Kopftuchverbot am Arbeitsplatz

EuGH: „Arbeitgeber können Kopftuch unter Umständen verbieten“

Ein Unternehmen kann das Tragen von politischen, philosophischen und religiösen Zeichen unter bestimmten Umständen verbieten. Das entschied nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg.

14
03
2017
Kopftuchverbot
Symbolbild: Muslimin mit Kopftuch © Shutterstock, bearbeitet by iQ.

Arbeitgeber können das Tragen eines Kopftuchs untersagen, wenn weltanschauliche Zeichen generell in der Firma verboten sind und wenn es gute Gründe gibt. Das entschied der Europäische Gerichtshof am Dienstag in Luxemburg (Rechtssachen C-157/15 und C-188/15). In Deutschland sind Kopftücher am Arbeitsplatz im Prinzip erlaubt, Einschränkungen sind aber möglich. Bei der Beurteilung müssen sich deutsche Gerichte künftig an die Klarstellungen des EuGH halten.

Anlass der Urteile sind Klagen muslimischer Frauen. In Belgien war der Rezeptionistin Samira A. nach drei Jahren Arbeit in einem Sicherheitsunternehmen entlassen worden, als sie ankündigte, das Kopftuch künftig auch während der Arbeitszeit tragen zu wollen. Das widersprach jedoch der internen Arbeitsordnung, die sichtbare Zeichen von „politischen, philosophischen oder religiösen Überzeugungen“ nicht erlaubte.

Unter diesen Umständen stelle ein Kopftuchverbot keine unmittelbare Diskriminierung dar, erklärten die Luxemburger Richter. Allerdings könne es um „mittelbare Diskriminierung“ gehen, also eine Regelung, die Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung besonders benachteiligt. Dies könne jedoch gerechtfertigt sein, etwa um politische, philosophische oder religiöse Neutralität gegenüber Kunden zu wahren. Relevant sei auch, ob die Regelung nur Angestellte mit Kundenkontakt betrifft.

Etwas unklarer ist der Fall aus Frankreich. Asma B. verlor ihren Job als Software-Designerin bei einem Unternehmen, nachdem ein Kunde sich beschwert hatte, weil sie mit Kopftuch arbeitete. Hier sei unter anderem nicht klar, ob das Tragen des Tuchs gegen unternehmensinterne Regelungen verstoße, so die Richter. Das Verbot sei hingegen nicht gerechtfertig, wenn es allein aus dem Willen des Arbeitgebers entstehe, den Wünschen eines Kunden zu entsprechen, der seine Leistungen nicht von einer Frau mit Kopftuch erbringen lassen wolle.

