Wahlen

Wenn aus „Fremden“ plötzlich Wähler werden

Keine im Bundestag vertretene Partei ist bei Zuwanderern aus der Türkei so unbeliebt wie CDU und CSU. Eine Studie zur Parteipräferenz von Migranten zeigt: Nur etwa sechs Prozent der Türkeistämmigen mögen die Union. Die SPD finden fast 70 Prozent gut.

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2016
Muslimin darf wegen Kopftuch nicht wählen © Facebook, bearbeitet iQ.
Symbolbild: Bürgermeisterwahl © Facebook, bearbeitet iQ.

Rentner, Freiberufler, Arbeiter, Umweltbewegte – das sind klassische Wählergruppen, auf deren Interessen sich die deutschen Parteien eingestellt haben. Doch was ist mit den Migranten und ihren Nachfahren? Heute sind schon 5,8 Millionen von ihnen wahlberechtigt – Tendenz steigend. Allerdings sind diese Wähler gar nicht so leicht zu greifen. 

Die SPD ist, weil sie ihre Wurzeln in der Arbeiterbewegung hat, immer noch die Lieblingspartei der Menschen aus den Herkunftsstaaten der einstigen „Gastarbeiter“. Dagegen zeigt eine Studie des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration, dass sich die traditionelle Bindung der Spätaussiedler an die Union langsam auflöst. Davon profitieren vor allem kleinere Parteien wie die Linke und die AfD.

Gleichzeitig kamen im Zuge der EU-Erweiterung in den vergangenen Jahren auch viele Menschen aus Polen, Bulgarien und Rumänien nach Deutschland, die von ihrer politischen Ausrichtung her eher konservativ sind.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz (SPD), glaubt, dass Parteien Menschen mit Migrationshintergrund vor allem über eine direkte Ansprache gewinnen können. Ein aus ihrer Sicht gelungenes Beispiel ist die Einbürgerungskampagne ihres Parteikollegen Olaf Scholz. Der Hamburger Bürgermeister hatte Briefe an Tausende von Migranten verschickt, in denen er sie aufforderte, die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen.

„Nach einer Einbürgerung würden Sie nicht nur Steuern zahlen wie bisher. Sie könnten dann auch mitbestimmen, wie der Staat Ihr Geld ausgeben soll“, schrieb Scholz darin. Auch die Idee der nordrhein-westfälischen Grünen, eine Arbeitsgemeinschaft „Grüne Muslime“ zu gründen, findet Özoğuz clever. „Die grünen Muslime – ein schönes Wortspiel“, sagt sie. Grün ist die Farbe des Islam.

Die Studie, die von der Integrationsbeauftragten und der Mercator-Stiftung gefördert worden ist, gibt zwar Aufschluss darüber, welche Parteien die Zuwanderer und ihre Kinder bevorzugen. Warum sie bestimmten Parteien den Vorzug geben, wurden die rund 4000 Migranten, die an der Studie teilnahmen, aber nicht gefragt.

SVR-Direktorin Cornelia Schu sagt: „Wir gehen aus der Wahlforschung davon aus, dass für Zuwanderung zumindest in den ersten Jahren Migrationspolitik eine wichtige Rolle spielt bei der Parteineigung.“ Das klingt logisch. Denn wer noch keinen gesicherten Aufenthaltsstatus hat, vielleicht auch noch die Familie nachholen möchte, bevorzugt wahrscheinlich Parteien, deren Programm seine persönliche Lebensplanung vereinfacht. 

Schu glaubt aber, wenn diese Phase, in der sich Migranten erst einmal etablieren müssen, beendet ist, ist die Einstellung einer Partei zur Einwanderung nicht mehr der wichtigste Faktor. 

Özoğuz hat in Gesprächen mit Kindern und Enkeln von Zuwanderern auch festgestellt, dass sich deren Einstellungen zur Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Summe nicht sehr unterscheiden von der Meinung der Mehrheitsgesellschaft. Wie viele Flüchtinge, die seit 2015 nach Deutschland gekommen sind, eines Tages den deutschen Pass haben werden, und wer sich von ihnen dann an der Wahlurne an die von der CSU losgetretene Debatte über eine „Obergrenze“ erinnern kann, weiß allerdings heute noch niemand zu sagen. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Moritz sagt:
Es ist sicher eine clevere Idee, wenn Olaf Scholz versucht, MigrantInnen in die deutsche Staatsangehörigkeit locken möchte, indem er ihnen verdeutlicht, dass sie so dann auch politisch mitbestimmen können, was im Land geschieht. Allerdings wäre das Angebot sicher verlockender, wenn die Betreffenden mit dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit auf ihre bisherige Staatsangehörigkeit verzichten müssen. Ein Schritt, der nun einmal vielen sehr schwer fällt. Die SPD hätte an dieser Stelle Wort halten können, indem sie auf der Einführung der Möglichkeit der doppelten Staatsangehörigkeit im Koalitionsvertrag bestehet. Oder eben auf die Koalition verzichtet. Immerhin hat die CSU auch auf ihrer Pkw-Maut bestanden.
22.11.16
12:08
Enail sagt:
In Deutschland müssten wesentlich mehr Muslime öffentliche Funktionen bekleiden, so der SPD-Politiker. Es fehlten muslimische Richter, Staatsanwälte, Polizisten, Schulleiter. "Ich glaube, dass wir daran arbeiten müssen, Menschen Mut zu machen, sich sozusagen auch diesen Teil der deutschen Gesellschaft zu erobern." Das ist eine Aussage von Sigmar Gabriel die mir zeigt, dass auch er bei den Muslimen auf Stimmenfang zu gehen scheint. Bis heute entschied eine Qualifikation über ein zu vergebendes Amt. Nun schielt man auf die Religionszugehörigkeit, nein, nicht auf das Christentum in einem überwiegend christl. Land, beim Islam und seinen Anhängern versucht man durch solche Forderungen den Verlust der Stimmen wett zu machen. Dabei wurde dieser Tage bekannt, dass ein Islamist entdeckt wurde, der beim BND als Maulwurf enttarnt wurde. Ist schon komisch, dass dieser Maulwurf erst 2014 zum Islam konvertiert ist, aber sich so schnell radikalisierte , dass er schon einen Sprengstoffanschlag überlegte. Es ist wirklich unglaublich zu was diese Religion Menschen befähigt.
30.11.16
19:41