Österreich

Regierung will Vollverschleierung verbieten

Die österreichische Regierung einigte sich am Wochenende darauf einen Antrag auf generelles Verbot der Vollverschleierung und Verbot religiöser Symbole im öffentlichen Dienst zu stellen. Die IGGÖ kritisiert das Vorhaben.

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01
2017
Gesichtsschleierverbote- ein strittiges Thema. © (metropolico.org/CC 2.0/flickr)

Die österreichische Regierung will ein Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum durchsetzen. Eine offene Gesellschaft setze auch eine offene Kommunikation voraus, heißt es in einem am Montag in Wien vorgestellten Arbeitsübereinkommen der SPÖ-ÖVP-Koalition. „Vollverschleierung im öffentlichen Raum steht dem entgegen und wird daher untersagt“, so die beiden Regierungsparteien unter Bundeskanzler Christian Kern und Vizekanzler Reinhold Mittlerlehner.

Beschlossen werden soll die Regelung in einem neuen Integrationsgesetz. Dessen Entwurf soll in der kommenden Woche vorgestellt und Ende März im Ministerrat abgesegnet werden. Verankern will die Regierung offenbar auch ein Verbot für Kopftuch und andere religiöse Symbole bei Polizisten, Soldaten, Richtern und Staatsanwälten.

Dies wird allerdings im Koalitionspapier nicht direkt benannt. Der Staat sei zu einem weltanschaulich und religiös neutralen Auftreten verpflichtet, wird festgehalten. Bei uniformierten Exekutivbeamten, Richtern und Staatsanwälten beider Geschlechter werde „darauf geachtet, dass bei Ausübung des Dienstes dieses Neutralitätsgebot gewahrt wird“.

Ein Vollverschleierungsverbot falle der Regierung nicht leicht, sagte Bundeskanzler Kern vor Journalisten. Es gebe „Argumente dafür und dagegen“. Vizekanzler Mitterlehner sprach von einem „symbolhaften Verbot“; eine offene Gesellschaft brauche „Face-to-Face-Kommunikation“.

IGGÖ kritisiert das Regierungsvorhaben

Die Islamische Glaubensgemeinschaft Österreich (IGGÖ) lehnt ein ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst vehement ab. „Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft Ibrahim Olgun warnt: „Eine „Lex Islam“ darf es nicht geben. Falls selbst verklausuliert Bestimmungen Einzug finden, die sich vor allem gegen Musliminnen richten, wäre das aber der Fall. Religionsfreiheit ist nicht verhandelbar. Das Kopftuch ist weder ein religiöses und erst recht kein politisches Symbol“, schreibt die Religionsgemeinschaft auf ihrer facebook-Seite.

„Unter „Integration“ darf keine diskriminierende Ausgrenzungspolitik gegen die Sichtbarkeit muslimischer Frauen betrieben werden. Dies wäre als Symbolpolitik zu verurteilen, die noch dazu genau die Falschen trifft. Hier scheint es um das Exekutieren purer „Unterwerfungsgesten“ gegen Musliminnen zu gehen, um bestehende Ängste und Ressentiments gegen den Islam populistisch zu kanalisieren“, schreibt die Religionsgemeinschaft weiter.
Daher fordert die Religionsgemeinschaft die Regierung auf in dieser Angelegenheit den konstruktiven Dialog mit Vertretern der islamischen Religionsgemeinschaften zu suchen. (KNA/iQ)

