In den Niederlanden startet der Wahlkampf. Am 15. März wird ein neues Parlament gewählt. Beste Chancen hat der Rechtspopulist Geert Wilders. Sein Triumph wäre ein Alptraum für Europa.
Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders kann es kaum erwarten: „Am 15. März werde ich klar Schiff machen“, verspricht der Islam- und Europafeind seinen Landsleuten über sein Lieblingsmedium Twitter. „Wir werden die Niederlande zurückerobern.“ Für viele klingt dieses Versprechen wie eine Drohung.
Am 15. März wählen die Niederländer ein neues Parlament. Nach vier Jahren droht der großen Koalition unter dem rechtsliberalen Ministerpräsidenten Mark Rutte ein Denkzettel. Und nur eine Partei kann den Umfragen zufolge von der Unzufriedenheit der Wähler profitieren: Wilders „Partei für die Freiheit“ (PVV). Seit Wochen liegt sie in den Umfragen mit bis zu 25 Prozent vorn. Bei einem Wahlsieg wäre theoretisch sogar Wilders Einzug ins „torentje“ denkbar – das Türmchen, dem Sitz des Ministerpräsidenten in Den Haag.
Das ist für viele Niederländer unvorstellbar, und zurzeit ist eine Regierung unter einem Premier Wilders auch unrealistisch – nicht zuletzt deshalb, weil kein ernsthafter Koalitionspartner in Sicht ist. Dennoch: Nach Brexit und dem Sieg von Donald Trump in den USA steigt bei den sonst so pragmatischen Niederländern die Nervosität. Viele rechnen mit einem starken Votum gegen die etablierten Parteien in Den Haag, die sogenannte Elite.
Auch Europa schaut auf die Wahl am 15. März. Denn es ist die erste einer Reihe von Schicksalswahlen für die EU. Wenn es nach dem 53-jährigen Rechtsaußen Wilders geht, dann wird sein Triumph auch ein kräftiges Signal gegen Europa sein.
Nicht zufällig wird er am 21. Januar seinen Wahlkampf im deutschen Koblenz starten, umgeben von seinen politischen Freunden: Marine Le Pen, die im Mai für die rechtsextreme Partei Front National Präsidentin von Frankreich werden will. Und Frauke Petry, die mit der AfD im September in den Bundestag einziehen will.
Was Wilders mit „Klarschiff machen“ meint, ist in seinem nur eine Seite langen Wahlprogramm nachzulesen: Alle Moscheen schließen, Koran verbieten, Grenzen dicht, keine Muslime mehr ins Land und Austritt aus der EU.
Es ist das bisher radikalste Programm des Rechtsaußen mit dem platinblond gefärbten Haarschopf, wie Kommentatoren feststellen. Die Frage ist, ob er sich damit im traditionellen Koalitionsland nicht selbst ins Abseits manövrierte. Denn auf dieser Basis wird wohl kaum eine andere Partei mit ihm eine Koalition bilden.
Doch sicher ist das nicht. Nicht alle Parteien schließen die Zusammenarbeit mit Wilders kategorisch aus. Und er selbst drohte bereits mit einem „Aufstand des Volkes“, wenn er isoliert würde.
Neben einem möglichen Wahlsieg von Wilders treibt die etablierten Parteien auch die Sorge vor einer drohenden Zersplitterung und Unregierbarkeit um. „Die Elite bekommt die gepfefferte Rechnung“, prophezeit der Amsterdamer Publizist Paul Scheffer. Das bisher stabile politische Mittelfeld werde zum „Schlachtfeld“.
81 Parteien stellen sich im März zur Wahl für die 150 Sitze in der Zweiten Kammer des Parlaments. So viele wie nie zuvor. Wilders PVV führt in den Umfragen mit bis zu 25 Prozent, damit hat sich die Zustimmung im Vergleich zu 2012 verdoppelt. Abgeschlagen sind Premier Ruttes VVD und sein sozialdemokratischer Koalitionspartner, die Partei der Arbeit. Ein halbes Dutzend Parteien können mit je etwa fünf bis zehn Prozent rechnen. Und am rechten Rand meldeten sich viele neue politische Abenteurer und Amateure, die vom Zerfall der alten Parteien profitieren wollen.
Die Wut der Wähler hat eher diffuse Gründe. Denn Niederlanden geht es nach einer langen Rezession wirtschaftlich wieder bestens. Allerdings waren die Kürzungen im Sozialbereich hart. Da kann Wilders mit einem radikal linken Programm punkten. Aber mehr noch profitiert er, wie Analysen von Wahlforschern belegen, vom Misstrauen der Bürger gegen die etablierten Parteien.
Das Misstrauen weiß Wilders seit über 12 Jahren erfolgreich zu schüren – mit seinen Tiraden gegen die „Elite“, das „Fake-Parlament“, die Medien und die Justiz. „Polder-Putin“ nennt ihn der Publizist Bas Heijne. Er allein beherrscht seine Partei. Sogar seine Verurteilung wegen Beleidigung von Marokkanern im Dezember schadete dem Populisten nicht. Im Gegenteil. Bislang scheint sein Vormarsch nicht zu stoppen. (dpa, iQ)