Studie

Nachteile durch Kopftuch bei Jobsuche

Laut einer Studie werden Musliminnen mit Kopftuch im Vergleich zu Mitbewerbern ohne Kopftuch nur ganz selten zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.

20
09
2016
Symbolbild: Kopftuchverbot, Lehrerinnen
Symbolbild: Musliminnen © Kashfi Halford auf Flickr, bearbeitet Islami-Q

Kopftuchträgerinnen sind bei der Jobsuche deutlich benachteiligt. Das habe eine Studie des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit in Bonn ergeben. Wie die „Bild“-Zeitung am Dienstag berichtet müssen Kopftuchträgerinnen mehr als viermal so viele Bewerbungen schreiben, um die gleiche Zahl an Einladungen zu Vorstellungsgesprächen zu erhalten wie Frauen ohne Kopftuch.

Die Forscher hatten nach Angaben der Zeitung fast 1.500 fiktive Bewerbungen um in Deutschland ausgeschriebene Stellen verschickt. Dabei hätten sie identische Schul- und Bildungswege mit unterschiedlichen Fotos kombiniert. Auf diesen seien Bewerberinnen mit oder ohne Kopftuch zu sehen gewesen.

Laut Studie habe die Bewerberin ohne Kopftuch auf fast jede fünfte Bewerbung (18,8 Prozent) eine Einladung zum Vorstellungsgespräch erhalten, wobei die Bewerberin mit Kopftuch auf jede 24. Bewerbung (4,2 Prozent) eine positive Rückmeldung bekommen habe. Darüberhinaus habe ein ausländisch klingender Nachname ähnliche Effekte. Hier habe die Bewerberin auf jede 7. Bewerbung eine Einladung erhalten.

Bereits im Jahre 2010 und 2013 haben Studien gezeigt, dass gerade Bewerberinnen mit Kopftuch stärker von Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt betroffen sind, als andere Gruppierungen und Minderheiten.  Im Vergleich zu Mitbewerbern ohne Kopftuch werden Kopftuchträgerinnen nur ganz selten zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. (KNA, iQ)

 

