Ramadan 2017

Ramadan – The Real

Der Ramadan wird häufig auf einen reinen „Fastenmonat“ reduziert. Wer das annimmt, hat seine Bedeutung nicht verstanden. Es geht nicht ausschließlich um das Nicht-Essen und Nicht-Trinken. Was der Ramadan wirklich bedeutet, was noch dazugehört und wie man ihn verbringen kann, gibt es hier zu lesen.

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06
2017
Ramadan
Ramadan Greetings © by Ministry of Information and Communication auf flickr.com (CC BY 2.0), bearbeitet IslamiQ

Folgende Situation ist Vielen bekannt. Während des Fastens, bekommt man, wie meistens üblich, wenn man sich trifft, von einem Freund oder Bekannten netterweise etwas zu trinken oder zu essen angeboten, unwissend darüber, dass bereits der Ramadan begonnen hat. Lehnt man, wie in meinem Fall, mehrmals dankend ab, fällt es vielen spätestens dann auf. „Ah es ist ja wieder Ramadan oder? Habe ich total vergessen, sorry.“

Der Monat Ramadan wird mit nichts mehr gleichgesetzt als dem Fasten. Doch gibt es viel mehr über ihn zu wissen und während dieser Zeit zu tun. Ganz praktisch gesehen ist der Ramadan einer der zwölf Monate im islamischen Kalender (der sich nach dem Mondkalender richtet). Der Prophet Muhammad (sav) pflegte sich bereits vor seinem Prophetentum besonders in dieser Zeit zurückzuziehen. Dazu verbrachte er einige Zeit in Abgeschiedenheit auf dem Berg Nur in der Höhle Hira. Im Jahr 610 n.Chr. erhielt er die erste Offenbarung von Gott durch den Erzengel Gabriel.

Ramadan als Ursprung der Religion

Nach verschiedenen Überlieferungen ist dies in der Nacht vom 26. auf den 27. Ramadan geschehen, wobei es hierfür jedoch keine Sicherheit gibt. Nach einer Überlieferung des Propheten ist aber gewiss, dass dieses Ereignis, welches auch Laylat al-Kadr (Nacht der Allmacht) genannt wird, in den letzten zehn Tagen des Monats Ramadan stattgefunden hat. Im Koran wird die Kadr-Nacht folgendermaßen beschrieben „besser als 1000 Monate.“ (Sure Kadr, 97:3). Hier steckt also der Ursprung der gesamten islamischen Entstehungsgeschichte.

Die jährliche Wiederkehr des Ramadans sollte dementsprechend zu einer selbstkritischen Evaluation des vergangenen Jahres führen. „Womit habe ich mich die vergangenen zwölf Monate beschäftigt? Habe ich meinen Verwandten, meinen Nachbarn, den Armen und meinen Mitmenschen Gutes getan oder nur an mich selbst gedacht? In welchem Maße praktiziere ich die von Gott auferlegten Gebote und inwieweit halte ich mich an seine Verbote?“ Dieser Fragenkatalog kann individuell gestaltet werden und entsprechend der Antworten sollte der Ramadan eine Besinnung auf die Wurzeln des Islams – den Koran – darstellen. Denn er ist die erste Quelle unserer religiösen Lehre und Praxis.

Traditionen im Ramadan

Bevor wir nun die spezifischen Details besprechen, lässt sich also grundsätzlich sagen, dass der Ramadan genutzt werden sollte, um sich für eine Weile von weltlichen Bedürfnissen loszulösen und sich mehr der Spiritualität zu widmen. Das Konzept des Fastens lässt sich hervorragend in diesen Anspruch einbetten, da sich so schon mal die Frage nach dem Essen und Trinken in einen geregelten Rhythmus eingliedern lässt. Allen Muslimen ist es empfohlen im Ramadan freiwillig zusätzliche Gebete zu verrichten. Abhängig von der Rechtschule, geschieht dies individuell oder aber in der Gemeinschaft, im Anschluss an das Nachtgebet. Diese Praxis nennt man das Tarâwîh-Gebet. Ebenfalls dazu gehört die Sadaka-i Fitr. Eine Spende, die jeder Muslim erbringen muss, der über ein Mindestmaß an Vermögen verfügt. Sie gilt als Spende zum Dank für die eigene Existenz. Weiterhin hat es sich in manchen Kreisen traditionell entwickelt die Zakat, also die verpflichtende Abgabe eines Teils des eigenen Besitzes, im Ramadan zu zahlen. Wobei auch hier erst ein Mindestmaß an zu „versteuernden“ Besitztümern vorhanden sein muss. Diese können unter anderem Edelmetalle, wie Gold oder Silber, Handelsgüter oder Geld usw. sein. 2,5% dieses Besitzes muss verpflichtend abgegeben werden. Auch potenzielle Empfänger dieser Abgaben sind im Koran genau definiert. So gibt es 8 Personengruppen, die laut Koran die Zakat empfangen dürfen. Zum Beispiel Reisende, die auf der Strecke geblieben sind.

