Muslimin aufgrund des Kopftuchs abgelehnt

„Ihre Bedeckung macht nur Probleme“

Eine junge Muslimin bewarb sich auf eine Stelle bei einer Offenen Ganztagsschule in Aachen und wurde aufgrund ihres Kopftuchs abgelehnt. Als Küchenhilfe sei das Tragen eines Kopftuchs unproblematisch, doch bei der Arbeit mit Kindern nicht.

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01
2017
Houda E. Sie wurde zwar abgelehnt, doch ist dankbar für die Lektion. © Houda E

Die 21-jährige Houda E. aus Aachen wurde aufgrund ihres Kopftuchs von ihrem potenziellen Arbeitgeber abgelehnt. Houda E. hat sich in Aachen bei einer Zentralstelle der Offenen Ganztagsschulen (OGS) zuvor per Mail beworben und wurde von Frau W. zu einem Gespräch eingeladen. Die Deutsch-Marokkanerin empfand das Gespräch zuerst als „sehr positiv“, auch habe Frau W. alle Unterlagen auf den Tisch gelegt, sodass nur „die Unterschrift fehlte“, erklärt Houda E. Doch dann habe die Arbeitgeberin plötzlich das Kopftuch der jungen Bewerberin angesprochen und ihr klargemacht, dass sie die freie Stelle nur dann bekäme, wenn sie es ablege.

Die Gründe hierfür seien, dass der Verein mehrwiegend mit katholischen OGSen zusammenarbeite. „Das Kopftuch werden diese Schulen bzw. die „Hausherren“ nicht dulden“, zitiert Houda E. ihre Gesprächspartnerin. Zusätzlich dazu habe Frau W. ihr mitgeteilt, dass das Kopftuch für die Tätigkeit als Küchenhilfe beispielsweise kein Problem darstelle, doch in Zusammenarbeit mit Kindern würde ihre „Bedeckung nur Probleme machen“. Da Houda E. im Gespräch deutlich signalisierte, dass das Ablegen des Kopftuchs keine Option für sie darstelle, beendete sie das Gespräch, sodass auch kein Vertragsabschluss zustande kam. Sie habe „schockiert und traumatisiert“ das Gebäude verlassen, teilte sie später IslamiQ mit.

Dennoch möchte sie nicht aufgeben und noch dieses Jahr ihr Studium im sozialen Bereich aufnehmen. Im Nachhinein sei sie für die Lektion sogar dankbar, da ihr dadurch ihr zukünftiger Bildungsauftrag bewusstgeworden sei: „Nämlich Kinder soweit zu bringen, dass sie mit einem Bewerbungsgespräch, wie dem gestrigen, niemals konfrontiert werden müssen!“, schreibt Houda in einem Brief an Frau W., den sie auch auf Facebook postete, um auf das Geschehnis aufmerksam zu machen.

Die 21-jährige möchte weiterhin ihre Ziele verfolgen und das Vorstellungsgespräch sei kein Grund „aufzugeben, geschweige denn traurig zu sein“. Houda E. habe vor sich bei der Bundesstelle für Diskriminierung zu melden. Auch möchte sie den Fall publik machen. Denn niemand habe das Recht „einen anderen Menschen auf sein Äußeres zu reduzieren und ihm das Gefühl zu vermitteln (…), einen geringeren Wert als Andere in der Gesellschaft zu haben, sei es aufgrund einer anderen Religion, einer anderen Hautfarbe oder eines anderen Geschlechts“.

