Die CSU sowie weitere Politiker aus anderen Parteien begrüßen das Urteil des Europäischen Gerichtshof, wonach Schulen Schüler zum Schwimmunterricht verpflichten können.
Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, begrüßt das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Teilnahme muslimischer Mädchen am Schwimmunterricht. Gegenüber der „Bild“-Zeitung (Mittwoch) sagte Hasselfeldt: „Ich begrüße das eindeutige Urteil, da es klarstellt, dass die Verpflichtung muslimischer Mädchen zur Teilnahme am Schwimmunterricht nicht gegen die Religionsfreiheit aus der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt.“
Hasselfeldt verwies zudem auf einen Beschluss der Landesgruppe auf der jüngsten Klausur in Kloster Seeon. „Das Urteil ist darüber hinaus ein wichtiges Signal, dass Religionsfreiheit nicht pauschal andere Rechte und Pflichten aushebelt. Damit bestätigt der Gerichtshof auch unsere Auffassung, dass Ausnahmen vom Schwimmunterricht aus falsch verstandener Toleranz der Integration und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt schaden“, so Hasselfeldt. „Solche Ausnahmen zementieren zudem schon sehr früh eine Ungleichbehandlung von Mann und Frau, die in Deutschland keinen Platz hat“, betonte die CSU-Politikerin.
Das Urteil sei richtig und gut, betonten auch andere Politiker wie beispielsweise der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir, die CDU-Menschenrechtsexpertin Erika Steinbach und die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Aydan Özoguz (SPD).
Der Bonner Staatsrechtler Christian Hillgruber unterstützt ebenfalls die Entscheidung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs, nach der Schulen muslimische Mädchen zur Teilnahme am gemischten Schwimmunterricht verpflichten dürfen. Das Urteil erkenne darin zwar einen Eingriff in die Religionsfreiheit, halte diesen aber „mit Blick auf die Integrationsfunktion der Schule für der Schülerin zumutbar und angemessen“, betonte der Experte für Religions- und Verfassungsrecht am Dienstag.
Die Straßburger Entscheidung decke sich „voll und ganz mit der jüngsten einschlägigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts“ von 2013. Darin, so Hillgruber weiter, werde ausführlich begründet, warum auch aus grundgesetzlicher Perspektive grundsätzlich kein Befreiungsanspruch vom koedukativen Schwimmunterricht bestehe.
Der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime begrüßte die Entscheidung. „Ich rechne damit, dass es nur bei einer Minderheit der Muslime in Deutschland eine abweichende Meinung dazu gibt“, so Aiman Mazyek in der „Heilbronner Stimme“ am Mittwoch.
Deutlich kritischer sieht es Bekir Altaş, der Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) „Das Urteil des Menschenrechtsgerichtshofs offenbart, dass es längst nicht mehr um Recht und Gesetz oder um das Schwimmenlernen geht, sondern um eine unzulässige Maßregelung von Muslimen“, so Altaş.
„Mit seinem Urteil hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein elementares Rechtsgut von Verfassungsrang eingetauscht gegen ein abstraktes ’staatliches Interesse‘ an der Integration von ausländischen Schülern. Während die betroffene Familie sich auf die Religionsfreiheit beruft und im konkreten Fall auch darlegen und begründen kann, dass die Teilnahmen am koedukativen Schwimmunterricht gegen ihre Glaubensgrundsätze verstößt, beschneiden die Straßburger Richter dieses Verfassungsrecht mit einer politischen Formulierung. Das ist eine unzulässige Abwägung“, so der IGMG-Generalsekretär weiter.
Im konkreten Fall hatten zwei muslimische Familien in Basel ihre jungen Töchter vom gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht abgemeldet. Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof bestätigte nun das Vorgehen Schweizer Behörden und des Staates, diese Abmeldung nicht zuzulassen. Das gesamtgesellschaftliche Interesse wiege schwerer als die persönlichen religiösen Vorstellungen der Familie. Das Urteil liegt auch auf einer Linie mit einer höchstrichterlichen Entscheidung aus Deutschland, wo die Verfassungsbeschwerde einer Muslima gegen ein älteres Urteil des Bundesverwaltungsgerichts 2016 nicht zur Entscheidung in Karlsruhe angenommen worden war. (KNA/iQ)