Schweiz

Frau mit Kopftuch attackiert

In einer Straßenbahn in Basel wurde eine muslimische Frau aufgrund ihres Kopftuches beschimpft und geschlagen. Die anderen Fahrgäste schauten tatenlos zu.

14
11
2016
Symbolbild: Kopftuch, Muslimin© (Never Edit/CC 2.0/ flickr)
Symbolbild: Kopftuch, Muslimin© (Never Edit/CC 2.0/ flickr)

Eine muslimische Frau wurde in einer Straßenbahn in Basel von einer Gruppe von Jugendlichen islamfeindlich beschimpft und anschließend geschlagen, wie das schweizerische Onlinemagazin „20Minuten“ berichtete. Die 34-jährige Muslimin mit türkischen Wurzeln, die im Alltag sonst kein Kopftuch trägt, schilderte den Vorfall bei facebook. „Ich kam soeben mit meiner Mutter aus der Moschee. Aus diesem Grund trug ich ein Kopftuch“, heißt es in ihrem facebook-Post.

In die volle Straßenbahn, in der sie sich befand, stieg eine Gruppe von betrunkenen Jugendlichen hinzu, die durch Pöbeleien auf sich aufmerksam machte. „Sie schlugen gegen die Scheiben und brüllten laut irgendwelche Parolen. Sie machten einen streitlustigen Eindruck“, schreibt sie weiter. Anschließend fingen die Jugendlichen an, die muslimische Frau zu bedrängen. Nachdem sie um Vorsicht bat, fingen die Teenager an sie zu beschimpfen und zu beleidigen. Zwei Jugendliche aus der Gruppe wurden dann sogar handgreiflich, rissen ihr das Kopftuch herunter und schlugen sie mit der flachen Hand auf den Kopf. Die restlichen Fahrgäste schauten tatenlos zu. Keiner kam dem Opfer zur Hilfe. Bei der nächsten Haltestelle stiegen die Jugendlichen eilig aus. „Es war Messe-Wochenende, das Tram war voll und trotzdem hat niemand eingegriffen. Das war eigentlich die schlimmste Erfahrung. Blossgestellt zu werden, und kein Mensch hilft dir“, heißt es in ihrem Bericht.

Drei Tage später erstattete sie Anzeige gegen die unbekannten Jugendlichen, aber leider zu spät, wie ihr die Polizei mitteilte. Hätte sie sofort die Polizei alarmiert, hätte man die Täter wahrscheinlich noch fassen können, erklärten ihr die Beamten. Auch die Videoaufnahmen der Baseler Verkehrsgesellschaft wurden nach 48 Stunden überschrieben, sodass die Chancen die Jugendlichen zu fassen, gering seien.

Der Facebook-Beitrag der Frau stößt auf viel Anklang in den sozialen Netzwerken. Ihre Aussage „Ich habe mich in der Schweiz immer wohl und willkommen gefühlt – bis auf heute. Der Grund dafür? Heute trug ich ein Kopftuch“, wurde von vielen anderen Nutzern geteilt und kommentiert. Vor allem muslimische Frauen bestätigen die Erfahrungen dieser Frau und berichten von ähnlichen Erlebnissen in der Öffentlichkeit. „Du hast mir aus der Seele geredet. Ich fühle mich hier gefangen, kann kaum noch den ÖV benutzen, gehe schon lange nicht mehr in die Stadt oder in Kinos“, kommentiert eine Frau diesen Beitrag.

