#MeinHijabMeinRecht

Österreichs Muslime wehren sich gegen Kopftuchverbot

Der Vorschlag des österreichischen Integrationsministers, das Kopftuch im öffentlichen Dienst zu verbieten, stößt bei den Muslimen und Religionsgemeinschaften in Österreich auf scharfe Kritik.

09
01
2017
Aktion #MeinHijabMeinRecht des Netzwerkes Musliminmen und solidarische Nichtmusliminnen by Naima Bazina © facebook, bearbeitet iQ

Der Vorschlag des österreichischen Integrationsministers Sebastian Kurz, ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst durchzusetzen und ins geplante Integrationsgesetz aufzunehmen, stößt bei österreichischen Muslimen auf Kritik und Empörung.

Das Netzwerk „Musliminmen und solidarische Nichtmusliminnen“ hat als Protest gegen dieses Vorhaben bei facebook unter den Hashtags #MeinHijabMeinRecht #SolidaritätKopftuch #FreiheitSelbstbestimmung eine Fotoaktion gestartet und dazu aufgerufen, ein Foto mit einer Botschaft an den Integrationsminister hochzuladen. An dieser Aktion sollen alle teilnehmen, die der Meinung sind, dass „Männer nicht entscheiden sollen, was Frauen zu tragen haben. Auch nicht wenn es der Minister ist!“, so das Netzwerk.

Verschiedene Teilnehmer sendeten u.a. die Botschaften „Ich entscheide, was ich trage, Herr Minister!“, „Mein Kopf, mein Eigentum! Weder Kurz noch Lang entscheidet, was ich trage!“ und „Mal unter uns Männern, Herr Minister: Wollen Sie ernsthaft Frauen vorschreiben, was sie zu tragen haben und was nicht?“.

Islamische Religionsgemeinschaften drohen mit Ende der Zusammenarbeit

Auch die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) bezeichnet ein solches Kopftuchverbot als „anti-integrativ“. „Bedienstete des öffentlichen Dienstes haben eine positive Grundeinstellung zum Staat nicht nur verinnerlicht, sondern sind Multiplikatorinnen der Rechtsstaatlichkeit und Loyalität zu Österreich. Kopftuchtragenden Musliminnen will man die Eignung für genau diesen äußerst positiven Beitrag prinzipiell absprechen? Das ist ein Signal in die völlig falsche Richtung“, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme der Religionsgemeinschaft.

Der Präsident der IGGiÖ, Ibrahim Olgun, fordert deshalb: „Wir appellieren dringend, diesen Vorstoß zurück zu nehmen, der einer weiteren Zusammenarbeit zwischen der IGGÖ und dem Integrationsministerium den Boden unter den Füßen zu entziehen droht. Aus dem geplanten Integrationspaket würde sonst ein Diskriminierungspaket.“

Die Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen (IMÖ) erwägt ebenfalls die Zusammenarbeit mit dem Integrationsministerium aufgrund wiederholter Agitation gegen Muslime auszusetzen. Vorstandsmitglied Omar Al-Rawi, sagte am Freitag gegenüber der Kronen Zeitung „Kurz gefällt anscheinend seine Rolle, sich auf dem Rücken der Musliminnen und Muslime politisch profilieren zu wollen.“ Er kündigte an, mit dem Integrationsminister „endlich Tacheles zu reden“. Kooperationen mit dem Ministerium werde er nun „evaluieren und auf ihren Sinn prüfen.“ „Immer über Medien uns Muslimen auszurichten, was er von uns denkt, ist nicht mehr tragbar“, so Al-Rawi weiter.