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
@grege -- "Religionsfreiheit bedeutet nicht, dass Religion gegenüber anderen Weltanschauungen bevorzugt wird." (grege) Doch. Genau das bedeutet es. Weil Religion nämlich mehr ist, als nur eine diffuse "Weltanschauung." Religionsfreiheit ist ein Grundrecht, dass in gewissem Sinne tatsächlich höher gewichtet ist als eine diffuse "Weltanschauung." Unter "Weltanschauung" kann man alles mögliche verstehen. Grundrechte -- und ein solches ist Religionsfreiheit nach Art. 4 GG-- können bei uns nur eingeschränkt werden, wenn sie die Grund- und Menschenrechte anderer verletzen. Wenn Sie glauben, das nachweisen zu können, dann machen Sie den Gang nach Karlsruhe und legen Verfassungsbeschwerde ein. Die Erfolgsaussichten sind allerdings nicht sehr hoch. Mit einer ähnlichen Argumentation sind schon einige Islam-Basher nach Karlsruhe marschiert. Karlsruhe hat keine dieser Klagen angenommen. Und auch vor dem Europäischen Gerichtshof sind solche Leute bereits gescheitert. Auch dort wurden ähnlich argumentierende Kläger noch nicht einmal zugelassen. Religion ist eben mehr als "nur" eine diffuse "Weltanschauung." So ist nun mal die Rechtslage. Und zwar national und international.
20.10.16
2:04
grege sagt:
"Doch. Genau das bedeutet es. Weil Religion nämlich mehr ist, als nur eine diffuse "Weltanschauung."" Diese Aussage ist grundfalsch. Gemäß Artikel 4 unseres Grundgesetzes sind Religion und Weltanschauung gleichberechtigt zu behandeln. Entgegen Ihrem Wunschdenken besitzt die Religion hier kein Vorfahrtsrecht. Ebenso ist der Begriff Weltanschauung im Sinne des Grundgesetztes klar defeniert, so dass Ihr Vorwurf der Unschärfe ebenso haltlos und unwahr ist. Überdies kann ich die Logik nicht teilen, dass Befürworter eines Kopftuchverbotes am Arbeitsplatz per se mit Islambashern gleichgesetzt werden, womit wir mal wieder beim Pauschalisieren sind.
21.10.16
17:27
Johannes Disch sagt:
@grege So, der Begriff "Weltanschauung" ist im GG klar definiert?? Welche Ausgabe des GG haben Sie denn?? In meiner steht unter Art. 3, Satz 3 GG: -- "Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden." Eine Definition des Begriffes "Weltanschauung" findet sich im GG nicht. Es ist einem Arbeitgeber nicht möglich, jemanden wegen seines religiösen Glaubens abzulehnen. Dazu gibt es diverse eindeutige Urteile deutscher Gerichte. U. a. musste ein Zahnarzt 2012 einer Auszubildenden zur Zahnarzthelferin Schmerzensgeld zahlen, weil er sie entlassen hat. Der Grund für die Entlassung: Sie weigerte sich, ihr Kopftuch abzulegen. Das Bundesverfassungsgericht hat 2015 klargestellt, dass ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrerinnen verfassungswidrig ist. Der Arbeitgeber Schule kann also kein pauschales Kopftuchverbot verhängen. Auch der Staat kann das nicht. Ein Augsburger Gericht hat deutlich gemacht, dass ein Kopftuchverbot für eine Referendarin im Justizbereich nicht zulässig ist. Daran sehen Sie, wie hoch unsere Verfassung das Grundrecht auf Religionsfreiheit nach Art. 4 GG einschätzt. Nun versuchen sie mal, in einer Naziuniform am Arbeitsplatz zu erscheinen, mit dem Argument, sie dürften wegen ihrer Weltanschauung nicht diskriminiert werden, und das würde durch das GG gedeckt, da dieses Religion und Weltanschauung laut ihrer Meinung klar gleichberechtigt behandelt....
22.10.16
0:00
Kritika sagt:
L.S. Hier wird das Recht auf Religion verwechselt mit dem Wunsch für eine Religion im Betrieb zu demonstrieren zu dürfen. Mit dem Kopftuch wird das Banner einer meist als unsympathisch bis abstossend empfundene Religion in die Firma herum getragen. Über Latente Sorgen wie Forderung nach spezielle Angebote in der Kantine Risiko, dass die Kopftuchfrau einem Kunden nicht die Hand geben will Forderung nach einem Gebetsraum braucht sich ein Arbeitgeber keine Gedanken zu machen, wenn er lieber eine kopftuchlose, normale Frau einstellt. Nicht-gleiche Frauen nichtgleich zu behandeln ist keine Diskrimination sondern weises ermessens-freies Handeln der Geschäftsleitung. Gruss Kritika
23.10.16
0:41
grege sagt:
