Muslimin aufgrund des Kopftuchs abgelehnt

„Ihre Bedeckung macht nur Probleme“

Eine junge Muslimin bewarb sich auf eine Stelle bei einer Offenen Ganztagsschule in Aachen und wurde aufgrund ihres Kopftuchs abgelehnt. Als Küchenhilfe sei das Tragen eines Kopftuchs unproblematisch, doch bei der Arbeit mit Kindern nicht.

23
01
2017
Houda E. Sie wurde zwar abgelehnt, doch ist dankbar für die Lektion. © Houda E

Die 21-jährige Houda E. aus Aachen wurde aufgrund ihres Kopftuchs von ihrem potenziellen Arbeitgeber abgelehnt. Houda E. hat sich in Aachen bei einer Zentralstelle der Offenen Ganztagsschulen (OGS) zuvor per Mail beworben und wurde von Frau W. zu einem Gespräch eingeladen. Die Deutsch-Marokkanerin empfand das Gespräch zuerst als „sehr positiv“, auch habe Frau W. alle Unterlagen auf den Tisch gelegt, sodass nur „die Unterschrift fehlte“, erklärt Houda E. Doch dann habe die Arbeitgeberin plötzlich das Kopftuch der jungen Bewerberin angesprochen und ihr klargemacht, dass sie die freie Stelle nur dann bekäme, wenn sie es ablege.

Die Gründe hierfür seien, dass der Verein mehrwiegend mit katholischen OGSen zusammenarbeite. „Das Kopftuch werden diese Schulen bzw. die „Hausherren“ nicht dulden“, zitiert Houda E. ihre Gesprächspartnerin. Zusätzlich dazu habe Frau W. ihr mitgeteilt, dass das Kopftuch für die Tätigkeit als Küchenhilfe beispielsweise kein Problem darstelle, doch in Zusammenarbeit mit Kindern würde ihre „Bedeckung nur Probleme machen“. Da Houda E. im Gespräch deutlich signalisierte, dass das Ablegen des Kopftuchs keine Option für sie darstelle, beendete sie das Gespräch, sodass auch kein Vertragsabschluss zustande kam. Sie habe „schockiert und traumatisiert“ das Gebäude verlassen, teilte sie später IslamiQ mit.

Dennoch möchte sie nicht aufgeben und noch dieses Jahr ihr Studium im sozialen Bereich aufnehmen. Im Nachhinein sei sie für die Lektion sogar dankbar, da ihr dadurch ihr zukünftiger Bildungsauftrag bewusstgeworden sei: „Nämlich Kinder soweit zu bringen, dass sie mit einem Bewerbungsgespräch, wie dem gestrigen, niemals konfrontiert werden müssen!“, schreibt Houda in einem Brief an Frau W., den sie auch auf Facebook postete, um auf das Geschehnis aufmerksam zu machen.

Die 21-jährige möchte weiterhin ihre Ziele verfolgen und das Vorstellungsgespräch sei kein Grund „aufzugeben, geschweige denn traurig zu sein“. Houda E. habe vor sich bei der Bundesstelle für Diskriminierung zu melden. Auch möchte sie den Fall publik machen. Denn niemand habe das Recht „einen anderen Menschen auf sein Äußeres zu reduzieren und ihm das Gefühl zu vermitteln (…), einen geringeren Wert als Andere in der Gesellschaft zu haben, sei es aufgrund einer anderen Religion, einer anderen Hautfarbe oder eines anderen Geschlechts“.

