Aktuelle religiöse und politische Entwicklungen spalten Menschen, vor allem Kinder werden von der Stimmung beeinflusst. Wie kann man sie davor bewahren? Eine schwierige Frage, der Umut Ali Öksüz nachgeht.
Ideologien, Lagerdenken und Machtkämpfe auf Kosten der Religionen und Politik spalten alle Menschen. Kinder und Jugendliche stecken mitten in diesem Machtkampf. Fragen, mit denen sie regelmäßig konfrontiert sind: „Wer sitzt in welchem Lager? Wo gehen Deine Eltern beten? In welcher Moschee bist Du noch am Wochenende?“ Fragen, die nicht seit gestern zwischen Kindern und Jugendlichen diskutiert werden und die Medien tragen diese Schuld nicht alleine.
Für die Spaltung der türkischstämmigen BürgerInnen, sollte man nicht eine Gruppe oder eine einzelne Person verantwortlich machen. Ein Schüler fragte mal: „Was ist eigentlich das Ziel, wenn alle Seiten hetzen? Hat das überhaupt noch mit dem Islam zu tun?“ Diese Fragen sollten sich auch die Großen stellen, denn Hetze hat viele Folgen. Kinder und Jugendliche dürfen sich ihre Freunde nicht selbst aussuchen. Es ist wichtig, in welcher Gemeinde, die Eltern engagiert sind. Familien streiten tagtäglich, weil ideologische und soziale Netzwerke der einzelnen Gemeinden / Gruppen / Lager Vorrang haben. Das läuft dann unter dem Motto: Erst die Ideologie, dann die Familie und die Meinung einzelner „Führer“ werden in der islamischen Theologie mit den primären Quellen vertauscht. Kinder und Jugendliche wachsen mit Fragezeichen auf und das kritische Denken wird nicht geduldet, vor allem darf man keine „Führer“ in Frage stellen, unter den Jugendlichen geht es dann darum, welcher Führer die „Wahrheit“ sagt und welcher nicht. Sachliche Diskussionen können selbstverständlich nicht geführt werden, da aktuell politische Themen bei den Meisten im Fokus stehen und das Umfeld der Kinder dementsprechend aufgebaut ist.
Das Paradoxe in der Bundesrepublik Deutschland ist, dass alle dafür werben und „warnen“, dass außenpolitische Umstände in Deutschland nichts zu suchen haben. Doch in der Realität sieht es nicht so aus. Viele Deutschtürken, die sich aktuell gerne in die Opferrolle versetzen, mischen doch seit Jahren aktiv in der Politik mit, hier- aber auch in der Türkei. Bekannte Politiker hetzen fleißig weiter und das Ziel ist jedem kein Rätsel mehr: offensive Spaltung.
Jahrelang wirkten Deutschtürken in der türkischen Politik mit. Sie wählten fleißig ihre Lieblinge, obwohl sie ja nie was mit Politik am Hut hatten. Plötzlich läuft es nicht mehr so, wie sie es sich wünschen, die obere Etage kippt und alles ist „auf einmal“ böse. Jetzt heißt es, schließt alle DITIB Moscheen, die DITIB sei kein Ort für Spionage, Hetze und Politik. Das solche Umstände nicht zu entschuldigen und tolerieren sind, muss in keiner Weise erwähnt werden.
Seit über 40 Jahren gehen ältere Damen und Herren in die Moscheegemeinden und haben dort ihre sozialen Netzwerke aufgebaut und werden in verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen erfolgreich etabliert. Auch Kinder und Jugendliche finden in den Moscheen religiöse und soziale Zugänge, die ihre Entwicklung prägen. Klar ist auch, dass politische Themen in keiner Moschee erwünscht sind, auch darüber sollte nicht gesprochen werden.
Jedoch sollte darüber gesprochen werden, ob überhaupt diverse politische Themen in der Nähe von Kindern und Jugendlichen erwünscht sind. Dort sollten Kinder und ausschließlich ihre Entwicklung im Fokus stehen. Doch es gibt genug Heranwachsende, die mit diesem Thema nichts mehr zu tun haben wollen! Sie möchten in Frieden gemeinsam leben ohne sich ständig darüber zu streiten, welcher „Oberboss“ denn Recht hat.
Wer also ein wirkliches Interesse an der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen verfolgt, sollte seine Energie dafür nutzen. Kinder und Jugendlichen fühlen sich selbst instrumentalisiert.
Es gibt tausende Möglichkeiten: Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche anbieten, ganz egal welcher Religion oder Ethnie. Mit den Kindern und Jugendlichen reden, sie begleiten, aber sie nicht biegen und formen! Für sie da sein, aber aus Herzen, nicht nur weil es die höhere Etage möchte, sondern ihnen dabei helfen, sich zu entfalten.
Das klappt ganz gut ohne politische oder ideologische Interessen und Hasspredigten. Denn was aus Herzen kommt, kommt auch bei Herzen an.