Trotz massiver Kritik und Klagen verhängt Donald Trump ein neues Einreiseverbot. Der sonst um keine Twitternachricht verlegene Präsident schweigt selbst – und lässt anderen den Vortritt. Was ist diesmal anders?
Donald Trump tritt nicht vor die Presse. Er macht kein großes Aufheben wie sonst, wenn er Dekrete mit viel Pomp und unter dem permanenten Klicken von Kameraauslösern unterzeichnete. Der neue Einreisestopp kommt am Montagmittag, der Präsident scheut das Licht der Öffentlichkeit. Wieder sind von dem Verbot ganz überwiegend Muslime betroffen, wieder werden Flüchtlinge ausgesperrt. Trotz Kritik aus aller Welt und trotz zahlreicher Klagen vor Gericht ist klar: Donald Trump bleibt bei seiner harten Linie.
Im Gegensatz zum ersten Dekret vom 27. Januar wird der neue präsidiale Erlass nicht sofort in Kraft treten, sondern erst am 16. März. Damit will die Regierung verhindern, dass sich in den nächsten Tagen erneut chaotische Szenen an den Flughäfen abspielen. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:
Wer ist von dem neuen Verbot betroffen?
Menschen aus dem Sudan, Syrien, dem Iran, Libyen, Somalia und dem Jemen, die nach dem 16. März in die USA einreisen wollen und die bis zu diesem Tag kein gültiges Visum ausgestellt bekommen haben. Wer bis zum 27. Januar, also dem Tag des ersten Einreisestopps, über ein Visum verfügte, wird ins Land gelassen. Damals waren einige bereits erteilte Aufenthaltsgenehmigungen annulliert worden. Menschen, die davon betroffen waren, können sich also jetzt legal in den USA aufhalten.
Der Irak ist diesmal ausgenommen, warum?
Außenminister Rex Tillerson sagt, das Land sei ein wichtiger Verbündeter im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Tatsächlich musste sich vor allem das Pentagon nach dem ersten Einreiseverbot vorhalten lassen, dass Menschen ausgesperrt würden, die Seite an Seite mit dem amerikanischen Militär kämpften. Trumps Beraterin Kellyanne Conway erklärte am Montagmorgen, der Irak habe seine Sicherheitsüberprüfungen ausgeweitet und sei deshalb nicht auf der Liste. Es ließ sich zunächst nicht klären, ob diese Begründung stimmt.
Für wen gilt der Stopp des Flüchtlingsprogramms?
Grundsätzlich für alle Flüchtlinge. Es gibt aber Ausnahmen. Menschen, deren Einreise schon geplant ist, werden nach wie vor ins Land gelassen. Und auch jene, denen bereits Asyl oder ein Flüchtlingsstatus gewährt wurde, können wieder einreisen, wenn sie derzeit nicht in den USA sind. Das Außen- und das Heimatschutzministerium können außerdem in Einzelfällen weitere Ausnahmen gewähren.
Was ist an dem neuen Dekret anders?
Der Irak ist ausgenommen. Zudem stellt das Papier diesmal ausdrücklich klar, dass Menschen mit einem permanenten Aufenthaltsstatus nicht betroffen sind. Das war beim ersten Verbot nicht so, was mit zu dem Chaos an den Flughäfen beitrug und auch in den Gerichtsverfahren angekreidet wurde.
Was ist mit Klagen?
Es wird wohl neue geben. Menschenrechtsorganisationen haben bereits ihren Widerstand angekündigt. Die US-Regierung sagt aber, das neue Dekret sei juristisch nicht angreifbar und beharrt darauf, dass das Verbot an sich im Einklang mit der Verfassung ist.
Gibt es eine konkrete Bedrohung als Anlass für das Einreiseverbot?
Nach allem, was man weiß, kann das ausgeschlossen werden. Die Regierung sagt zwar, dass das FBI gegen rund 300 Flüchtlinge wegen Terrorismusverdacht ermittle. Ein hochrangiger Regierungsvertreter wollte aber am Montag auch auf wiederholte Nachfrage nicht sagen, wie viele dieser Flüchtlinge tatsächlich aus den betroffenen Ländern stammen.
Ein Papier aus dem Ministerium für Heimatschutz, über das die „New York Times“ vor einigen Tagen berichtet hatte, widerspricht der Annahme, dass von den sechs Ländern erhöhte Terrorgefahr ausgehe. Die Staatsbürgerschaft sei wahrscheinlich kein verlässlicher Indikator für mögliche terroristische Aktivitäten, heißt es darin.
Kann die Einreise auch schon vor dem 16. März verweigert werden?
Ja. Das Heimatschutzministerium wies am Montag noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass es Grenzbeamten jederzeit möglich ist, Menschen trotz eines gültigen Visums abzuweisen.
Was ist nach den 90 Tagen, beziehungsweise nach den 120 Tagen?
Das ist nach unklar. Möglich ist, dass die Verbote danach außer Kraft gesetzt werden. Möglich ist aber auch, dass sie noch einmal verlängert werden. Die US-Regierung sagt, man brauche diese Zeit, um schärfere Sicherheitsüberprüfungen einzuführen. Die Hürden für eine Einreise sind allerdings schon jetzt sehr hoch. Flüchtlinge etwa müssen mehrere strenge Hintergrundchecks durchlaufen. Nicht selten harren sie jahrelang in Camps aus, bevor sie in die USA einreisen dürfen. Es ist unklar, wie die Regierung die Maßnahmen verschärfen will.
Hat sich Trump selbst in irgendeiner Weise zu dem neuen Dekret geäußert?
Nein und das ist sehr interessant. Der Präsident ließ am Montag anderen den Vortritt. Außenminister Rex Tillerson gab gemeinsam mit seinen Kollegen John Kelly (Heimatschutz) und Jeff Sessions (Justiz) ein knappes Statement vor der Presse ab. Das kann man als Signal werten, dass Trump sein Kabinett diesmal mehr in den Prozess einbezogen hat. Beim ersten Dekret hatte er den ganzen Apparat regelrecht überrumpelt, es war von seinem innersten Zirkel geschrieben worden, die wichtigsten Ministerien blieben außen vor. Man kann das Schweigen des Präsidenten aber auch so interpretieren, dass er sich bewusst distanziert, um nicht im Zentrum weiterer negativer Berichterstattung zu stehen. (dpa, iQ)