Schweiz

Frau mit Kopftuch attackiert

In einer Straßenbahn in Basel wurde eine muslimische Frau aufgrund ihres Kopftuches beschimpft und geschlagen. Die anderen Fahrgäste schauten tatenlos zu.

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2016
Symbolbild: Kopftuch, Muslimin© (Never Edit/CC 2.0/ flickr)
Symbolbild: Kopftuch, Muslimin© (Never Edit/CC 2.0/ flickr)

Eine muslimische Frau wurde in einer Straßenbahn in Basel von einer Gruppe von Jugendlichen islamfeindlich beschimpft und anschließend geschlagen, wie das schweizerische Onlinemagazin „20Minuten“ berichtete. Die 34-jährige Muslimin mit türkischen Wurzeln, die im Alltag sonst kein Kopftuch trägt, schilderte den Vorfall bei facebook. „Ich kam soeben mit meiner Mutter aus der Moschee. Aus diesem Grund trug ich ein Kopftuch“, heißt es in ihrem facebook-Post.

In die volle Straßenbahn, in der sie sich befand, stieg eine Gruppe von betrunkenen Jugendlichen hinzu, die durch Pöbeleien auf sich aufmerksam machte. „Sie schlugen gegen die Scheiben und brüllten laut irgendwelche Parolen. Sie machten einen streitlustigen Eindruck“, schreibt sie weiter. Anschließend fingen die Jugendlichen an, die muslimische Frau zu bedrängen. Nachdem sie um Vorsicht bat, fingen die Teenager an sie zu beschimpfen und zu beleidigen. Zwei Jugendliche aus der Gruppe wurden dann sogar handgreiflich, rissen ihr das Kopftuch herunter und schlugen sie mit der flachen Hand auf den Kopf. Die restlichen Fahrgäste schauten tatenlos zu. Keiner kam dem Opfer zur Hilfe. Bei der nächsten Haltestelle stiegen die Jugendlichen eilig aus. „Es war Messe-Wochenende, das Tram war voll und trotzdem hat niemand eingegriffen. Das war eigentlich die schlimmste Erfahrung. Blossgestellt zu werden, und kein Mensch hilft dir“, heißt es in ihrem Bericht.

Drei Tage später erstattete sie Anzeige gegen die unbekannten Jugendlichen, aber leider zu spät, wie ihr die Polizei mitteilte. Hätte sie sofort die Polizei alarmiert, hätte man die Täter wahrscheinlich noch fassen können, erklärten ihr die Beamten. Auch die Videoaufnahmen der Baseler Verkehrsgesellschaft wurden nach 48 Stunden überschrieben, sodass die Chancen die Jugendlichen zu fassen, gering seien.

Der Facebook-Beitrag der Frau stößt auf viel Anklang in den sozialen Netzwerken. Ihre Aussage „Ich habe mich in der Schweiz immer wohl und willkommen gefühlt – bis auf heute. Der Grund dafür? Heute trug ich ein Kopftuch“, wurde von vielen anderen Nutzern geteilt und kommentiert. Vor allem muslimische Frauen bestätigen die Erfahrungen dieser Frau und berichten von ähnlichen Erlebnissen in der Öffentlichkeit. „Du hast mir aus der Seele geredet. Ich fühle mich hier gefangen, kann kaum noch den ÖV benutzen, gehe schon lange nicht mehr in die Stadt oder in Kinos“, kommentiert eine Frau diesen Beitrag.

