Schwimmunterricht

Muslima scheitert vor Verfassungsgericht

Eine muslimische Schülerin verweigerte die Teilnahme am Schwimmunterricht und zog vor Gericht. Doch das Bundesverfassungsgericht lehnte ihre Beschwerde ab.

08
12
2016
Badebekleidung, Schwimmunterricht
Symbolbild: Schwimmunterricht © Kanton Glarus auf flickr (CC BY 2.0), bearbeitet by IslamiQ.

Eine muslimische Schülerin aus Hessen ist endgültig mit dem Versuch gescheitert, sich aus religiösen Gründen vom gemeinsamen Schwimmunterricht von Jungen und Mädchen befreien zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht nahm ihre Beschwerde wegen inhaltlicher Mängel nicht zur Entscheidung an, wie aus dem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss hervorgeht. Damit hatte die Jugendliche ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2013 kippen wollen. (Az. 1 BvR 3237/13)

Sie hatte als Fünftklässlerin im Schuljahr 2011/2012 an einem hessischen Gymnasium die Note Sechs kassiert, weil sie sich dem Schwimmunterricht verweigerte. Das Mädchen marokkanischer Abstammung lehnte es auch ab, wie manche ihrer Mitschülerinnen einen Burkini zu tragen – ein solcher Ganzkörper-Badeanzug lasse nass trotzdem die Körperkonturen erkennen. Außerdem fühlte sich die Gymnasiastin durch den Anblick ihrer leicht bekleideten Mitschüler behelligt.

Die Verwaltungsrichter hatten vor drei Jahren den staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag über die Glaubensfreiheit gestellt. Dieser beinhalte auch die Befugnis, Fächer gemischtgeschlechtlich zu unterrichten. Der Schülerin sei es zuzumuten, daran teilzunehmen. Mit diesem Urteil hat sich die Jugendliche in ihrer Verfassungsklage laut Beschluss nicht ausreichend auseinandergesetzt: So lege sie etwa nicht plausibel dar, warum der Burkini zur Wahrung der islamischen Bekleidungsvorschriften nicht genügen solle.

