Seit rund 20 Jahren träumen Muslime von einem angemessenen Ort der religiösen, kulturellen und sozialen Begegnung in Köln. Nach langem Hin und Her steht die Kölner Zentralmoschee vor dem Start.
Es ist eine Kaskade in Weiß und Gold, die den Betrachter bestürmt. An den Wänden bilden 1.800 Stuckplatten geometrische Muster. Ein gewaltiger Kronleuchter setzt arabische Kalligrafien in Szene. An der Frontseite des Raumes rahmen Predigt- und Lehrkanzel die Gebetsnische ein: Im Kuppelsaal der Kölner Zentralmoschee ist alles bereit für die ersten muslimischen Beter. Damit wäre eines der größten Moscheen Deutschlands praktisch in Betrieb – mit jahrelanger Verspätung, aber pünktlich zum am 27. Mai beginnenden Fastenmonat Ramadan.
Seit rund 20 Jahren träumen die Mitglieder der islamischen Religionsgemeinschaft DITIB an dessen Bundessitz in Köln von einem angemessenen Ort der religiösen, kulturellen und sozialen Begegnung. Nach einem Architektenwettbewerb war 2009 Baubeginn im bunten Stadtteil Ehrenfeld – von Anfang an unter hohen Erwartungen.
Ursprünglich sollte der von den renommierten Architekten Gottfried und Paul Böhm entworfene kühne Komplex im Jahr 2012 öffnen. Die Fertigstellung des Zentrums mit Seminar- und Büroräumen, Einkaufspassage und Tiefgarage verzögerte sich aber unter anderem wegen Querelen um Baumängel. Die juristische Auseinandersetzung dauert an, nach einer Mediation fungiert Paul Böhm inzwischen als Berater der Bauherren. Laut DITIB sind gut zwei Drittel der Kosten des 30-Millionen-Projekts über Spenden gedeckt. Öffentliche Zuschüsse gebe es nicht.
„Ein Gesamtkunstwerk“ nennt Projektleiter Selim Mercan das Bauvorhaben, das er seit 2014 betreut. Das Herzstück der über großzügige Freitreppen zugänglichen Anlage ist der 36 Meter hohe, rund 1.200 Besucher fassende Kuppelsaal mit seinen geschwungenen Betonschalen und Glasfassaden. Hier gibt es eigene Galerien für die Frauen der Gemeinde. Die beiden Minarette bringen es auf 55 Meter – etwa ein Drittel des 157 Meter hohen Doms, in Köln nach wie vor das Maß aller Dinge.
Es gehe um eine Verbindung orientalischer Elemente mit einem modernen Islam, wie er ins weltoffene Köln passt, erläutert Mercan und weist auf Deckenmedaillons mit arabischen Blattgold-Inschriften: Sie sind unter anderen Abraham, Mose, Noah und Jesus gewidmet – Persönlichkeiten, die für Christen wie für Juden und Muslime bedeutend sind. „Das ist ein sehr schönes Zeichen“, findet der Bauingenieur. Schon 2007 warb eine Imagekampagne mit dem Motto „Unsere Moschee für Kölle“ um ein religionsverbindendes Wir-Gefühl.
Dieses Ziel unterstützt auch Hannelore Bartscherer, Vorsitzende des Kölner Katholikenausschusses und Mitglied des Moscheebeirats: „Es gibt für die rund 120.000 Muslime in Köln 70 Moscheen, die meisten in Hinterhöfen. Das ist kein Zustand.“ Um dies zu ändern, sei der Beirat aus fast 40 Personen angetreten. Bei der Grundsteinlegung Ende 2009 lobte der damalige Präsident der türkischen Religionsbehörde Diyanet, Ali Bardakoglu, das Projekt als „Wahrzeichen für Religionsfreiheit“.
Dagegen machten der DITIB in den vergangenen Monaten Debatten etwa um Einflussnahme aus der Türkei zu schaffen. Auf die fast fertige Moschee solle dadurch kein Schatten fallen, hoffen die Hausherren und laden zu Führungen ein. Der große Konferenzsaal für rund 750 Besucher wurde unter anderem schon für eine Aufführung des städtischen Kulturfestivals „Acht Brücken“ geöffnet. Und am Freitagsgebet könne ohnehin jeder teilnehmen, heißt es. Das findet vorläufig in einem Raum statt, der nach Vollendung des Kuppelsaals Jugend- und Sportangeboten dienen soll.
Die Freifläche vor dem Saal wird durch eine gläserne Brunnenröhre mit der von LED-Leuchten, Holz und Marmor geprägten Passage im Untergeschoss verbunden. Von den etwa 20 Ladenlokalen sind rund 60 Prozent vermietet. Das Angebot an Speisen soll „halal“ sein, also den Vorschriften des Islam entsprechen. „Islamisch. Sinnvoll. Handeln“ heißt auch der Slogan, mit dem die kuwaitisch-türkische KT Bank in ihrer neuen Filiale wirbt.
Einen Termin für die offizielle Eröffnung gibt es laut DITIB noch nicht, doch soll es dazu dann viel Prominenz und Programm geben. „Wir sind alle sehr stolz“, sagt Projektleiter Mercan. „Das Ergebnis spricht für sich.“ (KNA, iQ)