Viele Produkte in der Lebensmittelproduktion werden als halal abgestempelt. Entspricht das auch der Wahrheit? In einem Vortrag in Osnabrück erklärt Mehmet Kılınç, Halal-Lead Auditor, die religiösrechtlichen Anforderungen an die Halal-Lebensmittelproduktion.
Im Rahmen einer Veranstaltung des Islamischen Studierenden- und Akademikerbunds IRFAN in Osnabrück hielt Mehmet Kılınç, Halal-Lead Auditor, einen Vortrag über die religösrechtlichen Hintergründe und Anforderungen an die Halal‐Lebensmittelproduktion.
Neben den herkömmlichen und weit bekannten Speisevorschriften im Islam gebe es noch weitere Anforderungen an islamkonforme Lebensmittel. Damit ein Produkt als halal gilt, müsse auf allen Stufen der Produktion, Lagerung und des Vertriebs gewährleistet sein, dass das Produkt zum einen frei von Alkohol ist und zum anderen keine toxischen, gefährlichen und berauschenden Substanzen oder Stoffe, die von Tieren stammen, wie Emulgatoren, Gelatine oder Peptone vom Schwein, verwendet werden.
In Molkereien muss beispielsweise beachtet werden, dass eingesetztes natürliches Lab ausschließlich von geschächteten Tieren stammt. Bei der Verwendung von künstlichen Enzymen ist sicherzustellen, dass keine Peptone vom Schwein verwendet werden.
Da die Erzeugung von pflanzlichen Erzeugnissen grundsätzlich als Halal gilt, sind die Vorschriften im pflanzlichen Bereich am wenigsten umfangreich. „Hier gilt es im Wesentlichen darum, sicherzustellen, dass im Laufe des Herstellungs- bzw. Veredelungsprozesses eine Kontamination oder Vermischung mit unreinen Produkten und Substanzen ausgeschlossen wird“, so Kılınç.
Das größte Problem beim Thema Halal sei, die muslimischen Verbraucher in Bezug auf Halal-Produkte zu sensibilisieren, da viele oft nur auf den Preis oder auf den Geschmack achten. „Jeder der Ernsthaft nach zweifelsfreien Halal-Produkten sucht, kann einen Weg finden, mit einem gewissen Aufwand, diese Produkte auch zu beziehen, so Kılınç.
Zu den größten Irrtümern der Halal-Lebensmittelproduktion gehört, dass wenn auf einem Produkt halal drauf steht, auch halal drin ist. „Das ist absolut falsch!“, erklärt Kılınç. „Da der Begriff „Halal“ nicht geschützt und auch nicht Gegenstand einer deutschen bzw. europäischen Norm ist, kann jedes Produkt, ohne jeglichen Nachweis, als „Halal“ deklariert werden, ohne dass das rechtliche Konsequenzen hat.“ Um dieses Phänomen entgegenzuwirken, ruft Kılınç die islamischen Religionsgemeinschaften dazu auf, eine Arbeitsgruppe zu bilden, um einheitliche Positionen und Standards zu erstellen.
Auch für eine islamkonforme Schlachtung müssen bestimmte Voraussetzungen gewährleistet und auf bestimmte Prinzipien geachtet werden, wie z. B. die Massentierhaltung und maschinelle Schlachtung, da diese dem Islam widersprechen würden. „Der Tierschutzaspekt hat im Islam einen sehr hohen Stellenwert. Unter anderem hat der Islam auch aus diesem Grund die Verhaltens- und Schlachtvorschriften für den Umgang mit Tieren erlassen. Schon vor über 1400 Jahren!“, so Kılınç weiter.
Ist Massentierhaltung und die ethisch inkorrekte Behandlung der Tiere obsolet und welche Beziehung hatte der Prophet zu Tieren? Diesen Fragen geht Ümmü Selime Türe in ihrem Gastbeitrag für IslamiQ nach.
Zum Schluss gab Mehmet Kılınç den Studenten noch ein Rat bezüglich ihres Konsumverhaltens. „Jeder Muslim sollte sein Konsumverhalten noch den islamischen Prinzipien hinterfragen und sich daran orientieren. Eine Sensibilität in diesem Bereich ist elementar für einen Muslim und seine Beziehung zu Allah.“