Keine endgültige Entscheidung

Die Antidiskriminierungsstelle Federation against injustice and racism (FAIR) äußerte sich zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts. „Prinzipiell ist es schade, dass muslimische SchülerInnen gezwungen werden, entgegen ihrer Glaubensüberzeugung, am Schwimmunterricht teilzunehmen, und zwar aus Gründen der Integration“. Das Gericht lasse offen, ob bei einer plausiblen religiösen Begründung eine Befreiung doch möglich wäre, wobei sehr strenge Anforderungen gestellt werden. „Letzten Endes bleibt es festzuhalten, dass das Bundesverfassungsgericht keine endgültige Entscheidung getroffen hat“, so FAIR weiter. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Manuel sagt:
Sehr gut, endlich ein Schritt in die richtige Richtung, manchmal frage ich mich schon, was einige Moslems hier wollen, wenn ihnen unser System nicht passt.
09.12.16
11:42
Ute Fabel sagt:
Ein gutes Erkenntnis. Staatliche schulrechtliche Vorschriften stehen über religiösen Befindlichkeiten. Anderenfalls könnten andere Eltern auch argumentieren, sie möchten nicht, dass ihre Kinder am Biologieunterricht teilnehmen, weil das den religiösen Schöpfungsgeschichten widerspreche.
09.12.16
11:59
Johannes Disch sagt:
Die Entscheidung ist richtig! Und es zeigt auch, dass deutsche Gerichte keineswegs alle Sonderwünsche von Muslimen / Musliminnen akzeptieren.
09.12.16
13:51
Andreas sagt:
Das Bundesverfassungsgericht hat gerade nicht entschieden, ob es einem muslimischen Mädvhen zumutbar ist, am gemeinsamen Schwimmunterricht von Jungen und Mädchen teilxunehmen. Die Klage wurde lediglich aus firmalen Gründen abgewiesen. Entsprechend kann ich den Jubel der Islamgegner nicht nachvollziehen. Es gibt also weder eine Erkenntnis noch eine Richtung, in die das Gericht weist. Abgesehen davon wird nicht der Schwimmunterricht abgelehnt, sonder der gemeinsame Schwimmunterricht von Junfen und Mädchen. Der Vergleich mit der Verweigerung des Biologieunterrichts passt also nicht.
09.12.16
14:43
Johannes Disch sagt:
@Andreas Hier sind wir mal nicht einer Meinung. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2013 war meines Erachtens sehr gut begründet. Der Bildungsauftrag des Staates-- zu dem auch Veranstaltungen gehören, an dem beide Geschlechter teilnehmen-- steht hier über der Glaubensfreiheit. Hier wurde also eine klassische Rechtsgüterabwägung vorgenommen. Und ich finde, das Urteil wird auch beiden Parteien gerecht. Die Muslimin muss ja nicht im Bikini am Schwimmunterricht teilnehmen. Ein Burkini wird ihr ja gestattet. Würden wir hier der Muslimin Recht geben, dann wäre das kein Beitrag zur Integration, sondern würde zur Segregation führen. Was würde denn als nächstes kommen?? Dass eine Muslimin ausschließlich Unterricht in Mädchenklassen fordert?? Dass Jungen und Mädchen gemeinsam Unterricht haben-- auch Sportunterricht, auch Schwimmunterricht-- ist bei uns in Deutschland und in der westlichen Kultur obligatorisch. Das zu akzeptieren und mitzumachen ist zumutbar. Bleibt noch zu sagen, dass es solche Fälle in der Vergangenheit schon gab. Und meines Wissens wurde immer zugunsten des gemischtgeschlechtlichen Unterrichts geurteilt. Was auch beachten sollte: Es sind nur ca. 3% der muslimischen Schülerinnen, die mit dem gemeinsamen Sortunterricht / Schwimmunterricht ihre Probleme haben und sich verweigern oder klagen. Die meisten muslimischen Schülerinnen nehmen anstandlos an dieser Art Unterricht teil.
09.12.16
23:32
Manuel sagt:
@Andreas: Das passt sehr wohl, wir sind hier in Europa und in keinem islamischen Land, und es wäre einmal schön, wenn Sie fähig wären zwischen Islamkritiker und Islamgegner zu unterscheiden, oder fällt Ihnen das sooooo schwer?
10.12.16
9:47
Johannes Disch sagt:
@Andreas Richtig, das Bundesverfassungsgericht hat (noch) keine Entscheidung getroffen. Sie hat die Klage wegen formaler Mängel abgelehnt. Aber ich finde-- wie in meinem letzten P ausgeführt-- die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von 2013 plausibel. Hier wurde eine Rechtsgüterabwägung vorgenommen zwischen der Glaubensfreiheit und dem Bildungsauftrag des Staates. Und letzterer bekam Vorrang.
10.12.16
12:35
Manuel sagt:
@Johannes Disch: Hier bin einmal absolut Ihrer Meinung!
10.12.16
16:06
Charley sagt:
Dieser Artikel berührt doch ein viel grundlegenderes Thema in viel zu meinungshafter Weise: Wie und wann ist die Begegnung eines heranwachsenden Menschen mit der Andersartigkeit des anderen Geschlechts, praktisch oder als "Wissen" (Aufklärungsunterricht) angemessen? Das ist nicht allein i d Entscheidungsgewalt d Eltern allein gelegt, da Bildung auch ein verantwortliches in-die-Gesellschaft-Hineinwachsen bewirkt. In dieser Hinsicht wirkt da vieles, was ich da "moslemisch" erlebe, verklemmt und sogar für die eigenen, proklamierten Ziele kontraproduktiv, zt sogar wie Doppelmoral, wenn man die männlichen u weiblichen Maßstäbe vergleicht. - Es ist nicht ernst zu nehmen und nur auf folklore-kultureller Bedingtheit verständlich, deshalb noch lange nicht zu bejahen.
12.12.16
0:09
Suleiman sagt:
Koedukativer Unterricht ist mitnichten für den Bildungs- und Erziehungsauftrag obligatorisch und wird immer nur dann zur Schicksalsfrage der abendländischen Kultur hochstilisiert, wenn es um Muslime geht, die ihre Überzeugungen auch in ihrem öffentlichen Leben ausleben möchten und dabei keiner zu Schaden kommt bzw. alle sich Verf. konform bewegen . Verfassungsbeschwerde? Geht's noch? Kein Willle zur friedlichen Lösung im Einvernehmen? Geht nicht? Geht doch! In Bayern und Baden-Württemberg ist monoedukativer Unterricht schon lange üblich. Wo bleibt ihr, ihr selbsternannten Verfechter der abendländischen Kultur, die sich angeblich im koedukativen Unterricht zu manifestieren habe? In Berlin reichte für eine Schülerin ein Zeugnis eines Frauenschwimmvereins, um der Schule ihren Erziehungsauftrag genügezu tun. In Deutschland existieren schon seit einer gefühlten Ewigkeit Initiativen aus Politik und Wirtschaft, die sich auf wissenschaftlicher Forschung stützend für monoedukative Ausbildung einsetzen. Also hier keine Schicksalsfrage westlicher Kultur. Die Doppelzüngigkeit und Doppelmoral, das Messen mit zweierlei Maßstab lässt nur den Schluss zu, dass es hier um einen Angriff auf Grundrechre von Muslimen gehen muss, um eine Assimilationsagenda voranzutreiben, mit der sich im übrigen auch leicht von den wirklichen Problemen ablenken lässt. Gerade gelesen, dass in Deutschland 350000 Menschen auf der Straße leben, aber lieber über kleine Mädchen empören, die in ihre Lebensweise selbst in die Hand nehmen und nicht alles mitmachen wollen. Armes Deutschland. :-(
13.12.16
10:15
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