In der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe engagieren sich viele Gläubige. Eine aktuelle Studie zeigt, dass die größte Gruppe der Helfer Muslime sind. Experten sehen diese Helfer als wichtige Brückenbauer.
Muslime in Deutschland sind einer aktuellen Umfrage zufolge häufiger in der Flüchtlingshilfe aktiv als Angehörige anderer Religionen oder Konfessionslose. So gaben 44 Prozent aller von der Bertelsmann-Stiftung im Land befragten Muslime an, sich im vergangenen Jahr für Geflüchtete engagiert zu haben. Bei den Christen gaben 21 Prozent diese Antwort, bei den Konfessionslosen 17 Prozent. Insgesamt hat sich ein Fünftel der deutschen Bevölkerung 2016 für die Neuankömmlinge engagiert.
Die am Montag vorgestellten Daten sind Auftakt einer geplanten Reihe von Veröffentlichungen. Sie stammen aus dem dritten Religionsmonitor der Stiftung, für den in mehreren Ländern mehr als 10 000 Menschen befragt werden. Damit soll die Rolle von Religion für den gesellschaftlichen Zusammenhang untersucht werden.
Bei den allermeisten der für die Auftaktstudie Befragten in Deutschland ging die Hilfe dabei über ein einmaliges Engagement hinaus: Mehr als ein Drittel der Konfessionslosen gab sogar an, mindestens einmal wöchentlich in der ehrenamtlichen Hilfe für die Neuankömmlinge aktiv zu sein. Unter Muslimen lag dieser Anteil bei 28 Prozent, bei den Christen war es jeder Fünfte.
Einen Grund für das stark ausgeprägte Engagement muslimischer Menschen für Flüchtlinge sehen die Experten der Bertelsmann-Stiftung in der geteilten Herkunft: So haben besonders viele der ehrenamtlichen muslimischen Flüchtlingshelfer Wurzeln in den Herkunftsregionen der Geflüchteten, etwa in Ländern wie Afghanistan, Pakistan oder Bangladesh. Viele stammen auch aus dem Nahen Osten.
Sie brächten sprachliche, seelsorgerische wie kulturelle Kompetenzen mit, die in der Arbeit mit Flüchtlingen besonders erwünscht und nun häufig erstmals wertgeschätzt würden, so die Studienautoren. Muslimische Ehrenamtliche seien dadurch w„ichtige Brückenbauer in unsere Gesellschaft“. Die Sorge, Muslime oder Christen in der Flüchtlingshilfe könnten ihren Einsatz für religiöse Einflussnahme missbrauchen, bestätige sich dagegen nicht: Allenfalls bei einem Bruchteil (1 bis 2 Prozent) der Engagierten zeige sich ein ausgeprägtes Sendungsbewusstsein. Die überwiegende Mehrheit sei offen für andere Religionen.
Die Umfrage gibt auch Aufschluss über weitere Aspekte, die die Einsatzbereitschaft für die Neuankömmlinge beeinflussen: So gaben 22 Prozent der Westdeutschen an, in der Flüchtlingshilfe aktiv gewesen zu sein, aber nur 14 Prozent der Menschen aus Ostdeutschland. Es zeigt sich allerdings, dass diejenigen, die sich im Osten für Geflüchtete engagieren, dies tendenziell mit höherem Zeitaufwand tun als im Westen. Außerdem kommt die Hilfe häufiger von Frauen als von Männern. Ebenso zeigen die Daten: Je besser die Ausbildung und die wirtschaftliche Lage, desto eher ist jemand für Flüchtlinge aktiv.
Im Zuge der Flüchtlingswelle leisteten muslimische Moscheegemeinden, Vereine und Initiativen ihre Hilfe weitgehend ehrenamtlich. In der Regel richten sich die Angebote nicht nur an Muslime. Die muslimischen Träger unterhalten Notunterkünfte und bieten Sozialberatung an. Sie begleiten Flüchtlinge bei Behördengängen und helfen bei der Wohnungssuche. Im März 2016 gründeten der Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland (IR), der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) und die Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden (IGS) den „Verband Muslimische Flüchtlingshilfe“ (VMF) in Frankfurt. Ziel des Verbandes ist es, die bereits bestehende Flüchtlingsarbeit der Mitgliedsorganisationen zu koordinieren und auszubauen. (dpa, iQ)