Islamfeindlichkeit

Zahnarztpraxis lehnt Kopftuchträgerin ab

Eine Stuttgarter Zahnarztpraxis lehnt die Bewerbung einer Kopftuchtragenden Muslima auf diskriminierender Weise ab und löst somit einen Shitstorm im Netz aus.

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10
2016
Frau mit Kopftuch
Frauen mit Kopftuch sind häufiger Opfer von Diskriminierung © by Andreas Kollmorgen auf Flickr (CC BY 2.0), bearbeitet islamiQ

Eine Zahnarztpraxis in Stuttgart lehnt eine Bewerberin für eine Ausbildungsstelle, nur wegen ihres Kopftuchs, ab. Die Antwort der Zahnarztpraxis auf die Bewerbung der Kopfttuchtragenden Muslima löst in den sozialen Netzwerken einen Shitstorm aus. Viele User verurteilen dieses Geschehen.

Die Muslima wollte sich um eine Stelle in der Zahnarztpraxis bewerben, doch statt einer positiven Rückmeldung bzw. einer normalen Absage, antwortete die Praxis in einem arroganten und diskriminierenden Ton. Die Praxis teilte in ihrer Antwort auf die Bewerbung mit, dass sie keine Kopftuchträgerinnen einstellen möchten und sie nicht verstehen können, wie „sich Bewerber diese Toleranz vorstellen können“.

Nach dem Vorfall ist die Zahnarztpraxis nicht zu erreichen. Eine Stellungnahme folgte auch nicht.

Laut dem Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das umgangssprachlich auch als Antidiskriminierungsgesetz bezeichnet, stehen Bewerberinnen, die eine Ausbildungsstelle wegen des Tragens eines Kopftuches nicht bekommen, eine Entschädigung wegen Diskriminierung zu.

