Österreich

Arzt lehnt Kopftuchträgerin ab

Im österreichischen Bregenz lehnt ein Arzt die Bewerbung einer Kopftuchtragenden Muslima auf diskriminierender Art und Weise ab. Der Arzt ist sich keiner Schuld bewusst.

06
12
2016
Arzt erteilte Nurgül Yücel eine Absage wegen ihres Kopftuches. © http://www.sabah.de/is-basvurusuna-skandal-cevap

Eine Praxis für Kardiologie und Innere Medizin in dem österreichischen Bregenz lehnt die Bewerbung von Birgül Yücel (32), wegen ihres Kopftuchs, ab. Die 32-jährige Birgül Yücel kam vor 13 Jahren nach Österreich und schloss im Dezember 2015 ihre Ausbildung zur Ordinationsassistentin in Österreich ab, wie es in diversen Medienberichten zu erfahren ist.

Frau Yücel wollte sich um eine Stelle beim Kardiologen und Internisten Dr. Anton Glöcklhofer bewerben. Statt einer positiven Rückmeldung bzw. einer Absage, sagte dieser ihr aufgrund ihres Kopftuches ab, wie er es ihr in seiner Antwortmail auf einer arroganten und diskriminierenden Weise erklärte.

“Ich muss Ihnen leider absagen. Sie werden doch nicht erwarten, dass ich eine Mitarbeiterin haben will, die ein fundamentalistisches religiöses Symbol weithin sichtbar trägt”, heißt es in seiner Antwortmail. Durch das islamistische Kopftuch, welches nicht zur europäischen Kultur passe werde die Bewerberin zu keinem ordentlichen Job kommen.

Zurschaustellung des Glaubens nicht erwünscht

Glöcklhofer bestätigt auf Rückfrage seine Reaktion auf die Bewerbung von Nurgül Yücel. Er entschuldige sich für die Ausdrucksweise, jedoch nicht für den Inhalt. Er wolle grundsätzlich keine Mitarbeiter einstellen, die ihren Glauben offensiv zur Schau stellen.

Frau Yücel fühlt sich aufgrund der Antwort des Arztes und ihres Glaubens diskriminiert. Sie sei sich bewusst, dass der Arzt ihre Bewerbung nicht annehmen muss, jedoch werde sie bezüglich der diskriminierenden Ausdrucksweise nun gegen Glöcklhofer juristisch vorgehen.

