Die beiden großen Kirchen haben das Kopftuch-Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg begrüßt. Es sei als eine Aufforderung zu mehr religiöser Toleranz zu werten.
Die beiden großen Kirchen haben das Kopftuch-Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg begrüßt. Der Generalvikar des Erzbistums Berlin, Manfred Kollig, und der Konsistorialpräsident der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), Jörg Antoine, werteten die Entscheidung am Freitag als Aufforderung zu mehr religiöser Toleranz des Staates.
Das Gericht hatte am Donnerstag einer abgelehnten muslimischen Lehramtsbewerberin mit Kopftuch bei einer Entschädigungsklage recht gegeben. Zugleich forderte es, das Berliner Neutralitätsgesetz müsse anders ausgelegt werden als bisher. So dürfe der Staat Lehrkräften nur bei einer konkreten Gefährdung des Schulfriedens verbieten, auffällige religiöse Kleidungsstücke zu tragen, so das Gericht. Es berief sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
Kollig nannte die Entscheidung „ein gutes Zeichen, dass staatliche Neutralität und persönliche Überzeugung sich nicht ausschließen“. Das bestätigten auch Erfahrungen in den katholischen Schulen oder im Religionsunterricht. Wo „religiöse Überzeugungen offen gezeigt werden dürfen, wo jemand seinen Standpunkt vertreten darf, regt das zu Fragen und Diskussionen an“, so der Verwaltungschef des Erzbistums. „Es diskriminiert nicht und schließt nicht aus. Es führt dazu, andere Überzeugungen besser zu verstehen, ohne sie übernehmen zu müssen.“ Ein Verbot könne nicht die bessere Lösung sein, betonte Kollig.
Das Neutralitätsgesetz hatte die damalige Berliner Koalition von SPD und Linkspartei/PDS im Jahr 2005 verabschiedet. Die seit vergangenem Jahr regierende rot-rot-grüne Koalition ist in der Bewertung des Urteils uneins. Bildungssenatorin Sandra Scheeres und Innensenator Andreas Geisel (beide SPD) erklärten, das Neutralitätsgesetz habe sich bewährt, und es gebe keine Pläne, es zu ändern. Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) bezeichnete das Urteil dagegen als Anfang vom Ende des Neutralitätsgesetzes. Auch die Linkspartei forderte, das Neutralitätsgesetz und die Einstellungspraxis bei Lehrkräften zu überprüfen. (KNA, iQ)
Wie kam es überhaupt bis zu diesem Punkt? Wir haben den jahrzehntelangen Kopftuchstreit in einem Video zusammengefasst. Klicken Sie auf das Bild, um zum Video zu gelangen.