Unabhängig davon hat sich um den Ramadan herum eine Tradition entwickelt, bei der sich Familien gegenseitig zum Fastenbrechen einladen oder einzelne Familien das Essen für die gesamte Gemeinschaft einer Moschee für jeweils einen Tag übernehmen. Ursprung dieser Tradition ist eine Überlieferung des Propheten Muhammad (sav), in der er darauf hinweist, dass derjenige, der einen Fastende/n speist, bei Gott genauso viele gute Taten gutgeschrieben bekommt, wie die fastende Person selbst. Somit impliziert der Ramadan ebenfalls einen sozialen Aspekt. Denn speziell in krisenhaften Regionen der Welt, aber auch in Deutschland, bietet sich das gemeinsame Fastenbrechen in Moscheen an, um Armen eine Speisemöglichkeit zu bieten und dabei den Unterschied zwischen Arm und Reich für eine kurze Zeit vergessen zu lassen, da alle gemeinsam in den gleichen Reihen Essen und Beten.

Fasten nur für Allah

Abschließend noch ein klärender Kommentar zum Fasten selbst: Oft wird man gefragt, warum Muslime fasten müssen. Nicht, dass das Konzept des Fastens in anderen Weltreligionen völlig fremd wäre, aber hierzu gerne nochmal eine Richtigstellung falsch verstandener Erklärungen. Oft werden von vielen Muslimen Gründe, wie die Sensibilisierung für die Situation von Armen, die Entgiftung des Körpers etc. aufgeführt. Diese sind mit Sicherheit positive Nebeneffekte, doch gibt es für das Fasten nur einen einzigen Grund und dieser liegt bei Gott allein. Gott fordert die Menschen dazu auf zu Fasten, für Ihn und für nichts Anderes:

„Der Monat Ramadan ist der, in welchem der Koran herabgesandt ward: eine Weisung für die Menschheit, deutliche Beweise der Führung und (göttliche) Zeichen. Wer also da ist von euch in diesem Monat, der möge ihn durchfasten; ebenso viele andere Tage aber, wer krank oder auf Reisen ist, Allah wünscht euch erleichtert und wünscht euch nicht beschwert, und dass ihr die Zahl (der Tage) erfüllen und Allah preisen möchtet dafür, dass Er euch richtig geführt hat, und dass ihr dankbar sein möchtet.“ (Sure Bakara, 2:186).

