Österreich

Gutachten über die Verhüllung im Islam führt zu Kontroversen

Das Gutachten des Beratungsrates der IGGiÖ über die Verhüllung im Islam reizt die Gemüter. Wie aber die Glaubenslehre auszulegen sei, sei keine Aufgabe der Politik, sondern die der Islamischen Glaubensgemeinschaft selbst, so der Vorsitzende.

06
03
2017
Gutachten der IGGiÖ
Gutachten der IGGiÖ - Islamische Glaubensgemeinschaft i Österreich © www.derislam.de

Mitte Februar hat der theologische Beratungsrat der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) sein Gutachten zum Thema „Stellung der Verhüllung im Islam“ veröffentlicht. Das theologische Gutachten, welches von Mufti Mustafa Mullaoğlu verfasst wurde, thematisiert die Verhüllungsgebote im Islam.

Sowohl für Frauen als auch für Männer gebe es religiöse Kleidungsvorschriften. „Für weibliche Muslime ab der Pubertät ist in der Öffentlichkeit die Bedeckung des Körpers, mit Ausnahme von Gesicht, Händen und nach manchen Rechtsgelehrten Füßen, ein religiöses Gebot und damit Teil der Glaubenspraxis“, heißt es im Gutachten des Rates.

In Bezug auf die Gesichtsbedeckung lege der Rat der muslimischen Frau aber nahe, die österreichische Kultur zu berücksichtigen und vom Tragen einer Gesichtsbedeckung abzulassen. Jedoch unterstreiche der Rat die Freiheit der Frau, so dass auch abweichende Auffassungen möglich seien und „keinesfalls von anderen abgewertet werden dürfen“.

Politik kritisiert Gutachten

Eine politische Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) und SPÖ-Staatssekretärin Muna Duzdar lehne eine Verpflichtung zum Kopftuch klar ab. „Eine solche Positionierung ist ein Angriff auf die Freiheit und Selbstbestimmung der Frauen“, wird Duzdar im Kurier zitiert. Es sei nicht akzeptabel, dass Frauen und Mädchen in ihrer Freiheit eingeschränkt würden.

Auslegung der Glaubenslehre sei keine Aufgabe der Politik

Auch Ibrahim Olgun, Vorsitzender der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ), äußerte sich zum Beschluss des Beratungsrates. „Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich verkennt nicht das Recht des österreichischen Parlaments, innerhalb des verfassungsrechtlichen Rahmens Regeln für das tägliche Zusammenleben aufzustellen, die auch die Kopfbedeckung betreffen können“, heißt es in der Stellungnahme Olguns auf der Internetseite der IGGiÖ. Wie aber die Glaubenslehre auszulegen sei, sei keine Aufgabe der Politik oder der Medien, sondern die der Islamischen Glaubensgemeinschaft selbst.

„Diese Stellungnahme wurde in der medialen Aufarbeitung ihres eigentlichen Inhalts beraubt und insofern völlig verkehrt wiedergegeben“, so Olgun weiter. Der Öffentlichkeit werde der Eindruck vermittelt, dass die Islamische Glaubensgemeinschaft ihre Mitglieder zur Verhüllung zwinge. „Dieser Versuch, die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich zum Spielball der Politik zu machen, wird auf das Schärfste verurteilt und wird unsere Gemeinschaft nicht beirren, weiterhin den wahren – von Freiwilligkeit und Überzeugung geleiteten – Islam zu predigen“, erklärt Olgun.