@ Herr Disch also nochmal bitte lesen: Artikel 4 Absatz 1 des GG. In der aktuellen Ausgaben finden Sie den Begriff weltanschauliches Bekenntnis" gleichberechtigt neben Religion, welche beide unverletztlich seien . Sie wollen doch nicht den Vätern des Grundgesetzes unterstellen hier mit diffusen Begriffen zu hantieren. Ebenso wie Weltanschaulungen extrem sein mögen, wäre diese bei bestimmten Auslegungen von Religion ebenso der Fall. Der IS aus Mossul oder Rakka lässt hier besonders laut grüßen. Ansonsten habe ich zu Ihren anderen Argumenten schon mehrfach Stellung genommen, so dass ich mir hier weitere Wiederholungsschleifen mir nicht antun möchte.
25.10.16
19:24
Johannes Disch sagt:
@grege Es gibt -- wohl bis auf § 1 GG-- kein Grundrecht, das schrankenlos ist. Für extremistische Auslegungen der Grundrechte gelten die Grundrechte natürlich nicht. So kann sich ein politisch interpretierter Islam, der sich gegen die FDGO richte, nicht auf das Grundrecht der Religionsfreiheit nach Art. 4 GG berufen. Die Väter des GG haben nicht mit diffusen Begriffen hantiert. Nur ist es unmöglich, in einer Verfassung jeden möglichen konkreten Einzelfall zu berücksichtigen. Politische Anschauungen gelten übrigens nicht als Weltanschauung im Sinne des AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) Der Gesetzgeber versteht unter "Religion" Glaubensvorstellungen, die sich auf ein Jenseits beziehen. Unter "Weltanschauung" versteht das Gesetz Überzeugungen über die Stellung des Menschen in der Welt. Politische Meinungen / Politische Weltbilder hingegen gelten nicht als "Weltanschauung" im Sinne des AGG. Deshalb ist es auch falsch, mit der Burschenschafterkappe oder dem Che-Guevera-T-Shirt gegen das Kopftuch zu argumentieren. Sie können am Arbeitsplatz sicher mit einem T-Shirt erscheinen mit der Aufschrift "Gottlos glücklich," ohne dass es Probleme gibt. Mit einem Che-Shirt wird das schon schwieriger. Und genauso, wie Sie mit einem "Gottlos-Glücklich-Shirt" am Arbeitsplatz erscheinen können (nicht: müssen), so darf eine Muslimin, die mit einem Kopftuch ihre Religiosität bekunden will, dies auch tun. Das AGG ist übrigens ein gutes Beispiel dafür, wie der Gesetzgeber allgemein formulierte Rechte wie in einer Verfassung-- bsp. Religionsfreiheit-- durch ein anderes Gesetz konkretisiert. Also: Sie können nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Nicht eine politische Haltung / ein politisches Weltbild mit einer Religion. Eine politische Meinung / ein politisches Weltbild ist (juristisch) nicht gleichzusetzen mit einem religiösen Glauben. Und Sie können ein Grundrecht wie Religionsfreiheit nicht so ohne weiteres einschränken. Unsere Gesetze sind da eindeutig. Sie finden im Netz zu diesem Thema unter dem Stichwort "Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz" genügend Erläuterungen und Fallbeispiele aus der Praxis und dazugehörige Gerichtsurteile: Was ist eine Religion? Was ist eine Weltanschauung im Sinne des GG und des AGG? Was ist eine politische Überzeugung? Was unterscheidet diese Dinge und welchen Stellenwert haben sie? Was darf unter welchen Umständen verboten werden und was nicht? Etc.
27.10.16
0:50
Ute Fabel sagt:
@ Johannes Disch: Ihre rechtliche Einschätzung, die Religionsfreiheit sei der Weltanschauungsfreiheit oder der Freiheit der politischen Anschauung übergeordnet, ist völlig unzutreffend. Diese Freiheiten sind gleichrangig, beziehen sich aber auf das Privatleben. Es gibt keinen Ansprüch auf Religionsausübung oder politsche Betätigung während der Arbeitszeit. In der Europäischen Grundrechtecharta, die Verfassungsrang hat und innerstaatlich unmittelbar anwendbar ist, steht Folgendes: Artikel 21 ERC: Nichtdiskriminierung (1) Diskriminierungen insbesondere wegen ... der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung sind verboten. Unternehmen, die das islamische Kopftuch im Betrieb akzeptieren, müssen daher im Sinne der Gleichbehandlung auch Abzeichen von politischen Parteien (Rote Nelken bei Sozialdemokraten, Button mit dem AfD-Logo, kummunistisches Blauhemd) akzeptieren. Empfehlenswert halte ich für Unternehmen daher ein konsequente "neutrality policy", d.h. kein Sichtbarmachen von Religion, Weltanschauung oder politischer Anschauung am Arbeitsplatz. Das behandelt alle gleich und diskriminiert niemand. Eine Sonderstellung für Kopftücher im Betrieb lässt sich hingegen weder mit dem innerstaatlichen noch dem europäischen Gleichbehandlungsrecht in Einklang bringen
27.10.16
11:35
