Wie christliche Prediger helfen auch muslimische Seelsorger vielen Gefangenen durch die schwere Zeit im Gefängnis. Derzeit leisten 24 Seelsorger den muslimischen Inhaftierten in Niedersachsen seelsorgerischen Beistand.
Nach Angaben des niedersächsischen Justizministeriums bieten derzeit sieben von vierzehn Gefängnissen regelmäßige muslimische Seelsorge an. Insgesamt sind 24 Seelsorger im Einsatz, die von den zwei islamischen Religionsgemeinschaften in Niedersachsen, DITIB und Schura vorgeschlagen wurden. Davon haben dreizehn Seelsorger islamische Theologie studiert, die restlichen elf sind erfahrene Laien. Christliche Gefangene haben in deutschen Gefängnissen schon länger religiösen Beistand durch Seelsorger.
„Vertrauen aufbauen, das dauert“, sagt Durmaz. Der 53-Jährige ist ehrenamtlich tätig, soll aber bald schon von der JVA Hannover unter Vertrag genommen werden. Er lächelt, ist ein bisschen stolz. Der erste vom Land angestellte muslimische Gefangenenseelsorger. Ein Vorstoß, wenn man bedenkt, dass der Staatsvertrag zwischen den Muslimen in Niedersachsen und der Regierung Anfang des Jahres noch auf Eis gelegt worden war. „Ich bin hier für religiöse Themen und nicht für Politik“, beteuert Durmaz.
Aber genau dort liegt das Problem. Stephan Weil (SPD) betonte im März, dass der Kurswechsel der türkischen Regierung problematisch sei für die Zusammenarbeit mit der DITIB. Man wisse nicht, wie weit die Verbindungen von DITIB in die Reihen der türkischen Regierung reichten. Der geplante Staatsvertrag, so wie es ihn bereits in Hamburg und Bremen gibt, hätte unter anderem die Gefängnisseelsorge formal regeln sollen. Dann wurde er in letzter Minute doch noch gekippt; ein Zeichen des Misstrauens in den Augen vieler Muslime.
Seit 2014 werden die ehrenamtlichen Seelsorger offiziell vom Land Niedersachsen berufen. Bewerber müssen sich einer Überprüfung durch das Landeskriminalamt unterziehen. Die angehenden Gefängnisseelsorger dürfen im ersten halben Jahr nur in Begleitung von Justizbeamten oder bestätigten Seelsorgern in Kontakt mit den Gefangenen treten. Weitere sechs Monate später prüft das Gefängnis erneut den Verlauf der Zusammenarbeit.
Das Justizministerium beurteilt die bisherige Erfahrung mit den niedersächsischen Landesverbänden von DITIB und Schura als „nach wie vor unproblematisch und konstruktiv“, ohne „sicherheitsrelevante Auffälligkeiten“. In Nordrhein-Westfalen hingegen sorgte eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung der DITIB-Seelsorger kürzlich erst für heftige Kritik bei den islamischen Religionsgemeinschaften. Ein Großteil der Imame verweigerte sich einer geforderten Überprüfung durch den Landesverfassungsschutz, die im September 2016 Pflicht wurde. Ihnen wurde daraufhin der Zugang zu den Gefängnissen durch das Landesjustizministerium verwehrt, was die Zahl der DITIB-Seelsorger von 115 im Februar 2015 auf 12 in diesem Jahr schrumpfen ließ. Wie es in den übrigen Bundesländern um die Gefängnisseelsorge steht, werde nicht erfasst, heißt es beim Bundesjustizministerium.
An diesem Freitag ist es im Gebetsraum der JVA Hannover vergleichsweise ruhig. Die Teppiche und Gebetsketten hatte Soner Durmaz damals für die Gefangenen mitgebracht. Er bietet den Muslimen seit gut sieben Jahren Beistand, feiert mit ihnen den Ramadan oder das Opferfest. Am Anfang kamen nur drei Inhaftierte, manchmal auch gar keiner. Mittlerweile ist die Gruppe auf etwa zwanzig Männer aus unterschiedlichen Ländern gewachsen, Tendenz steigend. (dpa, iQ)