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Sie liegen falsch. Unsere Gesetze-- auch das AGG-- und unsere Rechtsprechung ist hier eindeutig: Eine Bewerberin darf wegen eines Kopftuchs nicht abgelehnt werden. Das ist Diskriminierung und ein unzulässiger Eingriff in das Grundrecht der Religionsfreiheit. Mittlerweile mussten schon einige Personalchefs diese Erfahrung machen. Eine Personalvermittlerin wurde zu einer hohen Geldstrafe verurteilt, weil sie eine Bewerberin wegen eines Kopftuchs ablehnte. Ein Zahnarzt wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er einer Mitarbeiterin mit Kopftuch kündigte. Das sind nur 2 Fälle von vielen. Und auch der Zahnarzt in diesem Fall wird vor dem Kadi landen und zahlen müssen.
14.11.16
21:37
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Selbiges gilt übrigens auch für Österreich. Siehe den Artikel: "Diskriminierung. 1550 Euro Schadenersatz für eine Kopftuchträgerin." Das entschied das österreichische Arbeitsgericht. Den Artikel finden sie hier bei "islamiq."
14.11.16
21:40
Ute Fabel sagt:
@Johannes Disch: Ich würde der besagten Kopftuchträgerin empfehlen selbst Zahnmedizin zu studieren. Danach kann sie eine Ordination eröffnen und im Sinne der Erwerbsfreiheit ein Kopftuch oder auch einen Nikab in ihrer eigenen Ordination tragen. Niemand ist jedoch berechnet, im Betrieb eines Dritten dem Inhaber und den anderen dort Beschäftigten die eigene Religion oder nicht religiöse Weltanschauung in Form eines Faustrechts optisch auffällig aufzdrängen.Das ist nicht der Gesetzeszweck des AGG. Nach dem AGG besteht eine Rechtspflicht für Arbeitgeber zur Gleichbehandlung und das ist gut so. Dieser Rechtspflicht wir jedoch auch Genüge getan, wenn die Betriebsphilosophie "Gleich wenig an sichtbarer Religionund Weltanschauung für alle" lautet. Es gibt in Österreich keine arbeitsgerichtliche Entscheidung (nicht einmal erster Instanz), mit welcher einer Kopftuchträgerin Schadenersatz zugesprochen wurden. Es gibt allerdings mehrere Fälle, wo Firmen um des lieben Friedens willen zur Verfahrensvermeidung freiwillig Zahlungen getätigt haben. Ich halte das für einen Fehler. Das Antidiskriminierungsrecht mir von Kopftuchträgerinnen und den häufig dahinterstehenden politischen Gruppierungen zusehends missbraucht und für rein ideologische Zwecke instrumentasiert. Da ist entschlossener Widerstand geboten. Wehret den Anfängen! Es soll in Wahrheit nicht ein Anspruch auf Gleichbehandlung sondern auf Sonderbehandlung durchgesetzt werden, wofür jeoch keinerlei Rechtsgrundlage besteht. Dem Mitdiskutanten Johannes Disch geht es offenbar auch um die Schaffung eines Kopftuchprivillegs am Arbeitsplatz und nicht um gleiche Rechte und Pflichten für alle Beschäftigten unabhängig von ihrer Religion oder Weltanschaung.
15.11.16
8:54
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel -- "Niemand ist berechtigt, im Betrieb einem Dritten seine Religion optisch aufzudrängen." (Ute Fabel) Das ist und bleibt falsch. Sie sind so borniert, dass sie unsere Gesetze und die Urteile dazu nicht akzeptieren, sondern blind ihre antireligiöse Ideologie verfolgen. Das Tragen des Kopftuchs hat nichts mit "aufdrängen" zu tun, sondern mit dem Grundrecht auf Religionsfreiheit.
15.11.16
12:01
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel -- Zu Österreich: Schauen Sie sich den Artikel hier an: "Diskriminierung: 1550 Euro Schadensersatz für Kopftuchträgerin." (15.02.2016). Und das Gleichbehandlungsbehandlungsgesetz in Österreich spricht eine deutliche Sprache. Niemand darf wegen seiner Religion benachteiligt werden, auch und grade nicht am Arbeitsplatz. Der Artikel macht das deutlich. Ein Arbeitgeber kann nicht einfach Grundrechte aushebeln. Er kann ein Kopftuch nicht einfach verbieten. Er kann auch nicht sagen, mit gleich wenig religiösen oder politischen Symbolen ist der Gleichheit Genüge getan. Der Arbeitgeber steht nicht über den Grundrechten. Es geht nicht um ein "Kopftuchprivileg." Es geht um Grundrechte. Eine Muslimin, die ihr Kopftuch trägt, fordert kein Privileg, sondern nimmt einfach ihr selbstverständliches Grundrecht wahr. Und diese Grundrechte wollen Sie, Frau Fabel, aushebeln. Das ist im höchsten Maße antidemokratisch und verfassungsfeindlich. Frau Fabel, Sie betreiben keine "konstruktive Religionskritik." Sie sind auf einem atheistischen Kreuzzug gegen Grundrechte.
15.11.16
12:50
Ute Fabel sagt:
@ Johannes Disch: Ich besitze eine Anstecknadel mit zirka 10 Zentimeter Durchmesser, auf der ein purpurrotes A abgebildet ist (nimmt auf den Roman "The Scarlett Letter" von Nathaniel Hawthorne Bezug), welches von der Aufschrift "Atheist" umrahmt ist. Ich trage dieses für mich identitätsstiftende Schmuckstück leidenschaftlich gerne, aber nur privat und nicht am Arbeitsplatz in der Kundenberatung. Ich halte es unprofessionell und aufdringlich im Berufsleben andere mit religiösen, politischen oder atheistischen Bekenntnissen zu konfrontieren. Ich führe keine Kreuzzüge gegen niemanden, erwarte mir aber von meinen religiösen Mitbürgern das gleiche professionelle Verhalten, das ich auch selbst an den Tag lege. Ich habe in meinen Betrieb ein gutes Dutzend muslimische Kollegen und Kolleginnen, für die es eine Selbstverständlichkeit ist ihre Religion nicht allen anderen ständig durch eine auffälliges Kleidungsstück unter die Nase zu binden.
15.11.16
20:21