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Meine Einschätzung ist sehr wohl zutreffend. Die Fakten geben mir Recht. Befassen Sie sich mal mit dem AGG und den dazugehörigen Urteilen. Eine politisches Weltbild gilt nicht als Weltanschauung und ist nicht vergleichbar mit einer Religion. Das ist ein Fakt! So steht es im Gesetz! Es geht nicht um Religionsausübung während der Arbeitszeit. Die Frau verrichtet ja keines ihrer Gebete und unterbricht dafür die Arbeit. Es geht um ihr Grundrecht auf Religionsfreiheit, und ihren Glauben darf sie durch ein Symbol-- hier: ein Kopftuch-- bekunden. Das kann ihr der Arbeitgeber nicht verbieten. Grade gibt es wieder einen aktuellen Fall. Ein Stuttgarter Zahnarzt hat eine Bewerberin wegen eines Kopftuchs abgelehnt. Er hat sich zwar dafür entschuldigt, wird aber wohl trotzdem eine Entschädigung zahlen müssen. Die Klage ist bereits auf dem Weg. Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung. Aber nicht auf eigene Fakten! Und die Fakten stehen auf meiner Seite.
27.10.16
15:55
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Auch mit der Europäischen Grundrechte-Charta liegen Sie daneben. Diese hat für die BRD weder Verfassungsrang, noch ist sie unmittelbar zwingend innerstaatlich anwendbar. In Art. 10 dieser Charta heißt es: - "Jede Person hat das Recht auf Gedanken-Gewissens-und Religionsfreiheit. Das Recht umfasst die Freiheit, seine Religion und Weltanschauung zu wechseln, und die Freiheit seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit anderen ÖFFENTLICH oder privat durch Unterricht, Gottesdienst, Bräuche und Riten zu bekennen." Zu berücksichtigen ist hier ebenfalls noch Art. 9 EMRK (Europäische Menschenrechtscharta. Satz 1 ist identisch mit Satz 1 Art. 10 der EU-Grundrechte-Charta. In Satz (2) heißt es unmißverständlich: - "Die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu bekennen, darf nur Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die öffentliche Sicherheit, zum Schutz der öffentlichen Ordnung, Gesundheit oder Moral oder zum Schutze der Rechte und Freiheiten anderer." Ein Kopftuch in der Zahnarztpraxis und im Büro stellt keine der genannten Gefährdungen dar. Im Augenblick sind 2 Klagen wegen eines Kopftuchverbots am Arbeitsplatz beim EuGH anhängig. Die Urteile stehen noch aus. Gibt dieser den Arbeitgebern recht, dann könnte das Auswirkungen auf Deutschland haben. Aber bis dahin gilt deutsches Recht. Gilt das AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz). Und das besagt, dass ein pauschales Kopftuchverbot am Arbeitsplatz unzulässig ist, eine Diskriminierung darstellt und einen unzulässigen Eingriff in das Grundrecht auf Religionsfreiheit nach Art. 4 GG. Im übrigen unterliegen viele Arbeitgeber dem Irrtum, sie wären wie der Staat dem Neutralitätsprinzip verpflichtet. Das ist falsch. Staatliche Neutralität gilt nicht in Privatunternehmen. Hier sind die gesetzlichen Vorgaben eindeutig: Hier haben das Grundrecht auf Religionsfreiheit und das Diskriminierungsverbot Vorrang.
27.10.16
17:56
grege sagt:
Da das Grundgesetzt das Fundament unseres Zusammenlebens darstellt, werden sich deren Väter jedes Wort wohlüberlegt haben. Daher kann man getrost davon ausgehen, dass diffuse Begriffe fehl am Platze sind. Des Weiteren ist Ihre Falschaussage widerlegt, dass der diffuse Begriff "Weltanschauung" im Grundgesetz nicht enthalten sei. Ebenso hat sich Ihre Aussage in Luft aufgelöst, dass eine Religion gegenüber Weltanschauung bevorzugt werden darf. Im Grundgestzt sowie den von Ihnen genannten Rechtsquellen werden Weltanschaung und Religion völlig gleichberechtigt nebeneinander erwähnt. Auch eine unpolitisch interpretierbare Auslegung einer Religion oder Weltanschauung kann sich gleichermaßen gegen das FDGO richten. Auch hier muss die Relgion der Weltanschaaung in nichts nachstehen Des Weiteren darf keiner wegen einer politischen Überzeugung, die den Ausfluss einer Weltanschauung widerspiegelt, nicht benachteiligt werden. Von daher ist Ihre Aussage sehr pauschal gehalten, dass eine politische Meinung per se von einer Weltanschauung abzugrenzen sei. Da beispielsweise der Pazifismus eine Weltanschaung darstellt, dürfte eine Bank als Arbeitgeber konsequenterweise ihrem Kundenberater das Tragen eines T-Shirts mit dem Peace Symbol nicht verbieten. Ebenso dürften Hammer und Sichel-Abzeichen als Ausdruck des weltanschaulichen Kommunismus nicht untersagt werden, was aber der Praxis widersprechen dürfte. Insofern werden hier auch keine Äpfel mit Birnen verglichen.
27.10.16
20:25
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