Einstellungen für die Zustimmung anpassen

Wir verwenden Cookies, damit Sie effizient navigieren und bestimmte Funktionen ausführen können. Detaillierte Informationen zu allen Cookies finden Sie unten unter jeder Einwilligungskategorie.

Die als „notwendig" kategorisierten Cookies werden in Ihrem Browser gespeichert, da sie für die Aktivierung der grundlegenden Funktionalitäten der Website unerlässlich sind.... 

Immer aktiv

Notwendige Cookies sind für die Grundfunktionen der Website von entscheidender Bedeutung. Ohne sie kann die Website nicht in der vorgesehenen Weise funktionieren.Diese Cookies speichern keine personenbezogenen Daten.

Keine Cookies zum Anzeigen.

Funktionale Cookies unterstützen bei der Ausführung bestimmter Funktionen, z. B. beim Teilen des Inhalts der Website auf Social Media-Plattformen, beim Sammeln von Feedbacks und anderen Funktionen von Drittanbietern.

Keine Cookies zum Anzeigen.

Analyse-Cookies werden verwendet um zu verstehen, wie Besucher mit der Website interagieren. Diese Cookies dienen zu Aussagen über die Anzahl der Besucher, Absprungrate, Herkunft der Besucher usw.

Keine Cookies zum Anzeigen.

Leistungs-Cookies werden verwendet, um die wichtigsten Leistungsindizes der Website zu verstehen und zu analysieren. Dies trägt dazu bei, den Besuchern ein besseres Nutzererlebnis zu bieten.

Keine Cookies zum Anzeigen.

Werbe-Cookies werden verwendet, um Besuchern auf der Grundlage der von ihnen zuvor besuchten Seiten maßgeschneiderte Werbung zu liefern und die Wirksamkeit von Werbekampagne nzu analysieren.

Keine Cookies zum Anzeigen.

Islamfeindlichkeit in Europa

„Es muss einen demokratischen Widerstand der Muslime geben“

Wie sind die gewalttätigen Übergriffe gegen Muslime und Moscheen zu bewerten? Warum nicht nur rechte Parteien dafür verantwortlich gemacht werden können und was Muslime dagegen tun sollten, erklärt Politikwissenschaftler Dr. Farid Hafez im IslamiQ-Interview.

09
10
2016
Dr. Farid Hafez © FH

IslamiQ: Sprengstoffanschläge in Dresden, Schüsse in Remscheid. Nur zwei Beispiele an Moscheeangriffen der letzten Zeit. Ist es selektive Wahrnehmung oder werden Moscheeangriffe immer gewalttätiger?

Dr. Farid Hafez: 2015 wurden mehr als 1000 Attentate und 100 Brandanschläge auf Unterkünfte geflüchteter Menschen im deutschen Bundesgebiet vermerkt. Das heißt, es gibt insgesamt einen steigenden Trend im Hinblick auf rassistische Gewalt. Die beiden Beispiele, die sie geben, zeigen, dass die Intensivierung der Dimension der Gewalt auch im Hinblick auf den antimuslimischen Rassismus zutrifft. Inwiefern von einer Steigerung gesprochen werden kann, ist schwierig, da es bislang keine Zahlen zum Vergleich auf einer Zeitskala gibt.

IslamiQ: Wie ist denn die hohe Anzahl der Moscheeangriffe der letzten Zeit zu bewerten?

Hafez: Der Schritt zwischen einem gewaltsamen Wort und einer gewalttätigen Tat ist eine Frage der Konsequenz. Der Terrorist Anders Behring Breivik war nicht nur ein Terrorist, sondern ein Terrorist, der seine Tat auf Wahnvorstellungen über eine Islamisierung Europas gebaut hatte. Sein Akt des Terrors war aus seiner Sicht eine Verteidigung. Betrachtet man die ausufernde Sprache gegenüber dem ‚muslimischen Anderen‘, dann ist die Frage der Gewalt nicht mehr weit. Das gilt sowohl für soziale Foren wie auch für rechtspopulistische Kampagnen. Hier regiert eine Sprache der Gewalt. Und die nährt sich aus einer eher kultivierten rassistischen Sprache. Erinnern wir uns an Sätze wie „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“, der eine breite Akzeptanz findet, so steckt darin ein Kern der Ausgrenzung. Die gewalttätige Ausgrenzung geht dann mehrere Schritte weiter, indem sie zuerst das Ausgegrenzte nicht mehr unter sich akzeptiert und es in weiterer Folge vernichten will.