Leserkommentare

David Paenson sagt:
Und warum werden die Video-Aufnahmen schon nach 48 Stunden gelöscht? Das ist vollkommen willkürlich. Zum "Schutz des Staats" kann die Polizei, wenn es sie es will, Material über Jahrzehnte sammeln und aufbewahren, wenn es um den ganz realen Schutz von Fahrgästen geht: Pustekuchen!
15.11.16
15:00
Norma sagt:
@Fatima Farag Shahin: Ich bin ganz bei Ihnen, dass man nicht immer sofort mit dem Finger auf andere Zeigen, sondern erst einmal die eigenen Aufgaben erledigen soll. Aber gerade Muslime handeln eben nicht nach diesem Prinzip. Keine Frage, dass es ungeheuerlich ist, dass eine Muslimin in einer Straßenbahn angegriffen wird. Warum sie jedoch nicht sofort Anzeige erstattet hat, ist mir ein Rätsel. Je mehr Zeit verstreicht, desto schwieriger wird es, die Täter zu fassen. Es ist aber nicht weniger ungeheuerlich, wenn in Istanbul Frauen angegriffen werden, weil sie kein Kopftuch tragen oder wenn in Ländern wie Saudi Arabien sogar eine gesetzliche Pflicht zur Totalverhüllung besteht. Muslime fühlen sich in dieser Hinsicht immer frei, den Westen für Einzelfälle anzuklagen und diese Einzelfälle übermäßig zu betonen. Hingegen scheuen sie sich, entsprechende tatsächliche Missstände in muslimischen Gesellschaften zu kritisieren.
15.11.16
15:17
Grünschnabel sagt:
@Manuel: Sie dürfen das Kopftuch ablehnen. Der Islam schreibt diese Art der Bekleidung nur Frauen vor. Ihrem Nicknamen kann ich entnehmen, dass Sie vermutlich anderen Geschlechts sind. Auch ich lehne das Kopftuch für Männer ab. Außerdem: So wie es jedem freisteht, das Kopftuch abzulehnen, steht es jedem frei, an die religiöse Verbindlichkeit des Kopftuchs zu glauben und es zu tragen - in jeder Lebenssituation. Die Ablehnung des Kopftuchs durch ideologisch verirrte Personen darf die Freiheit eines anderen nicht beschneiden.
15.11.16
16:30
Enail sagt:
@ Grünschnabel: "Es ist erschreckend, was kopftuchtragende Frauen mittlerweile in Europa ertragen müssen. Ihre Sicherheit ist nicht mehr länger gewährleistet." Dazu fällt mir Silvester in vielen deutschen und auch europäischen Städten ein. Da fallen mir die Schwimmbäder ein. Dazu fallen mir die gehäuft auftretenden Vergewaltigungen ein. Die Sicherheit der nicht Kopftuchtragenden Frauen ist nicht mehr länger gewährleistet. Und die Politik und vor allem die Medien, die das maßgeblich zu vertuschen suchen und als Einzelfälle deklarieren, wenn das vertuschen nicht funktioniert, befeuern dieses Verhalten. Es kommen wirklich dunkle Zeiten auf uns zu. Da haben Sie wirklich recht. Man soll nicht ein Verbrechen mit dem anderen entschuldigen. Aber man soll auch nicht so tun, als wären nur Muslime Angriffen ausgesetzt. Es betrifft alle Frauen,überwiegend Frauen die kein Kopftuch tragen.
15.11.16
23:11
Johannes Disch sagt:
@Grünschnabel Richtig. Und der neueste, der jetzt auf den populistischen Anti-Kopftuch-Zug aufspringt, das ist der CDUler Jens Spahn. Sein Auftritt bei "Maybrit Illner" war unsäglich!
21.11.16
1:36
Johannes Disch sagt:
@Grünschnabel -- "Der Islam schreibt diese Art der Bekleidung nur Frauen vor" (Grünschnabel) Das ist nicht richtig. Das Kopftuch ist keine Pflicht. Es lässt sich nicht zwingend aus dem Koran ableiten. Und die meisten Musliminnen tragen es auch nicht.
21.11.16
1:38
Manuel sagt:
@Johannes Disch: Gut, wieso gibt es dann haufenweise islamische Gelehrte, die es als Pflicht ansehen?
21.11.16
11:02
Johannes Disch sagt:
@Manuel Das würde eine längere Abhandlung erfordern, die ich bei Gelegenheit hier vielleicht einmal mache. Jetzt nur so viel: Es geht um den Begriff "Zinat", der übersetzt "Schmuck" bedeutet, sich aber nicht explizit auf die Haare bezieht. Ein Kopftuchgebot ist aus dem Koran nicht zwingend abzuleiten.
22.11.16
14:50
Manuel sagt:
@Johannes Disch: Ja das stimmt, aber dennoch wird es als Pflicht angesehen!
24.11.16
11:37
Johannes Disch sagt:
@Manuel Es wird von manchen islamischen Rechtsgelehrten als Pflicht angesehen, aber bei weitem nicht von allen. Und die meisten Musliminnen bei uns in Deutschland und in Europa tragen kein Kopftuch.
24.11.16
15:00
1 2 3