Baden-Württemberg verabschiedet als erstes Bundesland eine gesetzliche Grundlage für ein Verbot von religiösen Symbolen im Gericht. Dabei gibt es aber umstrittene Ausnahmen.
Richter, Staatsanwälte und Rechtsreferendare im Südwesten dürfen künftig keine religiösen oder politischen Symbole im Gericht tragen. Ein entsprechendes Gesetz verabschiedete der Landtag am Mittwoch mit den Stimmen der grün-schwarzen Koalition und gegen das Votum von SPD und FDP. Die AfD enthielt sich der Stimme. Somit sind Kopftücher oder Kippas für Berufsrichter tabu. Das Gesetz schaffe Rechtssicherheit, sagte Justizminister Guido Wolf (CDU). Es verhindere, dass Verfahrensbeteiligte das Gefühl bekommen könnten, dass jemand entscheide, der religiös oder der politisch nicht neutral sei.
Die Opposition warf der Koalition vor, sie differenziere ohne Grund zwischen Berufsrichtern einerseits und Schöffen und ehrenamtlichen Richtern andererseits. Letztere sind von dem Gesetz ausgenommen, was auch bei deren Verbänden auf Unverständnis stieß.
Wolf sagte, die Opposition habe ein „Haar in der Suppe“ finden wollen. Der CDU-Abgeordnete Bernhard Lasotta räumte aber ein, dass seiner Fraktion eine Gleichbehandlung der Spruchkörper lieber gewesen sei. Es handele sich um einen „Kompromiss der Mitte“. Nico Weinmann von der FDP sprach hingegen von einem faulen Kompromiss, der rechtliche Unsicherheit erzeuge. Der SPD-Rechtsexperte Sascha Binder fürchtet Befangenheitsanträge gegen Schöffen. Das Gesetz schaffe mehr Probleme in der dritten Gewalt als es löse.
Der Grünen-Politiker Jürgen Filius hingegen rechtfertigte die Differenzierung zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen. Angesichts des tiefen Eingriffs in die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit sei eine „minimalinvasive Maßnahme“ geboten gewesen.
Wolf erläuterte, er habe als bundesweit erster Landesjustizminister auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom Juni 2016 mit einem Gesetz reagiert. Das Gericht hatte ein vom bayerischen Justizministerium erlassenes Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen für unzulässig erklärt, weil dieser Eingriff in die Religionsfreiheit nicht auf einem formellen Gesetz beruhte. Im Anschluss hatte sich in Baden-Württemberg eine Rechtsreferendarin an das für die Ausbildung zuständige Oberlandesgericht gewandt und angekündigt, künftig in Ausübung der Sitzungsvertretung der Staatsanwaltschaft ein Kopftuch zu tragen. Es habe dringender Handlungsbedarf bestanden resümierte Wolf. „Dem sind wir in Baden-Württemberg gerecht geworden.“
Der AfD-Abgeordnete Rüdiger Klos warf den Grünen vor, sie wollten den politischen Islam nicht bekämpfen. „Deshalb haben sie der CDU Knüppel zwischen die Beine geworfen.“
Zuvor hatte der Landtag einen Gesetzentwurf der FDP-Fraktion zum Verbot der Vollverschleierung an Schulen und Hochschulen abgelehnt. (dpa, iQ)