Die konkreten Einzelfälle von Samira A. und Asma B. müssen nun Gerichte in Belgien und Frankreich nach Maßgabe der Luxemburger Richter entscheiden. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
@Manuel Sie verwechseln Säkularismus mit Laizismus. Säkularismus bedeutet nicht das Verbot des Bekundens von Religiosität im öffentlichen Raum. Ganz im Gegenteil. Unsere säkulare Rechts-und Werteordnung erlaubt das Bekunden von Religiosität auch im öffentlichen Raum, wozu auch der Arbeitsplatz gehört. Auch das habe ich schon mehr als einmal erläutert. Dass mit dem Urteil des EuGH alle Religionen gleichermaßen diskriminiert werden ändert nichts am Tatbestand der Diskriminierung.
30.03.17
14:23
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel (Ihr P 27.03.2017, 10:36) -- "Die Hautfarbe kann man nicht ändern. Das Alter auch nicht. Religiöse und Weltanschauliche Dogmen hingegen sind keine Naturgesetzlichkeiten, sondern unterliegen dem Wandel." (Ute Fabel). Das zeigt ein erschreckend reduziertes Verständnis dessen, was eine Religion für einen gläubigen Menschen bedeutet. Wer überzeugter gläubiger Christ ist, der ist es nicht wegen dem Zeitgeist. Wer überzeugter gläubiger Muslim ist, der ist es ebenfalls nicht wegen dem Zeitgeist. Echter tiefer gelebter Glaube hat nichts mit dem Zeitgeist zu tun. Und diesen Glauben kann man auch nicht einfach morgens beim Pförtner abgeben und abends nach Feierabend wieder mitnehmen.
30.03.17
15:34
Manuel sagt:
@Johannes Disch: Und warum dürfen dann nicht-religiöse Weltanschauung diskriminiert werden? Sowas ist eine Ungleichbehandlung sondergleichen? Eine Moslema darf ihre Symbole vor sich her tragen, ein Kommunist nicht, ist das gerecht? Der EUGH macht hier dankenswerterweise keinen Unterschied.
31.03.17
11:10
Manuel sagt:
@Johannes Disch: Aber beispielweise von einem Kommunisten fordern Sie schon, dass er morgens beim Pförtner seine Überzeugungen abgeben muss!
31.03.17
11:13
Ute Fabel sagt:
Ich setze intellektuelle Wendigkeit auch bei religiösen Menschn voraus! In der evangelischen Kirche ist das Frauenordinat nun schon selbstverständlich, auch wenn dieses im Christentum jahrhunderlang verpönt war. Auch katholische Gemeinden versuchen sich immer öfters mit weiblichen Ministranten. Vermeintliche religiöse Gesetze sind abänderbar. Der Arbeitsplatz ist NICHT öffentlicher Raum. Im Sinne des Eigentumsrechts, das unter Grundrechtsschutz steht, sind Unternehmen befugt Arbeitsordnungen zu erlassen. Wenn ein Betrieb bei allen Religions- und Weltanschauungsangehörigen diejenigen bevorzugt, die ihre Gesinnung nicht auffällig zur Schau stellen, verhält er sich diskriminierungfrei und leistet einen wertvollen Beitrag zum Hinterfragen von Dogmen und damit zu mehr Offenheit.
31.03.17
11:32
Johannes Disch sagt:
Der Arbeitsplatz ist öffentlicher Raum. Der Arbeitgeber kauft in erster Linie die Arbeitskraft des Arbeitnehmers und nicht seine Weltanschauung oder Religion. Der Arbeitgeber ist kein Halbgott und kann nicht über Grundrechte des Arbeitnehmers entscheiden. Beides ist zu beachten: Die Grundrechte des Arbeitnehmers und die Rechte des Arbeitgebers. Zwischen beiden ist in jedem konkreten Einzelfall eine Abwägung zu treffen. Grundsätzlich dürfen religiöse Symbole am Arbeitsplatz getragen werden. So ist unsere Rechtslage. Daran hat sich auch durch das unselige EuGH-Urteil nichts geändert.
31.03.17
14:16
black sagt:
Disch: "Wann werden wir endlich verstehen, dass es nicht entscheidend ist, was jemand auf dem Kopf trägt, sondern was jemand im Kopf hat? Meistens tragen die Leute schon nach außen was sie im Kopf haben. In diesem Fall das Kopftuch und damit ein rassistisches Gedankengut, daß den weiblichen Körper für sündig und den Mann als Krone der Schöpfung betrachtet.
02.04.17
10:34
grege sagt:
Ohne dieses Urteil wären sämtliche Kleiderordnungen von Unternehmen, die nicht durch Gesundheits- und Unfallschutz veranlasst sind, durch Verweis auf auf Religion- und Weltanschauungsfreiheit hinfällig. Ein Bankkaufmann im Punkerlook kann ebenso hervorragend seine Kunden beraten, so dass unter diesem Gesichtspunkt unternehmenseigene Vorschriften für Krawatten- oder Anzugszwang hinfällig wären. Und genau zu dieser Tatsache habe ich von Ihnen, Herr Disch, bisher noch kein Sterbenswörtchen eines Gegenargumentes entgegennehmen können. Stattdessen polemisieren Sie mit Vorwürfen der Haarspalterei sowie der Konstruktion von abwegigen Fällen. Genau diese muss jedoch ein Gericht in Betracht ziehen bei der Ausarbeitung eines wegweisenden Urteils.
02.04.17
19:57
grege sagt:
@ Herr Disch. Ihre Aussage "Weg mit dem Dirndl im "Andechser." Ein Gast könnte ja etwas gegen Bayern haben und das Dirndl als politisches oder weltanschauliches Symbol deuten....." offenbart Ihre Verständnisdefezite Ihres Urteilsspruches. Das EugH hat hier nämlich genau klargestellt, dass Kundenbeschwerden für das Verbot eines bestimmten Kleidungsstückes nicht ausreichend sind. Entscheided ist vielmehr die Tatsache, dass solche Verbote für alle Mitarbeiter unabhänging von religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen zu gelten haben. Und hier gibt es nun mal keine Extrawurst für den Islam, so dass ich die Empörung von Ihnen und anderer Forenteilnehmer nur bedingt nachvollziehen kann.
02.04.17
20:04
grege sagt:
@ Herr Disch "Religion lässt sich nicht verbieten. Wer alt ist, der ist eben alt. Wer homosexuell ist, der ist eben homosexuell. Und wer gläubig ist, der ist eben gläubig." Hier schmeißen Sie aber Kraut und Rüben durcheinander
02.04.17
20:07
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