IslamiQ: Auch Angriffe auf Muslime häufen sich. In Wien wurde eine Frau geschlagen. ENAR gab an, dass Musliminnen die ungeschütztesten Personen Europas sind. Dennoch halten sich viele zurück und machen die Vorfälle nicht publik. Welchen Ratschlag haben Sie an die Betroffenen?

Hafez: Es braucht zum einen ein stärkeres Bewusstsein für Rassismus, in diesem Falle Islamophobie. Zum anderen braucht es ein Empowerment und Information darüber, welche Rechte ich habe. Wenn ein Ungerechtigkeitsempfinden gepaart mit Information, wie ich mich zur Wehr setzen kann existiert, dann wird demokratischer Widerstand ermöglicht. Die Communities können das unterstützen, indem sie den Betroffenen Mut zusprechen und sie auf einen legalen Konsens hinweisen, das diese Rassismen eigentlich verbietet.

IslamiQ: Wie kann man die steigende Islamfeindlichkeit langfristig eindämmen? Wurden die nötigen Schritte eingeleitet?

Hafez: Das ist keine kleine Frage. Der Rassismus ist ein jahrhundertealtes Phänomen und wird nicht übermorgen verschwinden. Dazu braucht es viele Anstrengungen, angefangen von Kinderliedern, über Schulbücher, bis hin zu einer Sensibilisierung zum Sprechen. Aber all das wird nur dann geschehen, wenn sich auch Machtverhältnisse verändern. Denn Rassismus ist nicht nur ein Vorurteil. Islamophobie basiert nicht auf einer Unkenntnis des ‚Islams‘ oder der ‚Muslime‘. Vielmehr geht es um ein Herrschaftsverhältnis, in dem die Dominanzgesellschaft die imaginierte Minderheit viel zu wenig zu Wort kommen lässt, wenig Anerkennung schenkt und real nicht mitentscheiden lässt.

Dr. Farid Hafez ist Politikwissenschafter und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Abteilung Politikwissenschaft der Universität Salzburg. Er gibt seit 2010 das Jahrbuch für Islamophobieforschung (www.jahrbuch.islamophobie.de) heraus.

IslamiQ: Rechtsextreme Gruppierungen wie die „Identitäre Bewegung“ verzeichnen immer mehr Zulauf. Dabei richten sie sich gezielt an Jugendliche und gegen Muslime und sind real und virtuell sehr gut organisiert. Sind die wachsenden Strukturen der rechtextremen Szene überhaupt noch nachvollziehbar?

Hafez: Zu den Erfolgsrezepten der „Identitären Bewegung“ gehört, dass sie sich kulturell dem Mainstream angepasst hat und sich linke politische Aktionsformen angeeignet hat. Statt rechtsextremer Gewalt werden Proteste wie medienwirksame Störaktionen gewählt. Zudem hilft es, dem Geruch des Rechtsextremismus fernzubleiben, wenn Mode und Sprache gängige Stilmittel enthalten und kein Image der Vorgestrigen verkörpern.

IslamiQ: Wahlerfolge der islamfeindlichen AfD in Deutschland, der FPÖ in Österreich zeigen einen beängstigenden Trend. Ist der islamkritische Populismus in Europa ein Garant für politische Erfolge?

Hafez: Ich würde dem etwas provokativ die islamophoben Handlungen von regierenden Parteien entgegenstellen. Kopftuchverbote gab es in Deutschland ohne AfD. Ein Islamgesetz gibt es in Österreich auch ohne die FPÖ. Ja, einerseits sind diese islamohpoben Populismen ein gewisser Garant für politische Erfolge. Und: Nein, mich beunruhigen weniger die dezidiert islamfeindlichen Positionen der Parteien, die der Neuen Rechten zuzurechnen sind. Mich beängstigen eher die aus der Mitte kommenden islamophoben Handlungen, über die es scheinbar eine sachliche Debatte gibt, an der verschiedene Milieus in der Gesellschaft teilhaben, ohne mit dem Verruf in Verbindung gebracht zu werden, hier rassistisch zu handeln.