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich sollte besser die für alle geltenden sozialen Spielregeln für ein gedeihliches Zusammenleben und bewerben. Wenn ich mit einem Motorradhelm mit heruntergezogenem Visier in einem Restaurant Platz nehmen und ihn nicht abnehmen will, werde ich gewiss hinausgeworfen. Wenn ich in einer Einkaufsstraße mit einer Strumpfmaske mit Sehschlitzen flaniere, wird es nicht lange dauern, bis die Polizei auf mich aufmerksamt wird. Warum soll die Vollverschleierung dann von der Gesellschaft und der Rechtsordnung akzeptiert werden. Ich freue mich über den mutigen Schritt der österreichischen Regierung!
31.01.17
7:58
all-are-equal sagt:
Im Schweizer Kanto Tessin gibt es seit 1. Juli 2016 ein Verbot der Vollverschleierung. Im Juli wurden 6 Touristinnen deswegen von der Polizei angehalten und über das Verbot aufgeklärt. "Die Frauen hätten den Schleier sofort gelüftet und sich für ihre Unkenntnis entschuldigt. " Bestraft wurde eine Deutschschweizer Muslimin, die das absichtlich provoziert hat. Trotz Verbot sind die Übernachtungszahlen aus dem arabischen Raum um 20% gestiegen. Polizeidirektor Norman Gobbi: "Die arabischen Touristen sind intelligenter als viele Gegner des Burkaverbots." Ein Problem gab es nur mit einer Vertreterin des Islamischen Zentralrates der Schweiz gegeben, die absichtlich provozieren wollte, zum Islam konvertiert ist und keinen Migrationshintergrund hat.
31.01.17
11:57
Manuel sagt:
Wirklich gute Nachrichten aus unserem Nachbarland, weiter so, das Islamgesetz war vorbildlich und jetzt auch ein richtiger und notwendiger Schritt Richtung Säkluarismus, Deutschland kann sich eine große Scheibe in Sachen Integration von Österreich abschneiden.
31.01.17
13:00
Holger Berger sagt:
Da Religion ja eine private Angelegenheit ist, braucht es auch keine Religionspräsidenten. Die österreichische Bevölkerung kann auch nicht ständig "Unterwerfungsgesten" gegenüber verhüllt herumlaufenden Frauen aus falsch verstandener Toleranz erbringen. Österreich will eben nicht im öffentlichen Raum islamistisch verändert werden. Und das ist gut so. Deshalb sollten alle Islam-Vereine, die sich ständig als wichtig präsentieren wollen, dazu ermuntert werden, nicht immer neue Forderungen nach mehr Macht & Einfluß zu stellen.
01.02.17
2:29
Andreas sagt:
Man kann eine offene Gesellschaft natürlich so interpretieren, dass es dabei um offene Gesichter geht. Tatsächlich geht es aber eher darum, dass in einer offenen Gesellschaft jeder nach seinen Vorstellungen leben kann. Entsprechend sollte eine vermeintlich offene Gesellschaft auch mit vollverschleierten Frauen leben können. Die ewigen lächerlichen Gegenbeispiele der Islamgegner, man dürfe schließlich auch nicht mit Motorradhelm mit heruntergelassenen Visier oder mit Strumpfmaske herumlaufen, sind nicht wirklich überzeugend. Wer meint, ohne Not so rumlaufen zu müssen, dem ist ohnehin nicht zu helfen. Musliminnen hingegen haben das Problem, dass sie glauben, sie müssten sich aufgrund eines göttlichen Gebotes verhüllen. Die können nicht einfach sagen "o.k., dann verzichte ich eben darauf". Es ist daher auch ziemlich unfair, diesen Frauen die Verhüllung zu verbieten. Man könnte es fast schon eine Form von Psychoterror nennen.
01.02.17
17:01
Ute Fabel sagt:
@ Andreas: Ich halte das bevorstehende Vollverschleierungsvorbot in Östereich für einen ebenso wichtigen und richtigen politischen Vorstoß wie die Wirtschaftssanktionen gegen das Apartheidregime in Südafrika in den 1980er-Jahren. Auch damals gab es Unkenrufe, die meinten, die Folgen träfen die Falschen und manche Menschen schwarzer Hauptfarbe würden ohnedies lieber diskriminiert in Südafrika anstatt nicht diskriminiert in einem der chaotischen zentralafrikanischen Staat leben. All diese Einwände wurden Lügen gestraft und entpuppten sich im Rückblick geradezu als zynisch. Das Apartheidsystem ist gerade aufgrund der entschlossenen Nichtbeschwichtigungspolitik vieler Staaten bald kollabiert und nicht durch feige Anbiederung. Auch in der Frage der religiös-politisch motivierten weiblichen Vermummung ist es wichtig, dass die aufgeklärten Rechtssysteme mutig die Züge gestaltend in die Hand nehmen und sich nicht von mittelalterlichen Befindlichkeiten vor sich her treiben lassen.
02.02.17
12:34
Andreas sagt:
@Ute Fabel: Ihr Vergleich ist kompletter Unsinn. Frauen vorzuschreiben, was sie anziehen dürfen und was nicht, ist doch nicht mit dem Boykott des Apartheidregimes zu vergleichen.
02.02.17
16:11
Manuel sagt:
@Andreas: Etwas mehr Höflichkeit Ihrerseits wäre angebracht, es muss nicht immer jeder Ihrer Meinung sein, Sie könnten auch mal versuchen andere Meinungen respektieren, das verlangen Sie ja auch von anderen. Und Fr. Fabel hat vollkommen recht, die Burka ist ein Symbol der Frauenunterdrückung, des Islamismus und der Geschlechterapartheid.
03.02.17
18:29