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Ich hätte noch einige andere Slogans: #Mein Hammer-Und-Sichel-ShirtMeinRecht# (die Kommunistische Partei Österreichs hat bei der letzten Wahl in Granz fast 20 % der Stimmen erreicht) #SolidaritätKornblumeFreiheitSelbstbestimmung# (die angesteckte Kornblume ist das Symbol der rechten FPÖ, die laut Umfrage derzeit mit über 30 % der Stimmen rechnen kann) Weltanschauungsfreiheit und politische Freiheitsrechte sind nach dem Antidiskriminierungsrecht im selben Umfang geschützt wie die Religion. Salomonischer Lösungsansatz wäre das optische Neutralitätsprinzip im öffentlichen Dienst, d.h. kein Kruzifix, keine Kopftuch, keine Parteiabzeichen, keine atheistischen Buttons; gleiche Rechte und gleiche Pflichten für alle!
09.01.17
13:59
Ute Fabel sagt:
Noch einige Slogans, um die Debatte vom Kopftuch loszulösen und im Sinne der gesellschaftlichen Vielfalt zu verallgemeinern: "Ja zum MustafaKemalAtatürkHut für Lehrer. Ich entscheide, was ich im Unterricht trage, Herr Minister!“; "Mein Oberkörper, mein Eigentum! Ich unterrichte in öffentlichen Schulen nur mit meinen "Gottlos GlücklichShirt. Weder Kurz noch Lang entscheidet, was ich trage" " Richter bekennen sich zu ihrer schlagenden Verbindung im Dienst und tragen ihre Burschenschafterkappe ganz selbstbestimmt und selbstbewusst im Gerichtssaal. Mal unter uns Männern, Herr Minister: Wollen Sie ernsthaft Männern vorschreiben, was sie zu tragen haben und was nicht?“.
10.01.17
9:02
Manuel sagt:
Was würden die islamischen Kritiker sagen, wenn jetzt ein Burschenschaftler klagen würde, dass er nicht seine Burschenschaftskappe im öffentlichen Dienst tragen darf? Ist doch auch eine Diskriminierung oder????
10.01.17
11:06
Holger Berger sagt:
Im öffentlichen Dienst könnten auch verschiedene Kennzeichen & Symbole für die Vielfalt sexueller Orientierungen getragen werden. So gibt es u.a. die Regenbogenfahne, das Lambda- Zeichen, den Rosa Winkel, die Transgender-Flagge, die Bisexuellen-Flagge und die Polyamorie-Flagge. Dann könnten manche islamisch orientierten Frauen zum Kopftuch auch gleich die Bisexuellen- oder Transgender-Flagge mit anstecken. Das wär doch was.
10.01.17
18:13
all-are-equal sagt:
Richter, Staatsanwälte, Lehrer und Polizisten sollten keinesfalls religiöse Kleidungstücke und auch keine Anstecknadeln tragen, die auf ihre politische Präferenz schließen lassen. Das sollte ein für alle mal klar gesetzlich festgelegt werden, um diese leidige Diskussion zu beenden. Wer zu dieser rechtsstaatlich gebotenenen Selbstbeschränkung nicht bereit ist, mag zwar für diese Tätigkeiten intellektuell durchaus geeignet sein, disqualifiziert sich aber selbst, wenn er oder sie kein religiös und weltanschaulich neutrales Erscheinungsbild wahren will. Es ist wie im Sport. Wer gleiche und faire Spielregeln nicht einhalten will, kann halt einfach nicht mitspielen, muss sich das selbst zuschreiben und hat keinen Grund zu jammern. Gerade das Kopftuch als unverzichtbarer als die vielen anderen religiösen und weltanschaulichen Zeichen zu betrachten, die es sonst noch gibt, würde von einer diskriminierenden und überheblichen Gesinnung zeugen. Audrückliche Kopftuchverbote sind unzulässig, ausdrücklich Kopftucherlaubnisse auch. Zu schaffen sind gleiche Maßstäbe für alle.
11.01.17
8:11
Johannes Disch sagt:
Sebastian Kurz schafft hier unnötiges Konfliktpotential. Auch Österreich gewährt per Verfassung Religionsfreiheit als Grundrecht, wozu auch das Tragen religiöser Symbole gehört. Österreich beruft sich dabei sogar auf Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Das Problem sind islamistische Terroristen wie Anis Amri, der trotz hinreichender Erkenntnisse der deutschen Sicherheitsbehörden nicht rechtzeitig gestoppt wurde, und nicht eine kopftuchtragende Muslimin.
11.01.17
9:49
Ute Fabel sagt:
@Johannes Disch: Sie sprechen immer nur von der Religionsfreiheit und dem Tragen religiöser Symbole und lassen dabei unter den Tisch fallen, dass es auch die Weltanschauungsfreiheit und politische Freiheiten mit dem genau gleichen Schutzumfang der Rechtsordnung gibt, die grundsätzlich auch das Tragen politischer und weltanschaulicher Symbole erfasst. Sie wollen hingegen Sonderverrechte von Religionen gegenüber nicht religiösen Weltanschauungen und politischen Überzeugungen schaffen, was das Sichtbarmachen im Beruf betrifft. Nichtreligiöse Weltanschauungen scheinen für Sie Gesinnungen zweiter Klasse zu sein. Ihre diskriminierende Haltung zu nicht religiösen Weltanschauungen und politischen Überzeugungen gegenüber Religionen spiegelt sich selbst in Art 9 EMRK nicht wider, schon gar nicht in Art 21 GRC der Europäischen Union.
11.01.17
13:43
Johannes Disch sagt:
Österreich betreibt damit leider eine Politik der Ausgrenzung. Das wird mehr Probleme bringen als es löst. Sebastian Kurz macht einen Kniefall vor den Rechtspopulisten der F.P.Ö. Zudem wird mit zweierlei Maß gemessen. Der Vizerektor der Uni Wien-- Faßmann-- will das Kopftuch verbieten, das Kreuz aber nicht anrühren. Man sollte vielleicht mal über den Großen Teich schauen. In den USA wäre solche absurden Dinge undenkbar. Obwohl auch die USA Wert legen auf die Trennung von Kirche und Staat. Aber gleichzeitig haben sie in sehr gefasstes Verständnis von Religionsfreiheit. In Minnesota wurde kürzlich die 1991 aus Somalia geflüchtete kopftuchtragende Muslimin Ilhan Omar ins Abgeordnetenhaus von Minnesota gewählt. Sie wurde am 03. Januar 2017 bei ihrer Vereidigung auf den Koran eingeschworen!! Und das in einem Land, das mit "09/11" (2001) den größten islamistischen Terroranschlag der Geschichte erleiden musste. Da würden hier in Deutschland und in Austria wohl manche sofort den Untergang des Abendlandes herbeischreien. In den USA hat das niemanden gestört. Das geht, weil in den USA jeder US-Amerikaner sein kann, völlig wurscht, welchen Glauben oder welche sexuelle Identität er hat. Noch einmal: Die gewählte muslimische Abgeordnete-- eine Kopftuchträgerin-- konnte ihren Amtseid auf den Koran leisten. Welch eine Größe. Was für eine Liberalität. Österreich hingegen zeigt sich als verängstigt, engstirnig und kleingeistig.
11.01.17
14:30
Manuel sagt:
@Johannes Disch: Das islamische Kopftuch ist ein Symbol des mittelalerlich-islamischen Frauenbildes und Gesellschaftsordnung und nicht einfach nur ein Stück Stoff, warum soll sowas in staatlichen Oraganistionen ständig toleriert werden und Verfassungen kann man ändern, wird sowieso Zeit, dass es hier Anpasung gibt, schließlich sind wir mit einem immer stärker werden erzkonservativen Islam konfrontiert.
11.01.17
18:10
Johannes Disch sagt:
@Manuel -- "Das islamische Kopftuch ist ein Symbol des mittelalterlich-islamischen Frauenbildes..." (Manuel) Das ist ein rassistisches Stereotyp.
11.01.17
21:40
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