Gestern traf sich die Deutsche Islam Konferenz zu einer Fachtagung zum Thema „Islamische Seelsorge“. Dabei wurde der wachsende Bedarf an hauptberufliche muslimische Seelsorger in deutschen Gefängnissen, Krankenhäusern und bei der Bundeswehr betont.
Die Deutsche Islam Konferenz traf sich gestern zu einer Fachtagung zum Thema „Islamische Seelsorge“ in Krankenhäusern, Gefängnissen und bei der Bundeswehr. Die Bundesregierung und die islamischen Religionsgemeinschaften sehen einen wachsenden Bedarf an islamischer Seelsorge. Das Problem ist nur: Bislang gibt es bundesweit noch nicht genug Theologen mit anerkannten Abschlüssen, die diese Aufgaben übernehmen könnten.
Der Koordinationsrat der Muslime hält über ehrenamtliche Angebote hinaus hauptamtliche muslimische Seelsorger in staatlichen Einrichtungen für dringend geboten. Seelsorge im institutionellen Kontext – beim Militär, im Gefängnis oder im Krankenhaus – sei für Muslime ein neues Phänomen, zugleich sei Hilfe für Notleidende und Bedürftige im Islam fest verankert, sagte der Sprecher des Koordinationsrats, Erol Pürlü, am Montag in Berlin bei einer Fachtagung der Deutschen Islamkonferenz (DIK).
Pürlü bekräftigte, dass muslimische Seelsorger theologisch und praktisch ausgebildet werden müssten. Dafür brauche es ausreichend finanzielle Mittel. Pürlü mahnte an, dass bei der Umsetzung der bisherigen Ergebnisse der Islam Konferenz «noch viel Nachholbedarf» bestehe. Dabei sei eine strukturelle und gleichberechtigte Teilnahme der muslimischen Einrichtungen nötig, damit die Muslime ihrer Verantwortung nachkommen könnten.
Der Vorsitzende des Islamrats, Burhan Kesici begrüßt die Diskussion über die islamische Seelsorge in den verschiedenen Bereich. Es müssen klare Strukturen geschaffen und Fragen bezüglich der Organisation beantwortet werden. „Wir legen Wert darauf, dass die islamische Seelsorge gut organisiert wird und von Personen durchgeführt wird, die auch dafür qualifiziert sind“, erklärte Kesici.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings (CDU), sagte, dass das Thema „islamische Seelsorge“ kein „Wohlfühlthema‘ sei, sondern große Herausforderungen mit sich bringe. Zu klären gelte es etwa, wie mit der Gefahr möglicher islamischer Radikalisierung von Häftlingen umgegangen werde. Aus staatlicher Sicht sei vor allem die Frage der Kooperationspartner und des zentralen Ansprechpartners für eine muslimische Seelsorge entscheidend, betonte Krings.
Nach Einschätzung mehrerer Experten gibt es auch bei der Finanzierung und Entwicklung von Standards viel zu tun. Während die Militärseelsorge über den Bund läuft, sind bei Gefängnissen und Krankenhäusern die Länder und Kommunen, beziehungsweise bei Kliniken meist die Träger für die Seelsorge zuständig.
Der Wissenschaftler Abdelmalek Hibaoui vom Zentrum für Islamische Theologie in Tübingen erklärte, dass die islamische Seelsorge noch in den Kinderschuhen stecke. Zugleich sei die gesellschaftliche Erwartung sehr groß.
Für den Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, können die christlichen Glaubensgemeinschaften dabei helfend zur Seite stehen. „Wir sind angewiesen auf die Kirchen, auch in Bezug auf Beratung und Gestaltung, und sind auch offen dafür‘.
Der Vertreter der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib), Zekeriya Altuğ, erinnerte daran, dass Seelsorge meist in Extrembereichen angesiedelt sei. Umso wichtiger seien Mindeststandards. Was jedoch als Seelsorge verstanden werde, müssten die Religionsgemeinschaften selbst definieren, ebenso wer die Aufgabe übernehme. Altuğ warnte davor, leichtfertig eine „neue Geistlichkeit‘ neben dem Imam zu schaffen.
Offen ist nach Ansicht der Experten auch ob das seelsorgerische Schweigegebot etwa in Gefängnissen auch für muslimische Vertreter gilt. (KNA, dpa, iQ)