Der ehemalige UN-Sonderberichterstatter, Heiner Bielefeldt, beobachte derzeit eine Islamabwehr in Deutschland. Politische Forderungen seien momentan nicht gut durchdacht und träfen die Falschen.
Der frühere UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit, Heiner Bielefeldt, hat zu einer differenzierten Islam-Debatte aufgerufen. Er beobachte in Deutschland derzeit „Tendenzen kulturkämpferischer Islamabwehr“, schreibt er am Dienstag in einem „Zwischenruf“ auf dem Internetportal katholisch.de. Die Deutsche Kommission Justitia et Pax will mit dieser Reihe einen Beitrag zur Debatte vor der Bundestagswahl im September leisten. Bielefeldt ist dort Moderator für den Bereich Menschenrechte.
Viele aktuelle Forderungen seien wenig durchdacht, schreibt Bielefeldt. Maßnahmen gegen den Terror könnten nur erfolgreich sein, „wenn sie sich gezielt auf diejenigen richten, von denen die Gefahr ausgeht, also auf die mutmaßlichen Gewalttäter und ihre unmittelbaren ideologischen Unterstützer.“ Wer die Terrorabwehr dagegen mit einer generellen Ablehnung von Muslimen verknüpfe, der trage zu einer Spaltung der Gesellschaft bei. Etwa das Burkini-Verbot, das im vergangenen Jahr zwischenzeitlich in Frankreich verhängt worden war, stehe „in keinem nachvollziehbaren Sachzusammenhang mit der bestehenden Terrorgefahr“.
In Deutschland sei etwa die Forderung nach deutschsprachigen Predigten in muslimischen Gemeinden kritisch zu bewerten, so der Experte. Konsequenterweise müssten dann auch katholische Gottesdienste in polnischer oder italienischer Sprache verboten werden: „Mit der Religionsfreiheit wäre all dies nicht vereinbar.“ Am verheerendsten seien Forderungen nach einer Art „Sonderbekenntnis zur deutschen Verfassung“ durch Muslime. „Wenn man sich auf die Logik des pauschalen Verdachts einlässt, die hinter solchen Forderungen steckt, gibt es kein Halten mehr“, mahnt Bielefeldt.
Es gebe durchaus manches zu klären, betont der Menschenrechtler, etwa im Hinblick auf die Zusammenarbeit des Staates mit dem deutsch-türkischen Moscheeverband DITIB. Dies könne jedoch nur im Dialog auf Augenhöhe gelingen. Es brauche „Gesprächsformate, die sich auf konkrete politische Themen beziehen“ – und die Bereitschaft zur genauen Analyse. (KNA, iQ)