Hakenkreuz-Schmierereien im Ort. Neonazis, die sich im Nachbarhaus treffen. Flüchtlingshelfer, die bedroht werden. Wo Probleme mit radikalen Rechten auftauchen, hilft eine Mobile Beratungsstelle.
Patrick Fels erinnert sich an ein Paar, das sich auf Facebook positiv über die Aufnahme von Flüchtlingen geäußert hatte. „Plötzlich lag eine Traueranzeige vor ihrer Haustür. Die Einfahrt wurde beschmiert. Das Haus mit Eiern beworfen.“ Aber keine körperliche Gewalt, keine Straftaten. „Alles knapp unter der Schwelle, so dass die Polizei wenig tun konnte“, sagt Fels. Das Paar habe massiv gelitten. „Das ging bis hin zu Schlafstörungen und Angstzuständen.“
In der Mobilen Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus in Köln bekommt der Politikwissenschaftler viele solcher Geschichten zu hören. Vereine, Organisationen und Privatpersonen kontaktieren die Einrichtung bei Problemen. Davon gibt es viele: Proteste gegen Flüchtlingsheime, Konzerte von Neonazi-Bands oder rassistische Sprüche vom Kumpel aus dem Fußballverein. Die Mobilen Beratungsstellen gibt es bundesweit, fünf davon in Nordrhein-Westfalen, in jedem Regierungsbezirk eine.
„Die Mobile Beratung ist der zentrale Akteur in der Beratungsarbeit gegen Rechtsextremismus in NRW“, erklärt die Pressesprecherin des Familienministeriums Nordrhein-Westfalen, das die Beratung zusammen mit dem Bund fördert. Die Beratungsstelle gewinnt an Bedeutung. Laut Verfassungsschutzbericht stieg die Zahl politischer Straftaten von Rechtsextremen 2015 deutschlandweit auf 22 960 Fälle. Ein Jahr zuvor waren es 17 020. In NRW erhöhte sich die Zahl von 3286 (2014) auf 4437 (2015).
Damit sei auch der Bedarf an Beratung gestiegen, sagt der Referent des Bundesverbands für Mobile Beratung in Dresden, Michael Nattke. „Seit 2015 beobachten wir bundesweit eine starke Zunahme asylfeindlicher Bewegungen. Bürgermeister und Initiativen wollen wissen, wie sie mit asylfeindlichen Demonstrationen umgehen können“, berichtet er. Weitere Probleme gebe es dadurch, dass die rechtsextremistische Szene in Deutschland immer unübersichtlicher werde. „Es gibt immer mehr kleine Gruppen, die wir erst einmal einordnen müssen.“
Manchmal sei gar nicht mehr einzuordnen, woher der Rechtsextremismus komme, sagt Michael Sturm von der Mobilen Beratungsstelle in Münster. Habe es früher noch Gruppen gegeben, die klar erkennbar gewesen seien, würden Flüchtlingsinitiativen heute von allen Seiten angegriffen. „Anfeindungen werden zum Alltagsphänomen“, sagt Sturm. „Für uns ist das eine Herausforderung: Wie gehen wir damit um?“
Allerdings ist laut Sturm auch die Gegenbewegung stark. „Man darf sich nicht täuschen lassen von den lautstarken Reichsbürgern, die in den sozialen Netzwerken oft raumgreifend sind“, erklärt er. In jedem Dorf im Münsterland treffe die Beratungsstelle auf engagierte Menschen, die der Hetze entgegentreten wollten.
Wer mit rechten Anfeindungen zu tun hat, solle sich deshalb mit anderen vernetzen, rät Patrick Fels von der Beratungsstelle in Köln. „Man muss aktiv werden, sich Leute suchen, die einem den Rücken stärken. Die man im Notfall anrufen kann.“
Die Beratungsstelle unterstützt, bietet Hilfe zur Selbsthilfe. In Gesprächen mit den Betroffenen wird nach Lösungen gesucht. Im Fall des Paars, das eine Traueranzeige vor der Tür entdeckte, hat es funktioniert, allerdings mit Verzögerung. Nachdem es in ihrer Stadt Demonstrationen gegen Flüchtlinge gab, entstand eine breite Gegenbewegung. Die Betroffenen waren nicht mehr alleine. (dpa, iQ)