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
In Östereich hatten wir vor kurzem einen Fall einer Notariatsangestellten ohne Migrationshintergrund, die zum Islam konvertiert ist. Zunächst wollte sie Kopftuch tragen. Dabei hat es ihr gutmütiger Chef leider verabsäumt nein zu sagen und war damit verkauft. Als nächstes wollte sie einen Gebetsraum und Gebetspausen ,war er auch noch gewährt wurde. Schließlich erschien sie mit Niqab. Da ist dem Notar der Kragen geplatzt und wurde sie gekündigt. Sie trieb ihren ehemaligen Arbeitber danach im juristischen Sinn wahrlich vor sich her und führte ein arbeitsgerichtliches Verfahren durch drei Instanzen bis zum Obersten Gerichtshof. Jetzt ist der Fall beim EuGH anhängig. Ich bin schon gespannt, wann sich ein Moslem durch das Tragen eines Salafistenbarts bei einem Notar, Arzt oder Rechtsanwalt diskriminiert und in seiner Religionsfreiheit verletzt fühlt. Das wäre dann das nächste Musterverfahren zum Thema "antiislamischer Rassimus". Ich kann daher nur allen Arbeitgebern raten, sich von einem optischen Neutralitätsprinzip nicht abbringen zu lassen. Das ist der beste Schutz für Firmen vor einem solchen ideologischen Missbrauch des Antidiskriminierungrechts,
15.12.16
8:00
Catherine sagt:
Da Sie das Kopftuch für ein weltanschauliches Symbol halten, das eine Ihrer Ansicht nach mit westlichen Werten inkompatible Ideologie bzw. deren rückwärtsgewandtes Frauenbild propagiert, argumentieren Sie für seine vollständige und kompromisslose Verbannung aus dem Arbeitsumfeld. Gehen wir einmal davon aus Sie haben Recht, und die Trägerin vertritt tatsächlich die von Ihnen unterstellten Auffassungen. Unter wirtschaftlichem Druck beugt sie sich dennoch den Sachzwängen und legt das Kopftuch während der Arbeitszeit ab, sie "tarnt" sich. (Ein Vorwurf, den jüngst so von Heinz Buschkowsky gegen das neue Berliner Senatsmitglied Sawsan Chebli gerichtet wurde.) Der Zufall will es, dass Sie Ihrer Mitarbeiterin in der Freizeit begegnen, wo diese nun selbstbewusst das "Symbol" und damit die von ihr ja wohl nach wie vor vertretene "Ideologie" für alle deutlich sichtbar "zur Schau" trägt, und dabei möglicherweise auch von Ihren Kunden, Klienten, Patienten oder Geschäftspartnern gesehen wird, die die Dame ebenfalls kennen. Folgt man Ihrer Argumentation, müsste dies doch auf Sie dieselbe Wirkung haben, wie wenn Sie Ihren eigentlich unauffälligen Mitarbeiter X auf einer Nazi-Demonstration sichten. Sie müssen davon ausgehen, dass sich die von ihm - bzw. hier: ihr - vertretene Ideologie im Arbeitsprozess immer irgendwie Bahn bricht, und damit tendenziell geschäftsschädigend oder störend auf das Betriebsklima wirkt. Ihnen bliebe doch konsequenterweise nichts anderes übrig, als die Mitarbeiterin zu entlassen bzw. künftig überhaupt keine Musliminnen mehr einzustellen bzw. erst nach vorheriger gründlicher Gesinnungsprüfung. Sie merken's selber, oder? Wenn Sie sich so darüber ereifern, dass muslimische Frauen im Alltag ein Kopftuch tragen, dann kann es - bei allem Respekt - mit Ihrem Selbstbewusstsein ja nicht allzu weit her sein. Denn wer überzeugt ist, das Richtige zu tun, dem kann es doch eigentlich recht egal sein, was andere machen. Je porte mon jupe comme je veux - schon vergessen? Im Übrigen: Wenn Sie einmal für einen klitzekleinen Moment die Scheuklappen Ihres schon ans fanatische grenzenden Hasses gegenüber allem Religiösen (und nein, ich tue damit keineswegs die berechtigte Angst vor Radikalen ab - die teile ich ausdrücklich und habe dazu schon rein räumlich auch mehr Grund als Sie!) lösen würden, würden Sie merken, dass das Rad des Fortschritts in den Geschlechterverhältnissen gerade mit aller Kraft zurückgedreht wird, wenn auch nicht aus der Ecke, auf die Sie sich eingeschossen haben. Da haben Sie vielleicht schon bald damit zu rechnen, als (verheiratete) Frau überhaupt keine bezahlte Tätigkeit mehr ausüben zu dürfen, ob mit oder ohne Kopftuch.