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel -- "Eine politische Meinung zu einer Einzelfrage wie zum Beispiel zu einem Asylgesetzentwurf ist keine "Weltanschauung." Das Bekenntnis zu einer Ideologie... allerdings sehr wohl und genießt den gleichen Schutzumfang wie das Bekenntnis zu einer Religion." (Ute Fabel, 31.01.2017, 8:06) Das ist unsinnige Haarspalterei. Schauen Sie in die Kommentare zum AGG, bsp. HENSCHE. Eine politische Meinung-- und dazu zählt auch eine politische Grundeinstellung wie liberal oder kommunistisch, etc.-- ist keine Weltanschauung im Sinne des AGG. Die Rechtslage in Deutschland ist einfach und klar. Man darf das Kopftuch am Arbeitsplatz tragen. Das zählt zum Grundrecht auf Religionsfreiheit nach Art. 4 GG. Das ist die Regel. Ausnahmen sind nur in bestimmten Fällen möglich und an ganz bestimmte und sehr enge Voraussetzungen geknüpft.
06.02.17
0:33
Johannes Disch sagt:
@Manuel -- "Rechtsordnungen kann man ändern." (Manuel, 26.01.2017) Nicht die Grundrechte. Die unterliegen der "Ewigkkeitsgarantie" ("Ewigkeitsklausel" GG Art. 79, Abs. 3).
06.02.17
2:00
Ute Fabel sagt:
@Johannes Disch: Sie unterliegen einer rechtlichen Fehleinschätzung! Die von Ihnen zitierten Grundrechte mit Ewigkeitsgarantie, wie positive und negative Religionsfreiheit und die politische Freiheitsrechte legen rechtliche Garantien des Staates gegenüber seinen Bürgern aber keine Verpflichtugen der Arbeitgeber gegenüber ihren Arbeitnehmern fest. Aus dem Grundrechten kann man weder ein Religions- oder Weltanschauungsausübungsrecht noch einen Anspruch auf politische Betätigung am Arbeitsplatz während der Arbeitszeit ableiten. Ebensowenig lässt sich aus den Grundrechten gegenüber dem Staat ein Rechtsanspruch von Arbeitnehmern ableiten, ihre religiöse Überzeugung oder die politische Gesinnung nach freiem Ermessen am Arbeitsplatz beliebig auffällig und aufdringlich zu zeigen. Für das Arbeitsrecht wurde das Allgemeine Gleichbehandlungsrecht (AGG) geschaffen, dass den Unternehmern aufträgt die unterschiedliche Religion, Weltanschauung, politische oder sonstige Anschauung ihrer Arbeitnehmer mit dem selben Maßstab zu behandeln. "Gleich Viel" oder "Gleich Wenig" an sichtbarer Religion, Weltanschuung, politischer oder sonstiger Anschauung sind die beiden ebenbürtigen diskriminerungsfreien Alternativen.
09.02.17
9:55
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Die rechtliche Fehleinschätzung liegt ganz auf ihrer Seite. Private Arbeitgeber sind nicht zur weltanschaulichen Neutralität verpflichtet. Und sie können diese weltanschauliche Neutralität auch nicht einfach verfügen. Sie können nicht pauschal die Einschränkung von Grundrechten verfügen. Grundsätzlich gilt das Grundrecht auf Religionsfreiheit; wozu auch das Tragen von Symbolen gehört wie beispielsweise das Kopftuch; auch im öffentlichen Raum, wozu auch der Arbeitsplatz zählt. Eine Einschränkung dieses Rechts seitens des Arbeitgebers braucht eine sachlich tragfähige Begründung und muss verhältnismäßig sein. Und diese ist immer im konkreten Einzelfall zu erbringen. Und jede betroffene Arbeitnehmerin hat die Möglichkeit, so einen Erlass rechtlich prüfen zu lassen auf seine Tragfähigkeit und seine Verhältnismäßigkeit. Die Sache ist einfach und rechtlich eindeutig: Das Tragen des Kopftuchs am Arbeitspaltz ist die Regel und ein Verbot die Ausnahme.
09.02.17
13:44
Ute Fabel sagt:
@ Johannes Disch: Sie messen mit zweierlei Maß! Für Sie scheint es zwei Klassen von Menschen zu geben. Politische Freiheitsrechte am Arbeitsplatz und Weltanschauungsfreiheit scheinen für Sie am Arbeitsplatz nicht schutzwürdig zu sein. Positive Religionsfreiheit ist für Sie hingegen ein Faustrecht. Das ist eine diskriminierende Geisteshaltung, die sowohl dem innerstaatlichen als auch dem europäischen Gleichbehandlungsrecht widerspricht. Wobei ich mich ernsthaft frage, ob das, was SIe für das muslimische Kopftuch am Arbeitsplatz vertreten, dann auch für Salafistenbärte oder für Mormonen und Zeugen Jehovas und deren Bedürfnisse nach religiöser Selbstdarstellung gilt.
09.02.17
17:14
