wie sie schreiben- unverblümten verbalen Frontalangriff gegen alles Religiöse. Ich halte nichts von Herumlavieren und Reden um den heißen Brei - die abrahamitischen Religionen sind für mich einfach abergläubischer, verstandesfeindlicher Nonsense, die keinen Respekt verdienen. Lang genug wurde und wird noch vielen Menschen aufgezwungen, Islam und Christentum unverdienten Resprekt zu zollen.Keinefalls dürfe Rechtspopulisten ein Monopol für konsequente Religionskritik bekommen. Ich finde es gut, dass es die "Giordano-Bruno-Stiftung" gibt, die auch den "Zentralrat der Exmuslime" fördert - eine wichtige Stimme für diejenigen, die den Mut aufbracht haben vom Glauben abzufallen, der ihnen oft über den Weg der Frühkindindoktrination aufgezwungen wurde. Die negative Religionsfreit ist wesentlicher Bestandteil der Religionsfreiheit.
05.09.16
10:41
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel So, das Grundrecht der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG erlaubt einen Frontalangriff auf alles religiöse?? Das ist nur bedingt richtig. Es kommt darauf an, wie dieser Angriff erfolgt: Ob rational oder polemisch-diskriminierend. Bei den Angriffen der AfD handelt es sich eindeutig um die zweite Variante. Und diese ist von Art. 5 GG nicht unbedingt gedeckt. Satz 2 Art. 5 GG zeigt klar, wo die Schranken der Meinungsfreiheit liegen, und dass diese nicht grenzenlos ist. Zudem würden die Vorschläge der AfD Muslime ihres Grundrechts auf Religionsfreiheit berauben. Auch das ist nicht zulässig. Ist hier vielen aber offenbar recht wurscht. Hauptsache, es geht gegen den Islam und gegen Muslime..... lg Johannes Disch
05.09.16
11:54
Ute Fabel sagt:
@Johannes Disch: Auch polemisch-karikaturhafte Auseinandersetzung mit Religionen oder nicht religiösen Weltanschauungen halte ich für richtig und wichtig. Ich denke da an "Candide" von Voltaire bezogen auf das Christentum, "Farm der Tiere" von Orwell bezogen auf den Sowjet-Kommunismus oder "Unterwerfung" von Houellebecq bezogen auf den Islam. Houellebecq wurde ja "Islamophobie" vorgeworfen, dann wären Voltaire und Orwell aber christianophob bzw. kommunismophob. Es ist schade, dass sich nur die AfD gegen den Muezzinruf, der in Deutschland vor allem von der erdogan-hörigen Ditip gepusht wird. Der Muezzinruf enthält folgende Textpassagen: "Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Allah (Gott): Allah (Gott) ist groß (größer als alles und mit nichts vergleichbar)" Das kann in den Moscheen gepredigt werden, aus Repekt vor der negativen Religionsfreiheit anderer ist es aber unzumutbar gleich ganze Stadtviertel mit derartigen absoluten Wahrheitsansprüchen zu beschallen.
05.09.16
13:02
Johannes Disch sagt:
@Joachim Datko Ihr Blick auf die monotheistischen Religionen ist sehr holzschnittartig und einseitig. Auf dem naturwissenschaftlichen Weltbild beruht unser wirtschaftlicher Erfolg? Max Weber ( "Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus") wird Sie da eines besseren belehren. lg Johannes Disch
05.09.16
13:04
Andreas sagt:
Unter die Meinungsfreiheit fällt sicherlich, dass man Religion kritisieren darf. Allerdings fällt darunter nicht, dass man die Religionsfreiheit ganz oder teilweise abschaffen möchte. Ein Grundrecht findet da seine Grenze, wo es gegen andere Grundrechte verstößt.
05.09.16
17:34