Vorbilder, die uns positiv stimmen, sind heute wichtiger denn je. In der neuen IslamiQ-Reihe möchten wir einige dieser muslimischen Vorbilder vorstellen. Tuğrul Ismail Kurt schreibt über seines: Ibn Battuta.
Wenn man nach Weltreisenden fragt, fällt einem unter anderem Marco Polo ein. Das hat seinen Grund: Marco Polo ist bekannt für seine Reisen und seine Abenteuerlust, er ist der erste Europäer, der so viele Meilen zurückgelegt und fremde Kulturen, wie zum Beispiel China, bereist und Schriften darüber verfasst hat. Doch vergleicht man Marco Polo mit Ibn Battuta, so sieht man, dass dieser weitaus mehr Orte bereiste als Marco Polo.
Ibn Battutas Geschichten sind so abenteuerlich, dass sie fast märchenhaft wirken. Dies erfahren wir in seiner Chronik „ar-Rihla“. Sein Werk liefert wichtige Informationen über die damals bekannte islamische Welt des 14. Jahrhunderts. Wir erfahren darin vieles über islamische Herrscher und die kulturell-religiöse Landschaft Anatoliens. Außerdem liefern seine Berichte einen Einblick in das muslimische Denken und das Leben eines Muslims im 14. Jahrhundert.
Angefangen hat Ibn Battutas große Reise mit der Pilgerfahrt nach Mekka, die er im Alter von 21 Jahren vollzog. Während dieser erkannte Ibn Batutta seine Lust am Reisen, sodass er es sich zur Aufgabe machte, die Welt zu entdecken. Nach seiner Pilgerfahrt legte er in knapp 30 Jahren mehr als 120.000 Kilometer zurück und notierte diese in seinem Werk „ar-Rihla“. Eine spannende und ereignisreiche Reise in damals noch nicht erkundete Weltgegenden und Kulturen.
Ibn Battuta wählte nicht den üblichen Weg der Karawane, die nach Mekka zog, sondern eine alternative Route. Nachdem er in der Hafenstadt Aidhab am Roten Meer angekommen war, musste er wegen eines Aufstandes wieder nach Kairo zurück, um einen weiteren Umweg nach Damaskus zu unternehmen. Ob er diese Umwege allein wegen der Wanderlust machte oder die Absicht hatte, andere, ebenfalls heilige, Gebetsstätten wie Jerusalem zu besuchen, ist nicht gewiss. Fakt ist aber, dass er nach seiner Pilgerreise weiter nach Basra, Isfahan, Bagdad, Buchara, Semerkand und andere wichtige islamische Zentren der damaligen Zeit reiste.
Auf einer seiner Reisen traf Ibn Battuta auf eine Karawane des Herrschers Uzbeg und freundet sich mit Bayulan an. Sie war eine der vier Frauen von Uzbeg und die Tochter des byzantinischen Kaisers Andronikos III. Der Herrscher Uzbeg erlaubte es ihr nicht, ihre Verwandten in Konstantinopel zu besuchen. Als allerdings Ibn Battuta sich als Begleiter anbot, stimmte der Herrscher zu. Ibn Battuta wusste, dass es eine einmalige Gelegenheit für ihn war, als Muslim Konstantinopel, in Begleitung der Prinzessin, zu betreten. Das verschaffte ihm sogar eine Audienz beim Kaiser.
Dies macht Ibn Battuta zu einer wichtigen Persönlichkeit der islamischen Geschichte, zumal er durch seine Kühnheit und Redegewandtheit das volle Vertrauen der Herrscher seiner Zeit bekam, von denen einige, wie der Kaiser von Konstantinopel, fortwährend schwere Verluste seitens muslimischer Belagerer eingesteckt hatten.
Auch wenn Ibn Battuta in der muslimischen Welt leider noch lange nicht so bekannt ist wie Evliya Çelebi oder Ibn Fadlân ist er für mich, insbesondere in der heutigen Zeit der Moderne und der Globalisierung, ein Vorbild. Seine Reiselust und sein Forschungstrieb rührten vom Streben nach Wissen her. Ibn Battuta personifiziert das Zusammenspiel von Reiseerfahrung und gelehrtem Wissen. Seine Reiselust war nicht nur bloßes Abenteuer, sondern ein religiös-wissenschaftliches Unterfangen. Schließlich nannte er sein Buch „ar-Rihla“, eine Bezeichnung im Arabischen, die für religiös motiviertes Reisen verwendet wird. Ibn Battuta hat es geschafft, die islamische Mystik und Jurisprudenz mit seiner abenteuerfreudigen Wanderlust zu vereinen. Auch aus diesem Grund ist Ibn Battuta noch heute ein Vorbild – nicht nur für Muslime, sondern für die ganze Welt.