16.12.16
14:29
Catherine sagt:
Was Sie hier "abgestraft" (ein Nutzer in einem anderen Forum verwendete stattdessen das Verb "ächten") sehen wollen, ist nicht das Kopftuch, sondern das religiöse Bekenntnis seiner Trägerin. Denn - davon bin ich überzeugt - würden heute alle muslimischen Frauen in Europa ihre Kopftücher Knall auf Fall ablegen, stünde morgen ein neuer Vorwurf im Raum, der ihre Integration in den 1. Arbeitsmarkt angeblich erschwert. Vielleicht sogar auf der Grundlage der Argumentation, wie ich sie oben durchgespielt habe. Der Duktus in der "Causa Chebli" zeigt es. Und während Sie solche Vorfälle wie den im Artikel geschilderten zum Anlass nehmen, zum wiederholten Mal von einer schleichenden Installierung einer "mittelalterlich-islamischen Gesellschaftsordnung" zu fabulieren bzw. irgendwelche imaginären 5. Kolonnen der AKP heranrücken sehen, arbeiten ihre "(falschen?) Freunde" (denn man kämpft ja gemeinsam gegen die Islamisierung und ihre Standarte, das Kopftuch) munter weiter daran, die Errungenschaften, die in 50 Jahren für alle (!) Frauen in Deutschland und Europa erstritten wurden, zurückzunehmen. Bitte, ich möchte nicht von jemandem "gerettet" werden, der seine Brötchen mit der Herausgabe von Handbüchern für "pick up-artists" verdient. Ebenso wenig wie von einer erzkatholischen Studienabbrecherin, die rechtzeitig einen fünfzehn Jahre älteren Star-Journalisten geehelicht und mit diesem eine deutlich über dem deutschen Durchschnitt liegende Anzahl von Kindern in die Welt gesetzt hat, und nun dank seiner erstklassigen Kontakte in die Verlagsbranche schon zwei "Bestseller" mit haarsträubendem Inhalt veröffentlicht hat, in denen sie Opfern sexueller Belästigung empfiehlt, einfach "die Bluse zu" zumachen. Von Personen, die unter der Hand das Scheidungsrecht aushebeln und Alleinerziehende so deutlich schlechter stellen wollen, dass man wirklich schon von gesellschaftlicher Ächtung sprechen kann. Aber Hauptsache, Zahnarzthelferinnen und Kindergärtnerinnen tragen kein Kopftuch.
16.12.16
16:49
Ute Fabel sagt:
@Catherine: Ich habe schon in mehreren Postings ausgeführt, dass es dem Geist des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes entspricht, entweder "gleich viel" oder "gleich wenig" an sichtbarer Religion in Betrieben zuzulassen. Für wen ein sichtbaren Zeichen seiner Religion oder Weltanschauung sehr wichtig ist, muss halt so lange suchen, bis er/sie einen Betrieb findet, wo das das Prinzip von "Gleich viel" gilt. Oder selbst einen Betrieb gründen. Der Dame aus dem Artikel mit Kopftuch steht es ja frei Zahnmedizin zu studieren und später in ihrer eigenen Ordination Kopftuch oder sogar Niqab zu tragen. Niemand hat jedoch das Recht einem Betrieb, in welchem das optische Neutralitätsprinzip gilt, sein ideologisches Symbol oder Kleidungsstück aufzuzwingen. Das gilt für das Kopftuch gleichermaßen wie für christliche Devotionalien, atheistische " God Without God"-Buttons, Kornblumen, rote Nelken oder was auch immer. Gleiche Rechten, gleiche Pflichten für alle.
17.12.16
11:00
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Und ich habe schon wiederholt ausgeführt, warum ihre Position rechtlich nicht haltbar ist. Die Rechtslage ist eindeutig und das AGG eindeutig formuliert: Man darf jemanden nicht wegen seiner Religion ablehnen. Das ist Diskriminierung im Sinne des AGG und verstößt gegen das Grundrecht auf Religionsfreiheit. @Catherine Kluge und treffende Ausführungen. Würde man heute das Kopftuch verbieten, dann hätten die selbsternannten "Abendlandretter" morgen einen anderen fadenscheinigen Grund, Muslimen das Leben zu erschweren.
19.12.16
11:45
Ute Fabel sagt:
@Johannes Disch: Nach Art 21 Europäische Grundrechtecharta, deren Inhalt sehr zu begrüßen ist, darf im Berufsleben niemand wegen Religion, Weltanschaung, politischer oder sonstiger Anschauung diskriminiert werden. Wünschenswert wäre daher, dass Unternehmen in schriftlichen Dienstordnungen unmissverständlich erklären, ob alle religiösen, weltanschaulichen und politischen sichbaren Zeichen während der Arbeitszeit willkommen sind oder keines. Das sind die beiden diskriminierungsfreien Alternativen, zwischen welchen Betrieben wählen können, wollen sie den Auflagen des Antidiskriminierungsrechts entsprechen. Eine Sonderstellung für das Kopftuch ist sowohl im negativen Sinn (nur Kopftuch wird verboten) als auch im positiven Sinn (nur Kopftuch wird erlaubt, andere religiöse, weltanschauliche oder politische Symbole hingegen nicht) ist hingegen ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
20.12.16
7:55
Johannes Disch sagt:
Das Kopftuch ist keine Sonderstellung, sondern Ausdruck von Religionsfreiheit, die von der Verfassung garantiert ist. Ein Arbeitgeber kann das Kopftuch nicht pauschal verbieten, es sei denn, es gibt dafür eine Richtlinie im Betrieb. Aber auch diese Richtlinie darf nicht auf Vorurteilen gegenüber einer oder mehreren Religionen und religiösen Überzeugungen beruhen. Zudem muss ein Gericht die Verhältnismäßigkeit eines solchen Verbots prüfen-- so die Generalanwältin des EUGH, Julianne Kokott, im Wortlaut.
20.12.16
22:20
Ute Fabel sagt:
Der renommierte deutsche ArbeitsrechtlichUnivisitätsprofessor Dr. Gregor Thüsing schreibt zutreffenderweise in einer seiner Fachpublikationen zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, dass "die Weltanschauung nicht der kleine Bruder der Religion sei". Die Religion hat keine privillegierte Stellung im innerstaatlichen und europäischen Gleichbehandlungsrecht. Religion, Weltanschauung, politische oder sonstige Anschauung genießen genau den gleichen Schutzumfang. Was den Wunsch nach optischem Sichtbarmachen am Arbeitplatz betrifft, darf es keinen Unterschied zwischen Religion, Weltanschauung, politischer oder sonstiger Anschauung geben. Entweder alles oder nichts, die Unternehmen können wählen.
21.12.16
11:21
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Sie müssen aus dem Thema offenbar eine Endlosschleife machen, obwohl sämtliche Argumente dazu hier bereits zigfach ausgetauscht wurden. Die Anschauung von Dr. Gregor Thüsing ist nicht exklusiv. Es gibt genügend Juristen, die die Dinge anders sehen. Das AGG ist eindeutig. Unternehmen können nicht wählen, jedenfalls nicht beliebig! Und Unternehmen können nicht Grundrechte einschränken. Unternehmen stehen nicht über den Grundrechten und haben nicht über diese zu verfügen und über diese zu entscheiden. Unternehmen können ein Kopftuch nicht pauschal verbieten. Und selbst bei einer allgemeinen Richtlinie, die es im Betrieb geben muss, um solche Dinge wie religiöse Symbole überhaupt einschränken zu können sind den Unternehmen enge Grenzen gesetzt. Eine solche Richtlinie darf nicht auf Vorurteilen gegenüber einer Religion beruhen und betroffene Mitarbeiter sind berechtigt, die Zulässigkeit solch einer Richtlinie gerichtlich überprüfen zu lassen. so der Standpunkt des EUGH. Warten wir einfach mal in Ruhe ab, wie die Gerichte die hier bei "IslamiQ" geschilderten Fälle entscheiden.
21.12.16
12:11
Ute Fabel sagt:
@Johannes Disch: Für Sie scheinen Leute, die sich über eine nichtreligiöse Weltanschauung definieren, Menschen zweiter Klasse zu sein, denen sie weniger persönliche Freiheiten zugestehen wollen, was das Sichtbarmachen der eingenen Gesinnung im Betrieb betrifft, als den Religiösen. Das ist ein diskriminierendes Rechtsverständnis, welches überhaupt nicht dem Geist des Gleichbehandlungsgesetzes betrifft.Sowohl Staaten (Frankreich, Belgien, Schweiz) als auch Unternehmen können in ihren Einrichtungen religiöse, weltanschauliche, philosophische und politische sichtbare Zeichen pauschal erlauben oder pauschal verbieten.
21.12.16
14:33
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