Die Klage einer kopftuchtragenden Lehrerin geht am Donnerstag in Berlin in die zweite Instanz. Das Landesarbeitsgericht Berlin/Brandenburg prüft am Donnerstag, ob das Kopftuch gegen das Berliner Neutralitätsgesetz verstößt.
Das Kopftuchverbot für eine Berliner Lehrerin beschäftigt am Donnerstag das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg. Es verhandelt über die Berufung einer muslimischen Lehramtsbewerberin gegen ein Urteil der Vorinstanz. Das Arbeitsgericht Berlin hatte im April 2016 ihre Entschädigungsklage gegen das Land Berlin abgewiesen. Das Land hatte sie wegen ihres religiös motivierten Kopftuchs nicht eingestellt. (Aktenzeichen 14 Sa1038/16)
Nach Auffassung des Arbeitsgerichts verstieß die Ablehnung der Klägerin in dem Bewerbungsverfahren nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Zur Begründung führte das Gericht das Berliner Neutralitätsgesetz an. Es untersagt Lehrkräften an öffentlichen Schulen, religiös geprägte Kleidungsstücke zu tragen. Die Berliner Regelung widerspreche nicht der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Januar 2015 (1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10), so das Arbeitsgericht.
Die Karlsruher Richter hatten im Januar 2015 entschieden, dass ein pauschales Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen nicht mit der grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit vereinbar sei. Das Berliner Arbeitsgericht erklärte, dass diese Entscheidung auf Nordrhein-Westfalens Schulgesetz abgestellt gewesen sei. Im Unterschied dazu sehe die Berliner Regelung jedoch „keine gleichheitswidrige Privilegierung zugunsten christlich-abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen“ vor.
Das Berliner Neutralitätsgesetz behandle alle Religionen gleich, urteilte das Arbeitsgericht. Außerdem gelte dessen Verbot religiöser Bekleidung nicht für Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen. Auch für die Klägerin sei es möglich, dort mit Kopftuch zu unterrichten. Ein Vertreter des Landes Berlin hatte ihr zu Beginn der Verhandlung eine Einstellung nur für berufliche Schulen angeboten. Die Klägerin lehnte dies ab.
Das Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit (Inssan e.V.) begleitet die Klägerin seit Beginn des Prozesses und unterstützt die Lehrerin bei Ihrem Vorhaben rechtlich gegen das Verbot mit Kopftuch zu unterrichten vorzugehen.
In einer aktuellen Pressemitteilung stellt das Netzwerk klar: „Die Meinung des Gerichts teilen wir nicht und wenden uns gegen die pauschale Annahme, eine Lehrerin mit Kopftuch gefährde den Schulfrieden. Vielmehr erachten wir diesen Schluss als Resultat stereotyper Zuschreibungen.“ Daher unterstützt das Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit die muslimische Lehrerin auch bei ihrer Klage in zweiter Instanz vor dem Landesarbeitsgericht Berlin/Brandenburg.
„Wie wird das richterliche Urteil ausfallen? Wird der Klage stattgegeben und damit ein wichtiges Zeichen gegen die pauschale Diskriminierung und Kriminalisierung von Muslim*innen gesetzt? Wird die Klage abgelehnt und mittelbare Diskriminierung von Muslima mit Kopftuch somit institutionell untermauert? Oder wird der Fall dem Bundesverfassungsgericht übertragen, das seinerseits bereits in zwei Fällen gegen Neutralitätsgesetze geurteilt hat“, heißt es in der Pressemitteilung weiter. (KNA/iQ)