Der Politiker Bakir Izetbegovic verklagt erneut Serbien vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag, wegen Völkermordes im Bürgerkrieg von 1992 bis 1995, an. Sein Alleingang führt innerhalb der politischen Landschaft Bosniens jedoch zu Kontroversen.
Bosnien-Herzegowina verklagt Serbien erneut vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag wegen Völkermordes im Bürgerkrieg von 1992 bis 1995. Das berichtete Bakir Izetbegovic, der für die muslimischen Bosniaken im Staatspräsidium sitzt, am Freitag in Sarajevo.
Demnach wird das Land Revision gegen ein IGH-Urteil von 2007 einlegen. Damals hatte die höchste Justizinstanz der Vereinten Nationen Serbien vom Vorwurf des Völkermordes im ostbosnischen Srebrenica im Juli 1995 freigesprochen. Serbische Einheiten hatten bis zu 8000 muslimische Jungen und Männer ermordet.
Die Entscheidung von Izetbegovic, die von allen muslimischen Spitzenpolitikern mitgetragen wird, war im Vorfeld vor allem von führenden bosnisch-serbischen Politikern kritisiert worden. Laut Medienberichten soll Izetbegovic den Antrag selbst verfasst haben, ohne zuvor ein Einvernehmen mit dem kroatischen und serbischen Mitglied im Staatspräsidium herzustellen. Für den nach der Sezession seines Landesteils strebenden bosnisch-serbischen Präsidenten Milorad Dodik war dies ein willkommener Anlass, den Boykott sämtlicher gesamtstaatlicher Institutionen zu fordern. Das serbische Mitglied im bosnischen Staatspräsidium, Mladen Ivanic, stellte sich jedoch gegen den Vorstoß, weil er einem Selbstausschluss der bosnischen Serben aus dem politischen Entscheidungsprozess in Sarajevo gleichkäme, so schreibt das Online Nachrichtenmedium „kurier.at“.
Der bosnische Außenminister Igor Crnadak teilte indes dem IGH mit, dass Izetbegovic‘ Entscheidung nicht von allen Institutionen gefasst worden sei und daher nicht rechtskräftig sei. Medienberichten zufolge weigerte sich die bosnische Botschafterin in Den Haag, Mirsada Colakovic, jedoch, das Schreiben Crnadaks an den IGH weiterzuleiten. Der Außenminister schickte den Brief daraufhin auf eigene Faust an den Gerichtshof.
Schon in dieser Woche war durch den Boykott serbischer Abgeordneter das Parlament nicht mehr arbeitsfähig. In Bosnien bilden die Muslime knapp die Bevölkerungsmehrheit. Die Serben machen etwa ein Drittel, die Kroaten rund 15 Prozent der 3,5 Millionen Einwohner aus.
Im Bürgerkrieg der drei Völker untereinander waren die bosnischen Serben von der benachbarten Republik Serbien mit Soldaten und Waffen unterstützt worden.
Das IGH-Gericht hatte Belgrad zwar vom Völkermord freigesprochen, aber festgestellt, dass Serbien nichts zur Verhinderung des Genozids in Bosnien unternommen habe. (dpa,iQ)