Mit dem Tag der offenen Moschee wollen Muslime den Islam besser bekanntmachen. Angesichts vieler Vorurteile ist das auch nötig, so der katholische Theologe Klaus von Stosch. Sein neues Buch will Abhilfe schaffen.
„Der Islam hat derzeit keine gute Presse.“ Mit dieser Feststellung beginnt das neue Buch „Herausforderung Islam“, das der katholische Theologe Klaus von Stosch jetzt als „Christliche Annäherungen“ vorgelegt hat. Der Leiter des Zentrums für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften an der Universität Paderborn arbeitet seit Jahren zum Forschungsschwerpunkt „Jesus im Koran“. In seinem neuen Buch befasst sich der Professor mit Stereotypen, denen sich Muslime und ihre Religion derzeit ausgesetzt sehen. Vor allem geht es ihm um eine christliche Würdigung des Islam, die gerade die Verschiedenheit beider Religionen als Wert entdecken möchte.
Systematisch behandelt der Autor zunächst Entstehung und Lesarten des Koran, Biografie und Bedeutung des Propheten Muhammad – von Stosch verwendet diese Schreibweise – sowie die Unvergleichlichkeit Allahs. Dabei hat der 45-Jährige den Anspruch, alle heißen Eisen in der gegenwärtigen Debatte über den Islam aufzugreifen: vom Kopftuch über das Rechtssystem Scharia bis hin zur Gewalt gegen Andersglaubende. Jeweils am Ende eines Kapitels fragt von Stosch „Der Koran – ein Wort Gottes auch für Christen?“, „Muhammad – ein Prophet auch für Christen?“ bis hin zu der entscheidenden Frage „Glauben wir an denselben Gott?“. Der Theologe bietet Argumente für ein „Ja“ – unter bestimmten Bedingungen.
Der Wissenschaftler analysiert einschlägige Koranverse und ordnet sie historisch und theologisch ein. Damit gelingt es ihm, einige kritische Themen wie die Stellung der Frau, Polygamie oder Muhammad als gewaltbereiter und judenfeindlicher Streiter geradezurücken. Richtig verstanden ist für von Stosch die Scharia ein System, das Glaubensfreiheit für jeden, Unverletzlichkeit der Menschenwürde sowie Wachstum und Wohlergehen künftiger Generationen propagiert. In diesem Sinne sollte auch Deutschland „mehr Scharia wagen“, meint der Autor.
Prominent nimmt sich von Stosch vermeintliche Aufrufe im Koran zur Gewalt gegen Andersdenkende vor. „Letztere sind es ja auch, die heute im Kontext des Islams so viel Aufsehen erregen und durch den Terror des IS traurige Berühmtheit erlangt haben“, schreibt der Theologe und entlarvt Fehlinterpretationen von einschlägigen Versen. Weiter vermerkt der Autor, dass die Ursprünge islamistischen Terrors in der Kolonialzeit liegen. Diese sei auch mitverantwortlich, dass die reiche Ideengeschichte des Islam verschüttet wurde.
Muslimische Fundamentalisten zeichneten sich durch eine atemberaubende Ignoranz gegenüber der eigenen Religion und ihrem intellektuellen Fundus aus, so der Autor. „Die Neosalafisten hassen nichts so sehr wie die islamische Tradition.“ Damit könne sich auch der IS nicht auf den Islam berufen.
Das Buch will zu einer Begegnung mit dem Islam einladen, „die nicht nur Verstehen, sondern Liebe will“, schreibt von Stosch. Seine differenzierenden Ausführungen bieten nicht nur zum „Tag der offenen Moschee“ wertvolle Denkanstöße. (KNA/iQ)