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Was Sie für sich als "professionelles Verhalten" bezeichnen können Sie nicht zum Maßstab für andere machen. Es ist zulässig, sich auch am Arbeitsplatz zu seiner Religion zu bekennen.. Ein pauschales Kopftuchverbot ist unzulässig. Es ist diskriminierend und verstößt gegen das Grundrecht auf Religionsfreiheit nach Art. 4 GG. So ist nun mal die Rechtslage. Das haben wir hier nun wohl schon hinreichend durchgekaut. Entscheidend sind nicht ihre Empfindungen und ihre Erwartungshaltungen, sondern unsere Rechtslage.
21.11.16
1:19
Ute Fabel sagt:
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vertritt in seiner Rechtsprechung zur freien Religionsausübung nach Art 9 EMRK kein Absolutheitsprinzip: Seit 2. 9. 2004 ist es in Frankreich auch Schülern im öffentlichen Unterricht gesetzlich untersagt, auffallende religiöse Symbole zur Schau zu stellen, nachdem dies für Lehrer bereits seit 1905 verboten war. Der EGMR hat in den Urteilen Dogru und Kervanci gegen Frankreich (EGMR-Beschwerden Nr 27058/05 und 31645/04, beide vom 4. 12. 2008) Folgendes erkannt: Die Beschwerdeführerinnen sind Musliminnen. Nachdem sie wiederholt erfolglos aufgefordert worden waren, im Turnunterricht ihr Kopftuch abzunehmen, wurden sie aus der Schule ausgeschlossen, weil sie am Turnunterricht nicht aktiv teilgenommen und damit ihre schulischen Verpflichtungen verletzt hätten. In ihren Beschwerden an den EGMR rügten sie die Verletzung von Art 9 EMRK (Religionsfreiheit) und Art 2 des Ersten Zusatzprotokolls zur EMRK (Recht auf Bildung). Für den Gerichtshof ist offensichtlich, dass ein Eingriff in die Religionsfreiheit vorliegt, dieser gesetzlich vorgesehen ist und mit dem Schutz der öffentlichen Ordnung sowie der Rechte und Freiheiten anderer legitime Anliegen verfolgt. In einer demokratischen Gesellschaft könne es sich für das Zusammenleben als notwendig erweisen, die Religionsfreiheit einzelner Gruppierungen einzuschränken, um die Interessen der verschiedenen Glaubensrichtungen auszugleichen. Die innerstaatlichen Entscheidungsträger würden gerade in derart kontroversen Bereichen über einen erheblichen Entscheidungsspielraum verfügen. Der Eingriff in die Religionsfreiheit sei nicht nur aus Gründen der Sicherheit und der Gesundheit erfolgt. Er treffe alle Schülerinnen und Schüler unterschiedslos und bezwecke generell, die Laizität der staatlichen Schulen aufrechtzuerhalten. Letztere sei in Frankreich genauso wie in der Türkei oder der Schweiz ein zentraler, von breitem Konsens getragener Verfassungswert, dessen Verteidigung vorrangig sei. Es liege keine Verletzung von Art 9 EMRK vor (einstimmig). Eine gesonderte Prüfung der behaupteten Verletzung von Art 2 des Ersten Zusatzprotokolls zur EMRK erfolgte nicht. Analog hat der EGMR in dem Urteil Sahin gegen die Türkei (EGMR-Beschwerde Nr 44774/98 vom 10. 11. 2005) entschieden. Die Abweisung einer kopftuchtragenden Medizinstudentin von der Universität Istanbul sei EMRK-konform. Privaten Unternehmen, wie einer Zahnarztpraxis muss der selbe Entscheidungsspielraum eingeräumt werden, wenn es um die Entscheidung der Frage "Gleich viel" oder "Gleich wenig" an sichtbarer Religion und Weltanschauung geht. Unternehmen, die die Laizität ihren Betriebsstätten ebenso entschlossen wie der französische Staat in seinen Einrichtung verteidigen, verhalten sich vorbildlich und diskriminierungsfrei.
22.11.16
10:17
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Es gibt beim Europäischen Gerichtshof verschiedene Einschätzungen dieser Dinge. Auch das habe ich schon wiederholt dargelegt. Ein französisches Softwareunternehmen, das die Softwareingenieurin Asma Bougnaoui wegen eines Kopftuchs entließ, musste der Frau Entschädigung zahlen. Die Entlassung war Diskriminierung und verstieß gegen die Religionsfreiheit, so das Gutachten des EuGH in diesem Fall. Die Generalanwältin Julianne Kokott ist einem anderen Gutachten-- das aber nicht auf den Fall Bougnaoui angewendet wurde-- der Meinung, ein Kopftuchverbot in Unternehmen könnte unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein. Eine endgültige Entscheidung, welche Ansicht sich beim EuGH nun durchsetzen wird steht noch immer aus. Bis dahin gilt weiterhin deutsches Recht. Und da ist die Rechtslage eindeutig: Ein pauschales Kopftuchverbot am Arbeitsplatz ist nach deutschem Recht nicht zulässig!
22.11.16
14:27
Ute Fabel sagt:
EU-Generalanwältin Juliane Kokott hat Folgendes erkannt: Wenn ein Arbeitgeber eine religiöse und weltanschauliche Neutralität durchsetzen wolle, könne eine Betriebsregelung gerechtfertigt sein, die sichtbare politische, philosophische und religiöse Zeichen am Arbeitsplatz untersage. Unternehmen sollten wirklich mehr Mut haben, sich klar zur religiösen und weltanschaulichen Neutralität zu bekennen und ihrer Mitarbeitern ein entsprechendes Erscheinungsbild aufzutragen. Es tut allen Menschen gut, ihre Religion und Weltanschauung am Arbeitsplatz einmal im wahrsten Sinne des Wortes abzustreifen und nicht immer vor sich herzutragen. Unternehmen müssen nicht vor Begehrlichkeiten von einzelnen unverbesserlich dogmatischen Anhängern einzelner Religionsgemeinschaften in die Knie gehen, um die Auflagen des Antidiskriminerungsrechts zu erfüllen. Die Verteidigung säkulärer und der Neutralität verpflichteter Ideale im Berufsleben ist etwas Ehrenhafter, wozu man sich mit Stolz bekennen kann. Der Fall von Frau Bougnaoui ist etwas anders gelagert, da das Unternehmen offenbar auf religiöse und weltanschauliche Neutralität keinen Wert legte (was auch legitim ist), in der Folge aber auf Zuruf von Kunden einen Zick-Zack-Kurs fuhr. So gesehen stehen diese beiden Erkenntnisse nicht im Widerspruch
22.11.16
19:30
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