Leserkommentare

Schwester S sagt:
@Ute Fabel Abgesehen davon, dass das tragen einer Halskette weder eine Pflicht, noch ein Gebot oder sonstige Funktion eines glaegiben Christen darstellt, sollte ihr Vergleich und damit Ihre Forderung gewaltig hinken. Wir werden wohl noch ein paar Jahrzehnte debattieren mussen brauchen um vollstandig geklart zu haben was genau Freiheit denn tasachlich bedeutet und warum es sich fur diese Frau zu kampfen lohnt. Sie ist die Jeanne d'Arc der moderne und wird von der breiten Masse verhetzt bis uns die Geschichte eines besseren belehrt. @Houda Liebe Houda, sei stark, es war nie leicht seiner Zeit voraus zu sein.
24.01.17
14:14
Johannes Disch sagt:
@Jana B. Es ist verständlich, dass Sie sich über den Standpunkt einer gewissen Person hier aufregen. Das hat aber keinen Zweck. Rechtlich ist die Sache in Deutschland sehr einfach: Das Kopftuch am Arbeitsplatz gehört zum Grundrecht auf Religionsfreiheit und darf nur in Ausnahmefällen, an die ganze strenge Kriterien anzulegen sind, verboten werden.
24.01.17
14:30
Shems sagt:
Also zuerst einmal gibt es einen großen Unterschied ob man eine Halskette trägt oder eine Kopfbedeckung. Eine Kette ist "nur" ein Modestück. Nicht jeder der ein Kreuz trägt ist praktizierender Christ. Aber jede Frau die ein Kopftuch trägt ist praktizierende Muslimin. Eine Person aufgrund, der Ausübung der Religion, abzulehnen ist diskriminierend, egal ob es dabei um eine Nonne geht, die sich religiös kleidet, oder eine Muslimin. Das kann man in keiner Weise mit Modeschmuck vergleichen. Houda gehe deinen Weg. Finde es super das du es publik machst!
24.01.17
15:53
Ute Fabel sagt:
@Sandra L: Wäre es für Sie auch ein Beitrag zur Pluralität, wenn eine atheistische Kinderpädagogin jeden Tag ein Abzeichen mit der Aufschrift "Gottlos Glücklich" tragen würde? Glauben oder Unglauben ist Privatsache und gehört nicht ständig am Arbeitsplatz sichtbar gemacht. Das ist unprofessionell! @Schwester S: Ich finde es ziemlich arrogant, wenn SIe meinen, man könne das Kopftuch nicht mit christlichen Halsketten, Parteiabzeichen oder auch atheistischen "Gut Ohne Gott"-Ansteckern vergleichen. Ist ein Kleidungstück nur deshalb mehr wert, weil es jemand zum Gebot oder zur Pflicht erklärt? Selbstverständlich nicht! Entweder sollen all ihren Glauben oder Unglauben und ihre politische Überzeugung am Arbeitsplatz zeigen können oder keiner. Gerade im Erziehungsbereich bin ich eine glühende Anhängerin der optischen Neutralität. Diskriminierung ist im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz als "weniger günstige Behandlung in einer vergleichbaren Situation" definiert. Mir ist nicht klar, gegenüber wem Frau Houda E. ungünstiger behandelt wurde. Ich finde in dem Artikel keine Hinweise, dass andere sichtbare Zeichen des Glaubens oder Unglaubens im Unternehmen toleriert wurden. Folglich wurde Frau Houda E. nicht diskriminiert. Ihr Wunsch auf Sonderbehandlung wurde nicht erfüllt.
24.01.17
16:25
Ute Fabel sagt:
@Johannes DIsch: Fällt das Aufstellen einer Marienstatue am Schreibtisch durch eine Katholikin im Kundenkontakt, die einen starke Marienverehrerin ist, auch unter die von Ihnen dargestellte "Religionsfreiheit" am Arbeitsplatz? In Österreich hatten wir einen ganz konkreten Fall einer Magdalena S. . Vielleicht war diese Magdalena S. auch eine Heldin á la Jeanne d´ Arc?
24.01.17
21:07
Ute Fabel sagt:
In meinen Betrieb arbeiten Agnostiker, Atheisten, Katholiken, Protestanen, Sunniten, Schiiten, Kemalisen, Aleviten, eine Jüdin, Aleviten, Anhänger aller im österreichischen Parlament vertretenen Parteien harmonisch zusammen. Wir sind stolz auf unsere Pluralität. Keine macht allerdings seinen Glauben und Unglauben oder seine politische Überzeugung nach außen sichbar. Alle wollen, dass das auch so bleiben soll. Wahre Vielfalt kommt von innen und braucht keine Religionsuniformen.
25.01.17
8:54
Johannes Disch sagt:
Es ist einfach falsch, dass Glaube nur Privatsache ist. Wir sind eine plurale und säkulare Gesellschaft, die religionsoffen ist, was auch Platz lässt für das religiöse Bekunden im öffentlichen Raum. Und dazu gehört auch das Kopftuch am Arbeitsplatz. So sieht es unsere Rechtsordnung. Säkularität bedeutet, dass der Staat religionsneutral zu sein hat und nicht der Bürger. Grade die weltanschauliche Neutralität des Staates garantiert die Religionsfreiheit des Individuums. Und das ist auch der Sinn der Säkularität.
25.01.17
14:36
Ute Fabel sagt:
Unsere Mehrparteiendemokratie garantiert politische Freiheitsrechte ist selbstverständlich nicht parteienfeindlich. Trotzdem würde ich meinen, dass weitgehender Konsens besteht, dass das Tragen von Parteiabzeichen in den meisten Berufen völlig unangebracht ist. Auch wenn die positive und negative Religionsfreiheit durch unsere Rechtsordung glücklicherweise geschützt ist, sind auffällig sichtbare Zeichen des Glaubens oder Unglaubens im Berufsleben - gerade in der Erziehung oder im Kundenverkehr - oft einfach unpassend. Es besteht auch ein Diskriminierungsschutz aufgrund der sexuellen Orientierung im Berufsleben, was aber nicht bedeutet, dass Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch haben, z.B. durch intensive Küsse mit einem anders- oder gleichgeschlechtlichen Partner ihre sexuelle Orientierung am Arbeitsplatz auszuleben. Bei der Debatte ums Kopftuchtragen am Arbeitsplatz geht es offenkundig nicht um Gleichbereichtigung sondern um eine Sonderstellung, die unter diesem falschen Deckmantel erreicht werden soll.
26.01.17
10:02
Johannes Disch sagt:
Der Vergleich zwischen dem Kopftuch und einem Parteiabzeichen hinkt. Politische Ansichten gelten nicht als Weltanschauung im Sinne des AGG. Es geht beim Kopftuch (am Arbeitsplatz) auch nicht um eine Sonderbehandlung, sondern um die Wahrung eines Grundrechts, nämlich das auf Religionsfreiheit nach Art. 4 GG. Und dieses Grundrecht schließt das Tragen des Kopftuchs (auch in der Öffentlichkeit) mit ein. Ein Verbot ist nur in seltenen Ausnahmefällen möglich. Das Verbot ist also die Ausnahme und nicht die Regel. So sieht es unsere Rechtsordnung.
26.01.17
11:46
Manuel sagt:
@Johannes Disch: Rechtsordnungen kann man ändern, Gesetze sind niemals starr oder haben Ewigkeitscharakter. Viele Gesetze wurden schon angepasst oder geändert, beispielsweise wegen der Digitalisierung. Der Staat muss auch die Ausbreitung des erzkonservativen und politischen Islams irgendwann einmal reagieren.
26.01.17
12:46
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