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
@Manuel -- Wie versprochen: Especially for you (Extra für Sie): --- "Kopftuch und Koran." Es gibt im Koran überhaupt nur 3 Stellen, die einer Muslimin eine BEDECKUNG (Das ist KEIN Kopftuch) EMPFEHLEN! (Eine "Empfehlung" ist ein Rat, und keine Pflicht!). In der Regel stützen sich Kopftuchbefürworter auf die Sure 24 ("Al Nur" = "Das Licht"), weshalb ich darauf etwas näher eingehe. Hier heißt es: "Der Schmuck ("Zinet"), der an Händen und Gesicht sichtbar ist, kann in der Öffentlichkeit sichtbar bleiben, denn Gesicht und Hände zu zeigen ist nach den Worten des Propheten erlaubt. Wenn die Frau ihre Geschlechtsreife erlangt hat, dann sollte von ihrem Schmuck ("Zinet") nichts zu sehen sein, außer ihrem Haupt und ihren Händen." Manuel, Sie sehen, von einem "Kopftuch" steht hier nichts! Viele Koranexegeten legen das Gebot, ihren "Schmuck" ("Zinet") zu bedecken so aus, dass es sich auf den Busen bezieht, was auch durchaus Sinn macht. Das kennen wir in der westlichen Kultur ja ebenfalls. Der renommierte türkische Soziologe und Islamwissenschaftler Yasar Nuri Öztürk interpretiert das ganze so: "Wichtig und entscheidend für muslimische Frauen, die die Geschlechtsreife erlangt haben, ist, dass sie ihre Tücher über ihre KLEIDUNGSAUSSCHNITTE ziehen." Manuel, Sie sehen, auch hier ist von einem "Kopftuch" nicht die Rede. -- Ein historischer Rückgriff: Verbindlich für alle Muslime sind ausschließlich die "5 Säulen" des Islam. (Habe ich hier schon öfters erläutert, weshalb ich es jetzt bleiben lasse. Man findet dazu auch schnell Infos im Netz). Unter diesen "5 Säulen" werden Sie kein Kopftuchgebot finden. Das ganze hat keinen religiösen, sondern einen sozialen Hintergrund. Der Frühislam in Mekka und Medina teilte Frauen in Sklavinnen und Freie. Musliminnen bedeckten damals ihr Haar, um sich von den Sklavinnen abzugrenzen und zu unterscheiden. Sklavinnen war es im Frühislam verboten, ihr Haar zu bedecken! Das zeigt: Das Kopftuch hatte ursprünglich eine soziale Funktion, und keine religiöse! Zu einer religiösen Pflicht wurde es erst im Laufe der Geschichte umgedeutet von islamischen Gelehrten (Das waren in aller Regel Männer!). Zu einer Pflicht wurde das Kopftuch also erst im Laufe der islamischen Geschichte. Aber diese Pflicht gilt nur in gewissen Ländern, die eine sehr restriktive Form des Islam vertreten, beispielsweise der saudische Wahabismus. Sehen Sie, Manuel: Man muss immer unterscheiden: Die Schrift (Koran), die vielfältig interpretierbar ist, und Religion als "soziale Tatsache" (der Soziologe Emile Durkheim). Kurz: Der spirituelle Text und die soziale Wirklichkeit. Ich hoffe, gezeigt zu haben: Das Kopftuchgebot ist postkoranisch und nicht zwingend aus dem Koran ableitbar! Das Wort "Kopftuch" kommt da nicht vor! Manuel, früher habe ich ähnlich gedacht wie Sie. Ich hab das Kopftuch per se als rückständiges und unterdrückendes Symbol gedeutet. Nun mache ich seit ca. 15 Jahren Integrationsarbeit überwiegend mit Muslimen / Musliminnen. Und ich habe erfahren: Die Gründe, es zu tragen, sind vielfältig. Für viele Musliminnen sind die Haare eben ein besonderer Bereich. Und den möchten sie eben geschützt sehen. Man mag das als konservativ betrachten. Aber ich finde, dagegen ist nichts einzuwenden. Eine konservative Moral bedeutet nicht automatisch, dass man die deutsche Rechtsordnung ablehnt. Schließlich gibt es auch genügend Christinnen, die nicht im Minirock durch die Gegend laufen. Und denen würden wir auch nicht pauschal unterstellen, sie wären verklemmt und würden den deutschen Staat ablehnen, nur weil sie keinen Minirock tragen. Manuel, die meisten Musliminnen, die ein Kopftuch tragen, tun das aus persönlichen Gründen. Weil sie ihre Haare als etwas besonders betrachten und diesen Bereich geschützt sehen wollen. Mit politischen Ansichten-- gar einer Ablehnung unserer Gesellschaft-- hat das nicht das geringste zu tun. Es ist einfach eine persönliche Entscheidung. Eine persönliche Entscheidung, die legitim ist und die unsere Rechtsordnung im Rahmen der Religionsfreiheit (Art. 4 GG) erlaubt. Wir sollten mit dem Thema "Kopftuch" also endlich etwas entspannter umgehen. So, Manuel, ich hoffe, ich habe das ganze einigermaßen anschaulich erklärt??? lg Johannes Disch
25.11.16
0:55
Manuel sagt:
@Johannes Disch: Danke für die Ausführungen! Wenn dies also keine wirklich religiöse Vorschrift ist, wieso wird dann von vielen Moslems eine Militanz an den Tag gelegt, die seines Gleichen sucht. Man ist oftmals überhaupt nicht gewillt, auch auf das Kritische gegenüber einzugehen und Verständnis zu äußern, dass bei uns in manchen Bereichen eben kein Kopftuch erwünscht. Moslems verlangen ständig, wir müssten ihre Kultur respekieren, wieso können sie dann nicht respaketieren und akzeptieren, dass wir eben nicht sehr glücklich mit den islamischen Kopftuch sind. Es gibt auch sowas wie kuturelle Normen und Gepfolgenheiten, die in keinem Gesetzbuch stehen und die man dennoch einzuhalten hat, wenn man in unserer Gesellschaft leben möchte, wieso können das Moslems nicht?
28.11.16
11:03
Johannes Disch sagt:
@Manuel Keine Ursache. Gern geschehen. Der türkische Soziologe Yasar Nuri Öztürk, den ich in meinem "Kopftuch-Posting" erwähne, hat übrigens ein lesenswertes Buch geschrieben mit dem programmatischen Titel "Der verfälschte Islam." Da macht er deutlich, dass sich viele Dinge nicht wirklich aus dem Koran ableiten lassen, sondern willkürliche Interpretationen konservativ-reaktionärer Geistlicher sind. Das betrifft nicht nur das Kopftuch, sondern auch viele andere Dinge: Dass Männer und Frauen angeblich nicht in einem Raum sein dürfen, dass sich Frauen nicht scheiden lassen dürften, dass man sich von seiner Religion angeblich nicht lossagen darf, etc. - Zum Kopftuch: Nun, es gibt in jeder Religion verschiedene Strömungen, verschiedene Auslegungen, verschiedene Gebräuche. Und es gibt unterschiedliche Moralvorstellungen. Und alle diese Dinge unterliegen dem kulturellen Wandel. Es sind doch die Wenigsten, die ein Kopftuch tragen. Und so lange sie unsere Werte und Gesetze akzeptieren und einhalten finde ich so einen Brauch wie das Tragen des Kopftuchs nicht zu beanstanden.
28.11.16
12:50
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