Religionsgemeinschaft

Zentralrat der Juden gegen Kopftuchverbot und Islamgesetz

Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden Josef Schuster spricht sich gegen ein Kopftuchverbot für Beamtinnen und gegen ein Islamgesetz aus. Solche Forderungen würden das religiöse Leben in Deutschland bedrohen.

22
04
2017
Freiheit Schriftsteller © by blu-news.org auf flickr.com (CC BY 2.0), bearbeitet IslamiQ

Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat sich gegen ein Kopftuchverbot und gegen ein Islamgesetz ausgesprochen. Der „Welt am Sonntag“ sagte Schuster: „Ich halte ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst für problematisch. Im Übrigen glaube ich nicht, dass es mit dem Grundgesetz vereinbar ist.“

Schusters Nein für ein Kopftuchverbot gilt auf für Staatsvertreter. Beamte sollten „die Zeichen ihrer Religion so lange tragen dürfen, so lange sie ihre Entscheidungen neutral fällen und sich neutral verhalten“, sagte er. Auch von einem Islamgesetz, dessen Verabschiedung einige CDU-Politiker fordern, hält der Repräsentant der Juden in Deutschland nichts. „Wir sollten davon absehen, für einzelne Religionsgemeinschaften spezielle Gesetze zu schaffen.“ Allerdings müsse angestrebt werden, dass in allen Gotteshäusern in Deutschland auf Deutsch gepredigt werde.

Gegen die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft hat der Zentralratsvorsitzende ebenfalls Bedenken. „Viele Politiker meinen offenbar, allein das Ablegen des zweiten Passes verändere die Denkweise. Das halte ich allerdings für fragwürdig.“ Schuster sieht in der Diskussion über Kopfbedeckungen oder auch das rituelle Schlachten von Tieren ein Zeichen der zunehmenden Intoleranz gegenüber dem religiösen Leben in Deutschland. „Viele machen sich nicht klar, dass damit die Religionsfreiheit angegriffen wird und dass – wird diese Haltung stärker – muslimisches Leben in Deutschland genauso bedroht wird wie jüdisches Leben“, so Schuster gegenüber der „Welt am Sonntag“. (KNA/iQ)

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
Es ist erfreulich, dass hier Juden und Muslime an einem Strang ziehen. Es braucht auch kein gesondertes "Islamgesetz." Das würde doch sehr an die unseligen "Nürnberger Gesetze" im Dritten Reich erinnern. Ein Sondergesetz für eine bestimmte Religion. Wir haben das Grundgesetz, das in Art. 4 die Religionsfreiheit für alle Religionen regelt und garantiert. Das genügt völlig.
22.04.17
18:20
Bernd M sagt:
Auf der Seite der Richterinnen wünsche ich mir weiterhin kein Kopftuch. Es wird mit der Robe und die dazugehörige Kopfbedeckung eine Neutralität hergestellt. Das sollte so bleiben. Es gehört für mich auch zu der Toleranz gegenüber den Einheimischen, dass nicht alles was evtl. möglich wär auch gemacht werden muss.
22.04.17
21:50
Ute Fabel sagt:
Der Umstand, dass in den allermeisten Firmen Abzeichen von politischen Parteien (von der AfD bis zur Linkspartei) unerwünscht sind, bedroht die von der Verfassung gewährleisteten politischen Freiheitsrecht keineswegs in unangemessener Weise. Da ein Parteiabzeichenverbot im öffentichen Dienst und in der privaten Arbeitswelt selbstverständlich mit dem Grundgesetz vereinbar ist, gilt das auch für religiöse Kleidungsstücke und Symbole. In der Diskussion über Kopfbedeckungen oder auch das rituelle Schlachten von Tieren ist kein Zeichen einer zunehmenden Intoleranz gegenüber dem religiösen Leben in Deutschland zu sehen. Immer weniger Menschen sind allerdings bereit zu akzeptieren, dass sich manche Religionsvertreter anmaßen über dem gleichen staatlichen Recht für alle stehen zu wollen. Und das ist gut so!
24.04.17
10:25
all-are-equal sagt:
@ Johannes Disch: Juden und Moslems ziehen hier nicht an einem Strang, um gegen Diskriminierung aufzutreten sondern Herr Schuster begehrt scheinbar eine rechtliche Sonderbehandlung aus religiösen Gründen, die aber der Gleichheit vor dem Gesetz widerspricht. Das ist nicht erfreulich! Staatliche Tierschutzgesetze haben für alle zu gelten, ebenso das Neutralitätsgebot nach dem Berliner Neutralitätsgesetz im öffentlichen Dienst oder die Wahrung der körperlichen Unversehrtheit religionsunmündiger Minderjähriger. Religiöse Überzeugungen können keine Rechtfertigung sein einfach gegen staatliche Gesetze zu verstoßen, die für alle gelten. Da müssen die religiösen Traditionen entsprechend verändert werden. In der Lutherbibel steht in den Sprüchen 13:24: "Wer seine Rute schont, der haßt seinen Sohn; wer ihn aber liebhat, der züchtigt ihn bald." Das kann keinesfalls Rechtfertigung für Protestanten dienen, die eigenen Kinder körperlich zu züchtigen.
25.04.17
8:38
Rerun sagt:
Gegen das Sondergesetz §1631 Absatz 2 hatte Herr Schuster keine großen Einwände. Offenbar reicht es aus, wenn man die Religionsgemeinschaft, die man meint, im Gesetzestext nicht explizit erwähnt.
25.04.17
9:29
Johannes Disch sagt:
@All-are.... -- Staatliche Tierschutzgesetze haben für alle zu gelten..." ("all-are...") Das sieht der deutsche Gesetzgeber nun mal anders. Es gibt Ausnahmen. Und diese betreffen das rituelle Schlachten, das für Juden und Muslime erlaubt ist.
25.04.17
23:40
Johannes Disch sagt:
Schuster hat Recht. Ein pauschales Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst hätte vor dem Bundesverfassungsgericht wohl keinen Bestand. Zu der anderen absurden Forderung nach einem "Islamgesetz": Man stelle sich vor, jemand würde hier in Deutschland ein "Judengesetz" fordern-- der Aufschrei wäre zu Recht groß. Aber ein "Islamgesetz"-- Ja, aber sicher: Das hauen wir mal kurz so raus! Es betrifft ja "nur" Muslime....
26.04.17
10:25
Ute Fabel sagt:
Herr Schuster sagt "Wir sollten davon absehen, für einzelne Religionsgemeinschaften spezielle Gesetze zu schaffen.“ Das scheint ein bloßes Lippenbekenntnis zu sein. Warum hat der Zentralrat der Juden dann nach dem Kölner Beschneidungsurteil im Jahr 2012, in welchem erkannt wurde, dass es sich um hierbei um eine strafrechtswidrige Körperverletzung handelt, sogleich massiv Druck auf den Gesetzgeber so rasch wie möglich eine Spezialermächtigung für diese irreversible Amputation zu schaffen? Der Bundestagsabgeordnete Mehmet Kilic sprach hingegen im Juni 2012 von „einen Denkanstoß, der der Justiz in einem säkularen Staat durchaus zukommt“. IN Bezug auf seine eigenen Söhne äußerte er, es könne besser sein, wenn sie in späteren Jahren selbst entscheiden dürften, ob sie das Merkmal der muslimischen Religion tragen wollen oder nicht.
27.04.17
12:38