Leserkommentare

Kritika sagt:
L.S. Schade; diese Diskussion wird die Akzeptanz von Moslemen in Österreich nicht fördern. Eher werden Österreicher bedauern, dass die vielen Moslims, die bei Ihnen Schutz gesucht- und gefunden haben das damit danken, dass sie diskrimentierende und von vielen als abstossend empfundene Kleidervorschriften durchsetzen wollen. Gruss, Kritika
06.03.17
18:27
Ute Fabel sagt:
Mormonische Theologen kommen zum Ergebnis, dass Kaffee Trinken gegen den Willen Gottes ist. Theologen der in Österreich gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas glauben dasselbe betreffend Bluttransfusionen. Diese ganzen grotesken Regeln zeigen doch vor allem eines: Nicht Gott hat den Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen, sondern umgekehrt, verschiedene Theologen haben ihre diversen Götter und deren angeblichen Willen bloß ausgedacht. Es ist gut, wenn auch Politiker keinen falschen Respekt vor solcher Scharlatanerie mehr zeigen, und klar Position beziehen, gerade wenn es um geschlechtsdifferenzierende angebliche Gebote geht. Gratulation an Frau Duzdar und Herrn Kurz! Kante zeigen statt anbiedern. Respekt muss immer verdient sein.
06.03.17
20:44
Andreas sagt:
Was die Gemüter sich wieder erhitzen, weil es ein Gutachten gibt, dass muslimische Frauen sich mehr zu verhüllen haben, als die Nicht-Muslime dies gut finden. Dabei braucht es Nicht-Muslime gar nicht weiter zu belasten, wenn muslimische Frauen glauben, dass sie z.B. ein Kopftuch tragen müssen. In einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft sollte jede Frau sich so anziehen können, wie sie das möchte. Man kann doch nicht immer alles verbieten, was einem nicht gefällt. Aber tatsächlich geht es den "Kopftuchkritikern" auch gar nicht um das Kopftuch. Eigentlich wollen sie im Grunde des Islam verbieten. Entsprechende gelegentliche Vorstöße in diese Richtung (wenn z.B. der Islam als ganzes zur politischen Ideologie erklärt wird, um Muslimen die Religionsfreiheit zu verwehren, obwohl der sog. politische Islam lediglich eine Auslegung unter vielen ist)) zeigen das deutlich.
07.03.17
18:48
Manuel sagt:
@Andreas; Die IGGiÖ ist derzeit stark vom türkischen Islam der AKP-Islamisten geprägt. Außerdem gibt es Islamwissenschaftler, wie Ednan Aslan die Ihnen und der IGGiÖ komplett widersprechen, die sollten Sie einmal lesen, statt die Mitteilungen von solchen Vereinen.
08.03.17
19:14
Ute Fabel sagt:
Ich nehme mir auch die Freiheit vor dem Kastensystem im Hinduismus nicht den geringsten Respekt zu haben, sondern es stattdessen ohne Wenn und Aber abzulehnen, obwohl ich kein Hindu bin. Das Kastensystem belastet mich auch als Nicht-Hindu sehr. Die Grundfreiheit der öffentlichen Meinungsäußerung darf vor diskriminierenden religiösen Dogmen - welcher Konfession auch immer - keinesfalls haltmachen.Kante zeigen statt anbiedern! Respekt muss immer verdient sein.
09.03.17
7:37
Andreas sagt:
@Ute Fabel: Natürlich steht es Ihnen zu, im Rahmen der Meinungsäußerungsfreiheit zu sagen, dass Sie es doof finden, wenn Frauen aus religiösen Gründen Kopftuch tragen müssen (oder glauben, dies tun zu müssen!). Etwas anderes ist es aber, wenn Sie Frauen, die aus religiösen Gründen Kopftuch tragen möchten, dies zu verbieten. Das hat nichts mehr mit Meinungsäußerungsfreiheit zu tun. Das ist dann Unrecht und Diskriminierung.
09.03.17
13:55
Andreas sagt:
@Manuel: Was wollen Sie mir damit sagen, dass es Islamwissenschaftler gibt, die der IGGiÖ komplett widersprechen?
09.03.17
13:56
Manuel sagt:
@Andreas: Ja genau das will und die auch bezüglich Kopftuch anderer Meinung sind, als Sie und die IGGiÖ, informieren Sie sich!
10.03.17
11:35
Manuel sagt:
@Andreas: Säkularismus bzw. Laizismus ist nicht Diskriminierung, wenn es für alle gilt, wie in Frankreich, dies wollen uns die div. Islamverbände ständig nur einreden, weil ihnen der Säkularismus nicht passt, das ist die Realität.
10.03.17
11:37