IslamiQ: Sie sind Mitherausgeber des ersten europaweiten Berichts über Islamophobie, der 2016 erschien. Warum erst jetzt?

Hafez: Das Leben ist eine Sammlung ungeplanter Synergien. Die Idee eines Berichts wurde über einem türkischen Kaffee, den ich mit einem alten Freund getrunken habe, geboren. Eigentlich hätte es das seit dem 11. September 2001 geben sollen.

„Mich beängstigen eher die aus der Mitte kommenden islamophoben Handlungen, über die es scheinbar eine sachliche Debatte gibt, an der verschiedene Milieus in der Gesellschaft teilhaben, ohne mit dem Verruf in Verbindung gebracht zu werden, hier rassistisch zu handeln.“

IslamiQ: Sprachwissenschaftler wie Dr. Elisabeth Wehling lehnen den Begriff „Islamophobie“ ab, da Phobien in anderen Kontexten oftmals nachvollziehbar sind (Klaustrophobie etc.). Was halten Sie von dieser Kritik?

Hafez: Das ist ihr gutes Recht. Aber ich denke, es wurde zu viel deutschsprachige Tinte in der Auseinandersetzung um diesen Begriff vergossen. Ich finde es amüsant, dass im Zusammenhang mit dem Begriff der Homophobie derartige Debatten nicht aufgetaucht sind. Und das sagt einiges aus. Dennoch: Am Ende kommt es in den Sozialwissenschaften nicht darauf an welches Wort man verwendet, sondern wie man einen Begriff definiert, also was wir darunter verstehen, damit meinen. Der Begriff Antisemitismus ist rein sprachlich betrachtet auch Unfug. Aber wir haben uns darüber verständigt, was wir grob betrachtet darunter verstehen. Ebenso halte ich es mit dem nun bereits 20 Jahre alten Begriff der Islamophobie. Sie ist für mich ident mit dem Begriff des antimuslimischen Rassismus. Ich verstehe darunter eine Ausgrenzung des tatsächlich oder vermeintlich Muslimischen, das essentialisiert und herabgewürdigt wird, um bestehende Machtpositionen zu stabilisieren und zu erweitern.

IslamiQ: Mit einem „Aufruf zu einer Leit- und Rahmenkultur“ wollen die CSU und die sächsische CDU das konservative Profil der Union schärfen. Wie ist dieser „patriotische“ Aufruf der u. a. auf das „abendländische Wertefundament“ pocht, aktuell zu bewerten?

Hafez: Im Detail erlaube ich mir keine Bewertung, weil ich den Begriff nicht kenne. Aber meist verwenden politische Akteure derartig schwammige Begriffe als politische Kampfbegriffe, mithilfe derer Einschließungs- und v. a. Ausschlussmechanismen befeuert werden sollen. Das ist der Fall für die angeblich „christlich-jüdische Tradition“ des Abendlandes, ein Hohn gegenüber den Jahrhunderte dauernden Pogromen gegen Jüdinnen und Juden und im Wesentlichen eine Fiktion, die darauf abzielt, das Muslimische und andere Einflüsse im Werden des Westens als Wesensfremd auszuschließen. Der Versuch von Mitte-Rechts-Parteien, die nunmehrige erfolgreiche rechtspopulistische Herausforderung, die AfD, rechts zu überholen, würde lediglich den Effekt haben, dass es zu einem immer gehässigeren und gewalttätigeren Klima kommen würde.

Das Interview führte Esra Lale.

