Wegen ihres Kopftuches wurde eine Lehrerin an einer Berliner Grundschule abgelehnt. Nun hat ihr das Landesarbeitsgericht in einem Berufungsverfahren Recht gegeben.
Den Rechtsstreit um das Kopftuchverbot für Berliner Grundschullehrerinnen hat eine muslimische Lehrerin vorerst gewonnen. Am Donnerstag gab das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg ihrer Entschädigungsklage gegen das Land Berlin Recht, das sie wegen ihres religiös motivierten Kopftuchs nicht eingestellt hatte.
Die Richter erklärten, das Land habe die Klägerin dadurch benachteiligt. Sie erkannten der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von zwei Monatsgehältern (8.680 Euro) zu. In dem Berufungsverfahren hob das Landesarbeitsgericht ein anders lautendes Urteil der Vorinstanz auf. Gegen sein Urteil ließ das Gericht die Revision beim Bundesarbeitsgericht zu.
In ihrer Urteilsbegründung erklärte die Vorsitzende Richterin Renate Schaude, in dem Bewerbungsverfahren habe die Schulbehörde die Klägerin „unmittelbar benachteiligt“, weil sie das Kopftuch auch im Unterricht an einer Grundschule tragen will. Der Verweis auf das Berliner Neutralitätsgesetz sei in diesem Fall nicht angemessen gewesen. Es verbietet bestimmten staatlichen Bediensteten wie Lehrkräften an Grundschulen das Tragen auffallender religiöser Kleidung und Symbole bei der Arbeit.
Das Gesetz sei jedoch so auszulegen, dass es nur bei einer konkreten Gefährdung des Schulfriedens angewendet werde, betonte die Richterin. Sie berief sich dabei auf ein entsprechendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Januar 2015. Die Karlsruher Richter hatten entschieden, dass ein pauschales Kopftuchverbot nicht mit der grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit vereinbar sei (1 BvR 471/10, 1 BvR 11881/10). Eine konkrete Gefährdung des Schulfriedens durch das Kopftuch der Klägerin sei jedoch nicht zu befürchten gewesen, so Schaude. Dies sehe auch das Land Berlin so.
Das Landesarbeitsgericht hob mit seiner Entscheidung ein Urteil der Vorinstanz teilweise auf. Das Arbeitsgericht Berlin hatte im April 2016 die Entschädigungsklage zurückgewiesen (58 Ca 1337/15). Nach dessen Auffassung verstieß die Ablehnung der Klägerin durch die Schulbehörde nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Dessen Entscheidung vom Januar 2015 sei auf Nordrhein-Westfalens Schulgesetz abgestellt gewesen. Im Unterschied dazu sehe die Berliner Regelung jedoch „keine gleichheitswidrige Privilegierung zugunsten christlich-abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen“ vor.
Vor dem Landesarbeitsgericht bekräftigte ein Vertreter der Schulverwaltung deren Angebot, mit der Klägerin den üblichen Arbeitsvertrag für Lehrkräfte des Landes Berlin abzuschließen. Der Vertrag sieht keinen Einsatz in bestimmten Schularten vor. Zugleich bestätigte der Senatsvertreter, dass eine Lehrtätigkeit mit Kopftuch in Grundschulen ausgeschlossen bleibe. Die Klägerin könne jedoch an beruflichen Schulen und Einrichtungen des Zweiten Bildungsweges unterrichten. Dies lehnte die Klägerin über ihre Rechtsvertreter ab.
In erster Instanz war die junge Frau im April 2016 mit ihrer Entschädigungsklage gescheitert. Nach dem Berliner Neutralitätsgesetz dürfen Lehrer, Polizisten und Justizbedienstete im Dienst keine religiös geprägten Kleidungsstücke tragen. Das Bundesverfassungsgericht hatte zuletzt im Januar 2015 ein pauschales Kopftuchverbot an nordrhein-westfälischen Schulen gekippt. (KNA, dpa, iQ)