Islamfeindlichkeit

Zwei Jahre Hass und Hetze – Pegida in Dresden

Im Oktober 2014 sind es ein paar Hundert, die in Dresden gegen die angebliche Islamisierung des Abendlandes mit fremdenfeindlichen Parolen auf die Straße gehen. Schnell werden es Tausende. Die Hochzeiten sind längst vorbei – aber Pegida ist immer noch da.

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Demonstranten bei Kundgebungen unter deutschem Fahnenmeer © by Bündnis 90/Die Grünen Nordrhein-Westfalen auf Flickr (CC BY-SA 2.0), bearbeitet islamiQ

Oft schon totgesagt, laufen sie noch immer montags durch Dresden. Die Anhänger des fremdenfeindlichen Pegida-Bündnisses sind zwar nicht mehr so zahlreich wie zu Hochzeiten Anfang 2015, als bis zu 25 000 Menschen zu den „Spaziergängen“ kamen. Aber zwei Jahre nach der Gründung sind sie beständiger als viele gedacht haben. „Dresden zeigt, wie’s geht“ ist von Anfang an eine beliebte Parole. Aber in der Republik macht es kaum mehr einer nach.

Regelmäßiger Protest vermeintlich „besorgter Bürger“ ist andernorts eingeschlafen oder auf Häufchen zusammengeschmolzen, auch in Sachsen. Nur in der Landeshauptstadt versammelten sich im vergangenen halben Jahr noch Woche für Woche zwischen 2000 und 3000 selbst ernannte „Patrioten“. Und die Halbe-Million-Stadt leidet, nicht nur am Image.

Längst geht es bei Pegida nicht allein mehr um die Angst vor der viel beschworenen „Islamisierung des Abendlandes“ – vor „Bootstouristen“, „Kulturbereicherer“ und „Ficki-Ficki-Scheinasylanten“, wie Flüchtlinge bei den Kundgebungen gern verunglimpft werden.

Die Teilnehmer rufen „Wir sind das Volk“ wie einst die friedlichen Demonstranten, und sie glauben sich auch in dieser Tradition. Nur dass es jetzt nicht gegen das SED-Regime geht. Sie wollen „Widerstand“  leisten gegen die „Volksverräter“ der „Merkel-Diktatur“, die mit einer „Umvolkung“ die Nation „vernichten“, sich dabei der bezahlten „Lügenpresse“ bedienen und zu Handlangern der verhassten USA und der „Weltfinanz“ machen.

Sie fordern „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“. Und sie haben kein Problem damit, dass ihr Anführer Lutz Bachmann, ein vielfach vorbestrafter Kleinkrimineller, letzteres längst getan hat. Seit Monaten lebt er auf der Ferieninsel Teneriffa, weil er dort seine „Brötchen verdienen“ muss, wie er sagt. Zu Kundgebungen kommt er immer seltener, fliegt nur noch aus der Sonne ein, um gebräunt seine Form des Patriotismus zu predigen und gegen Flüchtlinge zu hetzen, die nicht zu Hause für ihr Land kämpfen.

„Fragt nicht, was es für ein Stress ist, Woche für Woche zehn Stunden im Flugzeug zu sitzen, um hier zu sein und wieder auf Arbeit zu kommen“, klagt der derart geplagte 43-Jährige. Doch all die Mühen lohnten sich: „Wir haben mit Pegidadie größte Bürgerbewegung Europas erschaffen“, sagt er. Viele „Pegidisten“ glauben ihm das.

Zwei Spaltungen hat Bachmann bei Pegida schon überlebt: Die erste im Januar 2015, als nach Bekanntwerden seiner Hass-Postings bei Facebook und eines Hitler-Selfies Kathrin Oertel, Pegida-Frau der ersten Stunde, und mit ihr das halbe Organisationsteam von Bord gehen. Wegen der Postings ist er in erster Instanz wegen Volksverhetzung verurteilt. Im November geht der Prozess in eine neue Runde.

Zuletzt dann der Bruch mit Tatjana Festerling. Mit der Dresdner Pegida-Oberbürgermeisterkandidatin bei der Wahl 2015 – die jetzt für eine „Festung Europa“ kämpft – liefert er sich im Netz noch immer Schlammschlachten über Machtgier und Veruntreuung von Spendengeldern.

„Leute kommen, werden durch Pegida groß gemacht und schnappen auf einmal über und denken, alles besser zu wissen und zu können, und sie spalten sich ab“, sagt Bachmann Ende September bei einer Kundgebung, auf der er sich per Akklamation als Chef bestätigen lässt. „Aber wir sind noch da, sind erfolgreich und machen den Obrigkeiten Angst.“

Entgegen solch großer Worte hat das mediale Interesse an Pegida stark nachgelassen. Es braucht schon Krawalle wie am Tag der Deutschen Einheit, um es mit übelsten Beschimpfungen der Repräsentanten des Staates und Störungen wieder einmal in die Schlagzeilen zu schaffen.

Auch Ankündigungen Bachmanns, Pegida als Partei zu gründen und bundesweit anzutreten, ist nichts gefolgt. Er sucht die Nähe zur AfD, wenn auch nicht in Sachsen. Aus seiner Feindschaft zu Parteichefin Frauke Petry macht er keinen Hehl und setzt auf andere, „befreundete“ Landesverbände. „Seit wir mit einigen AfD-Landesverbänden gute Kontakte pflegen, wird die Angst immer größer in Berlin.“

Die Angst ist es, von der Pegida lebt. Nicht die in Berlin. Die der Anhänger. Sie glauben daran, dass Ausländer vor allem Straftäter sind, Frauen vergewaltigen und „uns“ alles wegnehmen – allen voran die Muslime. Woche für Woche wird ihnen das eingebläut.

Zum „Geburtstag“ hat sich Pegida Freunde eingeladen. Neben dem Chefredakteur des neurechten „Compact“-Magazins, Jürgen Elsässer, dem rechten Vordenker Götz Kubitschek, dem Islam-Hasser und Chef der Kleinpartei „Die Freiheit“, Michael Stürzenberger, unter anderem auch den Gründer und ehemaligen Chef der rechtsextremen „English Defence League“, Tommy Robinson. Alles alte Pegida-Bekannte.

Zum Zweijährigen soll es auch breiten Gegenprotest geben. Gruppen wie „Nope“ und „Kaltland-Reisen“ wollen für Freiheit und Demokratie gegen „Totalitarismus, Hass und jegliche gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ auf die Straße gehen. Die Polizei ist im Großeinsatz. Vor einem Jahr war es zu gewaltsamen Zusammenstößen von Pegida-Anhängern und Gegendemonstranten gekommen.

Neben einer Kundgebung des Bündnisses „Herz statt Hetze“ will Dresden am Montag mit einem Bürgerfest Gesicht wahren. Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) will damit zeigen, „dass Dresden eine bunte und weltoffene Stadt ist“. Ein regelmäßiger breiter und von der Stadt mitgetragener Protest ist aber längst eingeschlafen.

Ursprünglich sollten beide Veranstaltungen eine direkte Alternative zu Pegida bieten. Da die „Patrioten“ aber wegen einer schon länger angemeldeten Gegendemo den symbolträchtigen Theaterplatz an „ihrem Montag“ nicht bekamen, wurde die Jubiläumskundgebung kurzerhand vorverlegt. Nun dürfen sie wieder vor der Semperoper stehen. (dpa, iQ)

Leserkommentare

chris sagt:
Haha gebracht hat es ihnen nichts oder? Sie haben immer noch eine hohe Arbeitslosigkeit dort im Osten und immer noch eine sehr geringe Menge an Migranten
18.10.16
12:55