Dürfen Unternehmen religiöse Symbole am Arbeitsplatz verbieten? Ja, sagt ein Justizexperte – aber es gibt Bedingungen. Er verweist auf ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs.
Darf die Kundenberaterin eines Drogeriemarkts ein Kopftuch tragen? Diese Frage soll das Arbeitsgericht in Heidelberg am (heutigen) Mittwoch klären. Der Arbeitsrechts-Experte Thomas Färber sagt im Interview der Deutschen Presse-Agentur: „Es dürfen zwischen den jeweiligen religiösen Symbolen keine Unterschiede gemacht werden.“
Darf die Geschäftsführung ein Kopftuch verbieten?
Thomas Färber: Das kommt auf den Einzelfall an. Allerdings hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) jüngst entschieden, dass Arbeitgeber das Tragen eines Kopftuches untersagen dürfen, wenn im jeweiligen Unternehmen das sichtbare Tragen jedes politischen, philosophischen oder religiösen Zeichens gleichermaßen untersagt ist. Die Einschränkung muss also für alle Mitarbeiter gelten – unabhängig von der Glaubenszugehörigkeit. An diese Feststellungen des EuGH müssen sich auch deutsche Gerichte und deutsche Geschäftsführungen halten.
Gibt es Unterschiede zwischen verschiedenen Verschleierungen?
Färber: Das EuGH-Grundsatzurteil wird abstrakt gelten, unabhängig von der konkreten Form der Verschleierung oder eines anderen religiösen Zeichens. Im Einzelfall müssen aber auch objektive Gründe berücksichtigt werden, etwa der Unfallschutz. So könnte denkbar sein, dass zum Beispiel eine Vollverschleierung aus Sicherheitsaspekten bei bestimmten Tätigkeiten nicht akzeptiert werden kann.
Welche Kleidung darf ein Unternehmen überhaupt verbieten?
Färber: Grundsätzlich kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts die Kleidung der Arbeitnehmer bestimmen. Diese Bestimmungen müssen aber angemessen und zumutbar sein. Wenn der Arbeitgeber bestimmte Kleidungen oder Symbole verbietet, darf dies zu keiner Diskriminierung einzelner führen. Unter dieser Voraussetzung ist der Arbeitgeber grundsätzlich auch berechtigt, bestimmte Kleidung anzuordnen. So wird der Banker im Anzug oder die Bankerin im Kostüm erscheinen müssen, die Zahnarzthelferin in üblicher Praxiskleidung – und der Rettungssanitäter in entsprechender Einsatzkleidung. (dpa, iQ)
Das Interview führte Wolfgang Jung.