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel -- "Die Religionsfreiheit ist geschützt, bezieht sich aber auf Freiheiten im Privatloeben..." (Ute Fabel). Das ist schlicht falsch, dass sich Religionsfreiheit nur auf das Privatleben bezieht. Man darf seinen Glauben auch öffentlich bekunden! Das sagen unsere Verfassung und unsere Gesetze. Und auch am Arbeitsplatz darf man seinem Glauben Ausdruck verleihen, wie ich unter 2 anderen Artikeln deutlich gemacht habe ("Nachteile bei der Jobsuche durch das Kopftuch" und "Zahnarztpraxis lehnt Kopftuchträgerin ab"). Das ist durch die Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) und durch die Religionsfreiheit (Art. 4 GG)
03.11.16
14:47
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Das Wörtchen "geschützt " ging im letzten P unter. Dass man seiner Religion auch öffentlich Ausdruck verleihen darf, ist u.a. durch Art. 4 GG(Religionsfreiheit) und Art. 5 GG (Meinungsfreiheit) geschützt. Diese Rechte beziehen sich also keineswegs nur auf das Private. Das Ganze hat natürlich Grenzen. Seine Religion am Arbeitsplatz "ausleben" ist eine verwaschene Formulierung. Und um das Ausleben des Glaubens am Arbeitsplatz geht es auch gar nicht. Es geht darum, dass man sich auch öffentlich und auch am Arbeitsplatz zu seiner Religion bekennen darf. Das ist durch die Verfassung geschützt. Lebt eine Muslimin ihren Glauben am Arbeitsplatz aus, indem sie aus ihrem Büro Klein-Mekka macht mit Islam-Postern, Miniatur-Moscheen und versucht vielleicht dazu auch noch für ihre Religion zu werben, so fällt das unter Störung des Betriebsfriedens. Drückt Sie ihre Religiosität aber einfach nur durch ein Symbol aus-- beispielsweise durch ein Kopftuch oder einen Sticker: "Islam? Find ich super!" -- so ist das völlig okay und von der Verfassung gedeckt.
03.11.16
14:55
Kritika sagt:
L.S. auch an Ute Fabel. Zu Ihre Äusserung, verehrter Johannes Disch, : "Kritika, das ist Rassismus in Reinkultur." Sie deuten Kritik wegen penetrantes Werben für eine Religion (Kopftuch tragen), die viele als streitlustig oder sogar Bedrohung empfinden als Rassismus. Wenn ein schwarzer Fussballspieler das Feld betritt und einige Zuschauer brüllen Urwaldgeräusche: das ist Rassismus. Wenn ein Politiker Chinas Einwohner "Schlitzaugen" nennt, auch das ist Rassismus. Mohammedaner sind ebenso wenig eine Rasse wie zB Obdachlose, denn in beiden Gruppen sind viele ethnisch verschiedene Personen vertreten. Es ist Kritika unverständlich, wieso eine kritische Einstellung zum Islam "Rassismus" sein soll. Auch wäre die "Religionsfreiheit" keinesfalls in Gefahr, wenn KopftuchFrauen eben nicht ihre Religion demonstrativ wie eine Fahne vor sich her tragen würden. Wer an Allah glauben will und es für plausibel hält, dass es den überhaupt gibt, soll daran glauben. Es gibt Leute, die glauben an Astrologie, andere an Homöopathie, Wiedergeburt, Erdstrahlen usw. Warum also nicht auch an Allah? Nein, all diese Gläubigen können was Kritika betrefft ruhig weiter träumen und glauben -- sie sollten aber andere mit ihrem Glauben nicht nerven. Kritika kennt mehrere Sprachen, aber in keine andere als die Deutsche sind Begriffe Rücksicht, Rücksichtnahme so gegenwärtig. "Rücksicht" ist es was Kritika den Kopftuchfrauen ans Herz legen möchte. Das Bestehen auf - mehr oder weniger zurecht gebogene - Gesetzte macht Moslems nicht sympathischer; Rücksicht dagegen sehr wohl. Kritika kennt sympatische MuslimFrauen, die aus Rücksicht zu den Gefühlen ihrer Deutschen Gastgeber kein Kopftuch tragen und - problemlos Arbeit fanden. Pragmatismus und Rücksicht würde die Deutsche Gemeinschaft, die grosse Anstrengungen und Ausgaben für MoslimFlüchtlinge leistet -, als eine Geste des Entgegenkommens und der Dankbarkeit verstehen. Als Dankbarkeit, der Grausamkeit ihrer muslimischen Glaubensgenossen gegen eine sichere Unterkunft in Deutschland tauschen zu können, hier in Frieden zu wohnen; nota bene in ein Land, in dem es von Ungläubigen nur so wimmelt. Zum Schluss möchte Kritika Ute Fabel danken für ihr Einfühlungsvermögen und Ihre treffende Kommentare um den Problematischen Umgang mit solche Muslims, die den Begriff Rücksicht noch nicht anzuwenden wissen. Schliesslich möchte Kritika daran erinnern, dass die Welt ohne Islam eine weitaus friedlichere wäre. Gruss Kritika
10.11.16
1:00
1 3 4 5