Jahrelang hatte Niedersachsen um einen Staatsvertrag mit den Muslimen gerungen. Nun werden die Gespräche auf Eis gelegt. Nach der Landtagswahl 2018 soll erneut verhandelt werden.
Niedersachsen bricht die stockenden Gespräche über einen Staatsvertrag mit den Muslimen angesichts wachsender Kritik an der islamischen Religionsgemeinschaft DITIB vorerst ab. „Die Niedersächsische Landesregierung und die muslimischen Verbände nehmen mit Bedauern zur Kenntnis, dass sich die Rahmenbedingungen für die in Aussicht genommene Vereinbarung in den vergangenen beiden Jahren deutlich verschlechtert haben“, erklärte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Freitag. DITIB war wegen großer Nähe zu Ankara und Spitzelvorwürfen gegen Imame nach dem Putschversuch in der Türkei im vergangenen Sommer in verschärfte Kritik geraten.
Wie in Hamburg und Bremen sollen in dem Islamvertrag in Niedersachsen eigentlich Regelungen etwa zum islamischen Religionsunterricht, zur Seelsorge in Krankenhäusern und Gefängnissen sowie zum Moscheebau und Bestattungswesen festgehalten werden.
Die Verhandlungen sollten erst in der nächsten Legislaturperiode nach der Landtagswahl Anfang 2018 fortgesetzt werden, so Weil. Um zu vermeiden, dass dieses wichtige Thema zum Gegenstand einer Wahlkampfauseinandersetzung wird, seien die Regierung und die Verbände sich einig, die Verhandlungen entsprechend zu verschieben. Beide Seiten wollten ihre vielfältigen Kontakte aber unverändert fortsetzen.
Knackpunkt vor einem Neustart der Verhandlungen sei die Frage der Unabhängigkeit von DITIB von der Türkei, die die islamische Religionsgemeinschaft intern klären müsse, erklärte Weil. Zuletzt hatte der DITIB-Landesverband der Regierung im Dezember eine Ultimatum bis Ende Februar gesetzt für eine Entscheidung über den Staatsvertrag. Ansonsten werde darüber erst wieder mit einer neuen Landesregierung 2018 diskutiert, hatte der DITIB-Vorsitzende für Niedersachsen und Bremen, Yilmaz Kılıç, gesagt. Außer mit DITIB waren die Vertragsverhandlungen mit dem zweiten großen muslimischen Verband in Niedersachsen, der Schura, sowie mit den Aleviten geführt worden.
Die rot-grüne Landesregierung hatte die Verträge mit einer möglichst breiten Mehrheit abschließen wollen. Nach der CDU im vergangenen August hatte nun aber auch die FDP einen Staatsvertrag zum jetzigen Zeitpunkt abgelehnt.
Rheinland-Pfalz hatte die Verhandlungen mit DITIB unter anderem zu islamischem Religionsunterricht wegen der Frage einer Abhängigkeit des Verbandes von der Türkei bereits im August abgebrochen. Nordrhein-Westfalen entschied sich hingegen vor wenigen Tagen, die Zusammenarbeit mit der DITIB fortzusetzen, trotz erheblicher Vorwürfe. Im Beirat für den islamischen Religionsunterricht in NRW bleibt DITIB vertreten. Dagegen hatte das NRW-Innenministerium die Kooperation mit DITIB bei einem Präventionsprogramm gegen islamistische Radikalisierung im Herbst beendet. (dpa, iQ)