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Ihre Vergleiche sind unsinnig. Und ihr Vorwurf, ich würde mit zweierlei Maß messen, auch. Sie verstehen einfach nicht den Sinn von Säkularität und von Grundrechten. Sie zimmern sich diese Dinge nach ihrem atheistischen Weltbild zusammen. Danach geht es aber nicht, sondern es geht nach dem Recht. Erst gestern hat ein Gericht ein Urteil aufgehoben, das einer Berliner Lehrerin das Tragen des Kopftuchs verboten hat. Ein pauschales Kopftuchverbot ist nicht möglich. Es muss eine konkrete Gefährdung nachgewiesen werden. Es ist hier nicht der erste Artikel, der sich mit dem Thema "Kopftuch" beschäftigt und es wird wohl auch nicht der letzte sein. Jeder kann die wiederholt ausgetauschten Standpunkte hier nachlesen und Literatur im Netz zu Rate ziehen und für sich entscheiden, welchen Standpunkt er für überzeugender begründet hält. Kein Grund eine Endlosschleife daraus zu machen.
10.02.17
15:29
Ute Fabel sagt:
@Ute Fabel: Ich verstehe den Sinn und Inhalt von Säkularismus sehr gut! In Frankreich gilt das optische Neutraliätsprinzip im öffentlichen Schulsystem für Lehrer schon seit 1905 (war wohl damals kaum gerade gegen Moslems gerichtet), für Schüler seit 2004. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat erkannt, dass damit keine Grundrechte verletzt werden. Es ist wichtig, Nägel mit Köpfen zu machen statt halber Sachen. Wenn ein Pädagoge, der der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovos angehört, mit einem Wachturm-Aufnäher unterrichten will oder eine Salafist mit der typisch Barttracht, soll das solange unter Religionsfreiheit fallen, als es keine konkrete Gefährdung des Schulfrieden gibt? Solange sich niemand beschwert? Das ist doch unseriös!
12.02.17
14:18
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Sie verstehen nicht das geringste. Sie verstehen ja nicht einmal den elementaren Unterschied zwischen Laizismus (Frankreich) und Säkularismus (Deutschland). Sie kommen zum wiederholten Mal mit einem Beispiel aus Frankreich, das nicht pauschal auf Deutschland übertragbar ist. Es ist wichtig, Nägel mit Köpfen zu machen, statt halber Sachen?? Ja, das könnte euch jakobinischen Laizisten, die mit Furor einen fundamentalistischen Atheismus vertreten und denen ausser der eigenen bornierten Weltanschauung nichts mehr heilig ist, so passen. So läuft es aber nicht. Säkularität bedeutet die Trennung von Religion und staatlicher Machtausübüng, und nicht die Trennung von Religion und Politik. Säkularität ist grade nicht religionsfeindlich, sondern lässt Platz für Religion auch im öffentlichen Raum. Atheisten haben es also auszuhalten, dass sich Religion auch im öffentlichen Raum zeigt. Was an Religion im öffentlichen Raum zulässig ist und was nicht, das entscheiden keine persönlichen Vorlieben und Abneigungen, sondern einzig und alleine das Recht.
13.02.17
10:58
Ute Fabel sagt:
Säkularismus und Laizismus sind synome Begriffe. Der Laizismus wurde in Frankreich konsequenter umgesetzt, in Deutschland zum Teil nur halbherzig. Viele deutsche Protestanten und Katholiken glauben auch im 21. Jahrhundert noch immer sich das Land im Sinne des Westfälischen Friedens von 1648 in Herrschaftsbereiche aufteilen zu können und nehmen nun lieber den Islam mit ins Privillegienboot, um ihre bevorzugte Rechtsstellung so besser abzusichern, anstatt sich einem konsequenten Säkularismus zu öffnen. Und das, obwohl es nun schon mehr Konfessionsfreie gibt als Protestanten oder Katholiken und das trotz des verwerflichen Rituals einer Kindertaufe von Religionsunmündigen, die die Mitgliedschaft in diesen Gesinnungsgemeinschaften begründet. Im späten 19. Jahrhundert waren es nicht die Jakobiner, die Frankreich übel zusetzten, sondern eine fortschrittsfeindliche, rückwärtsgewandte katholische Kirche. 1905 erfolgte mit dem optischen Neutralitätsgebot für Lehrer im öffentlichen Schulsystem ein wesentlicher Befreiungschlag des Staates aus dem Würgegriff der Religion, der im Jahr 2004 mit der Ausweitung dieses Neutralitäsgebots auf Schüler erfolgreich weiterentwickelt wurde.
13.02.17
15:05
Joachim sagt:
Herr disch, ich verstehe nicht, warum ute fabels Vergleiche, "Mormmonenkledung", "atheisten-Sticker", Kommunisten-Symbole etc... unsinnig sind. Sagen Sie dochmal, warum das unsinnig sein soll, und nicht bloß: "Ihre vegleiche sind falsch".
13.02.17
19:55
1 3 4 5 6