Leserkommentare

Fastende sagt:
Danke für den wichtigen Artikel. Mir fallen noch einige Punkte dazu ein und einen möchte ich erwähnen. Im letzten Absatz wird über das Fasten gesprochen. Alleine dieser Aspekt wird von vielen (teilweise auch von Muslimen) missverstanden. Wenn es nur darum ginge, mit den Armen zu fühlen, dann müssten die Armen selbst ja nicht fasten. Das Mitgefühl mit den Hunger leidenen ist sicherlich ein positiver Nebeneffekt des Fastens. Aber als ultimativer Zweck des Fastens wird im Quran (2: 183) Taqwa genannt. Dieses Konzept lässt sich schwer mit einem deutschen Wort fassen, und "Gottesfurcht" alleine wird Taqwa als Übersetzung nicht ganz gerecht. Es geht um ein Bewusstsein für Gott/Allah und unsere Rolle in Bezug auf ihn. Wer bin ich und in welcher Beziehung stehe ich zu Gott? Das Fasten macht uns Muslimen bewusst, dass Allah und seine Befehle mehr zählen als wir und das wonach uns gerade der Sinn steht. Wir unterwerfen uns Gott gegenüber und schützen uns so vor den Konsequenzen des gegenteiligen Handelns. Aber das lässt sich Nicht-Muslimen teilweise nur schwer vermitteln und so scheuen viele - selbst die die es selbst verstanden haben- diesen Aspekt offen als den letztendlichen Zweck des Fastens zu benennen.
14.06.17
13:07
Charley sagt:
@Fastende: "Es geht um ein Bewusstsein für Gott/Allah und unsere Rolle in Bezug auf ihn. Wer bin ich und in welcher Beziehung stehe ich zu Gott? Das Fasten macht uns Muslimen bewusst, dass Allah und seine Befehle mehr zählen als wir...." Tja, das heißt im Klartext, dass der Mensch keinerlei Eigensein gegenüber "Gott" hat. Auch du bringst hier nur eine Negativdefinition. Gerade das macht das Problem (Incompatibel) des Islam in der Gegenwart aus, keinen Begriff des Menschseins zu haben, sondern allein anzubieten zu haben, eine Allahmarionette zu sein. Da könnten die Muslime von bestimmten Sufimeistern lernen, die das klarer gefasst haben, aber das wäre echte Spiritualität und nicht mehr Religionsfolklore und Hantieren mit "Floskeln".
14.06.17
19:52
Charley sagt:
@ Fastende: ".... wir schützen uns so...." Das nenne ich "Geschäftemacherei mit Gott". Hoffentlich "funktioniert" dein "Gott" auch so, wie du ihn dir vor-stellst. Hier kommen Begriffe ins Spiel wie Freiheit und Individualität (!) und Schicksal, die gar nicht sooo simpel sind. Leider kann (offensichtlich) der Islam die Freiheit nicht wertschätzen.
14.06.17
20:01
Ali Karaca sagt:
@Charley: Vielleicht hast du die Aussage von Fastende etwas falsch verstanden, aber nicht schlimm. In Bezug auf die Freiheit lässt sich sagen, dass du immer noch die Freiheit hast, dich dafür oder dagegen zu entscheiden zu tun oder zu lassen, was du möchtest. Allah hat uns mit dem Koran und durch den Propheten Muhammed (sav) eine Anleitung gegeben, wie er sich als Schöpfer der Menschen ein Leben von uns wünschst, wie du im Gegenzug dafür belohnt wirst oder wie dein Fehlverhalten im Jenseits sanktioniert wird. Ob du daran glaubst, dir diese Gebote und Verbote gefallen oder sie dir missfallen liegt ganz in deinem Ermessen. Es steht dir völlig frei zu entscheiden, wie du lebst, aber wenn es einen Allah gibt und sein heiliges Buch der Koran echt ist, woran wir Muslime glauben, dann müssen wir im Jenseitigen Leben, an das wir natürlich auch glauben, auch mit den Konsequenzen, ob positiv oder negativ, leben können. Liebe Grüße Der Autor
15.06.17
16:39
Ali Karaca sagt:
*Entschuldigung für den Rechtschreibfehler.
15.06.17
16:40
Fastende sagt:
@Charley Die Freiheit des Menschen besteht natürlich in seinem freien Willen. Er kann sich gegen das Fasten oder sogar gänzlich gegen die / eine Religion entscheiden. Das billigt jedem Menschen Gott selbst zu. Aber jede Religion verkündet einen bestimmten Weg als den "richtigen". Im Islam glauben wir, dass Gott "größer" (in Ermangelung eines besseren Wortes sage ich größer, wobei das natürlich im übertragenen Sinne zu verstehen ist) als alles andere, auch als wir selbst. Diese Unterwerfung unserer Selbst unter Gott und den von ihm als sinnvoll und nützlich dargelegten Weg behagt vielen nicht. Das ist mir schon klar. Dabei unterwerfen sich die Menschen vielen anderen Sachen in ihrem Leben, ohne das in Frage zu stellen. Z.B. jede(r) in einem abhängigen Arbeitsverhältnis beschäftigte Mensch zahl monatlich (nicht allzu wenig) in die Rentenkasse ein. Er / sie unterwirft sich dem gesetzlichen Zwang, teilweise aus der Hoffnung, dass diese Einzahlung sich (möglicherweise) für ihn/sie mal auszahlen wird. Wenn er/sie diese Hoffnung nicht teilt, dann macht er/sie es aus der Einsicht, dass man sich an die Gesetze des Landes halten muss. Von anderen Beispielen (wo die Menschen sich der Mode, dem Mager- oder Jugendwahn usw. fügen) will ich gar nicht mehr anfügen. Jeder der länger darüber refelektiert, wird erkennen, dass es mit dieser vermeintlichen "Freiheit" des Menschen nicht so weit her ist. Die Sache mit der Religion ist aber so, dass sie im Moment ja keine Konjunktur hat. Es gilt als rückständig oder hinterweltlerisch, sich in bestimmten Aspekten seines Lebens nach etwas zu richten, was nicht sichtbar oder empirisch greifbar scheint, nämlich nach Gott. Und so kann ich persönlich gut damit leben, dass Sie mich oder andere die das tun belächeln. Und dass Sie für sich anders entscheiden. Ich bin aber davon überzeugt, dass Gott als unser Schöpfer mehr als wir in der Lage ist, uns zum Guten, zum Heil nicht nur im nächsten Leben, sondern auch schon in diesem Leben zu führen. Ich vertraue auf Gott und auch die diesseitige Sinnhaftigkeit seiner Religion. In vielen Vorschriften ist es für mich sehr einfach den Sinn sofort zu erkennen (z.B. in Bezug auf Alkohol, die Vorschriften gut zu seinen Eltern oder Nachbarn zu sein usw.). Das erfordert aber, dass man sich selbst Gott unterordnet. Und das ist nicht das, wonach dem modernen Mensch so ohne Weiteres der Sinn steht. Ich kann durchaus meine Individualität, in einem bestimmten Rahmen, leben. Nur mein Rahmen ist anders als der Rahmen von jemandem, der sich vielleicht nur an die gesetzlichen Vorgaben halten muss, und ansonsten keine Autoritäten anerkennt. Beispiel: Ein Individuum stellt fest, dass es gerne im Adamskostüm auf die Straße möchte. Das wird in D. aufgrund der Gesetze (Stichwort Erregung öffentlichen Ergernisses) nicht ohne Probleme auf Dauer durchführbar sein. Für mich wäre es zusätzlich aufgrund der religiösen Vorschriften nicht vertretbar, d.h. selbst wenn es eines Tages in D. gesetzlich erlaubt würde, würde ich es mir selbst aufgrund meiner Religion nicht erlauben. Wir sind alle nicht wirklich frei....
16.06.17
12:18
Fastende sagt:
@Charley Ein Nachtrag noch zur Frage nach der "echten Spiritualität". Welche Sufimeister meinen Sie? Haben diese das Fasten etwa abgeleht? Solche Sufi-Meister sind mir nicht bekannt. Da muss man aufpassen, dass man nicht eine Folklore-mäßige Auffassung von Sufismus entwickelt. Da empfehle ich sehr die Erklärung von Mohammed Ghilan "Sufims in 10 minutes" (zu finden auf YouTube).
16.06.17
16:33
Ute Fabel sagt:
Ich faste nicht und bete nicht. Reine Zeit- und Kräfteverschwendung! Die Welt wird dadurch nicht besser. Ich mache lieber Dinge von handfestem Nutzen wie regelmäßige Treffen mit syrischen Flüchtlingen. Tiefe Sinnlichkeit kann man besser erfahren, indem man sich an der schönen Natur oder der Kunst erfreut. Davon versuche ich meine Mitmenschen zu überzeugen. Diese ganzen mittelalterlichen masochistischen religiösen Rituale wie Ramadan-Fasten und Rosenkranzbeten halte ich reichlich phantasielos und unkreativ.
19.06.17
19:30
Charley sagt:
@Fastende, @Ali Karaca: Zunächst einmal: Ich belächele überhaupt keine Moslems und auch sonst nicht (Ich spotte zuweilen leider (noch) über Heuchler und selbstzufriedene, frömmelnde Menschen, gleich welcher Weltanschauung.) Zudem habe ich in meinem Leben so viele integere Moslems kennen gelernt, dass ich von der inneren Gradlinigkeit (wenn es nicht "hochnäsiger arabischer Stolz" war) stets beeindruckt war. - Die besagte Freiheit ist nicht die Wahlfreiheit. Das ist eine (leider weit verbreitete) Illusion. Die Freiheit (Befreiung) besteht in dem Grad der individuellen Bewusstheit, mit der ich mich für dieses oder jenes entscheide. So kann der eine als funktionierende Marionette seiner Kulturtradition eben die Gepflogenheiten mitmachen, der andere tut dasselbe aus bewusster Wertschätzung dieser Gepflogenheiten in innerer Aktivität. Letzterer ist freier als ersterer. Wer ist der, der sich auf diese Weise immer mehr "heraus schält" aus der "Person"? Wer ist der, der in sich (!) einen Grund (welchen?) findet, "Gott" ernst zu nehmen für sich? Hier ist ein drittes zu benennen, zwischen "Gott" und "Alltagspersönlichkeit". Genau dieses Dritte finde ich im Islam nicht! - Sufi-Meister: Da ist mir vor allem Al-Halladsch bekannt. Dieser kannte dieses Dritte. Wenn er gesagt hat, dass man bei bestimmten inneren Entwicklungsschritten auf die Wallfahrt nach Mekka verzichten könne, so war das der Affront, der ihn auch wohl das Leben gekostet hat. Aber welche inneren Entwicklungsschritte meinte er? Ganz einfach: Wer den Ursprung der Religion in sich selbst erkannt hat, für den wäre eine Fahrt nach Mekka nur noch ein äußeres Ritual, ein symbolisches Zum-Ursprung-der-Religion-kommen. Und er hat es ganz klar ausgesprochen: "Ich sah meinen Herrn mit dem Auge des Herzens und sagte: "Wer bist du?" Er antwortete: "Du."" Wenn das Erfahrung ist, dann lebte er in diesem Dritten, in der (modern gesprochen) "Schnittstelle von Göttlichem und Menschlichem". Ganz exakt formuliert er: "Du bewohnst das Bewußtsein im Innersten meines Herzens, wie die Geister die Körper bewohnen." Es wären noch mehr Zitate anzuführen.. (https://www.aphorismen.de/suche?f_autor=111_Husain+ibn+Mansur+al-Hall%C3%A2dsch) Er spricht von genau demselben Erfahren des Göttlichen, wie es z.B. auch der christliche Mystiker Angelus Silesius ausspricht. Damit ist Al-Halladsch auch über Religion hinaus gewachsen: "Glaube und Unglaube unterscheiden sich in Hinblick auf die Namen; aber im Hinblick auf die Wirklichkeit gibt es keinen Unterschied zwischen ihnen." ... denn beiden mangelt die Erfahrung (!) des Göttlichen, des bewussten Seins im Göttlichen. Der Geist hat keine Religion, Menschen haben Religion(en). "Wer Gott kennt, der beschreibt ihn nicht, Wer Gott beschreibt, der kennt ihn nicht." An dieser Stelle könnte man noch die 5 Metamorphosen zu "»Es gibt keine Gottheit außer Gott«" von Schihabaddin Yahya as-Suhrawardi anführen. (http://12koerbe.de/bienengold/sufis.htm#Suhrawardi) Weitere berührende Zitate des Al-Halladsch: http://12koerbe.de/bienengold/hallaj.htm - Wie Al-Halladsch die 5.Säule soweit verinnerlicht hatte, dass er völlig frei ihr gegenüber war, so könnte ich mir ohne weiteres vorstellen, dass sein Begriff von "Fasten" ein ganz anderer wäre, als wie er äußerlich in der moslemischen Gemeinde gepflegt wird. - In Bezug auf die eingangs erwähnte Freiheit als Bewusstheit, war Al-Halladsch wohl überragend frei. "Hier sind deine Diener, die sich versammelt haben, um mich zu töten aus Eifer für deine Religion und im Streben nach dir. Verzeih ihnen und sei ihnen gnädig; denn wenn du ihnen den verhüllenden Schleier weggezogen hättest wie mir, so würden sie das nicht mit mir tun, und wenn du mir dasselbe verdeckt hättest wie ihnen, so wäre ich nicht in dieser Prüfung. dir gebührt der Preis für das, was du tust, und dir gebührt der Preis für das, was du willst." Al-Hallādsch vor seiner Hinrichtung. - Ich bin ein bisschen ins Schwärmen gekommen über diesen wunderbaren Menschen, sorry. Aber er bezeugt so überdeutlich jenes eingangs erwähnte "Dritte" zwischen "Gott" und der (blinden, ganz in der Selbstbezogenheit lebenden) "Alltags-Persönlichkeit". Die Buddhisten sprechen von der inneren Buddhanatur, die Christen (Paulus) von "Nicht-Ich-sondern-der-Christus-in-mir".... aber Namen sind Schall und Rauch. Ohne dieses Dritte, wird Religion zur Geißel. Und genau darum erscheint mir der Islam als ein Joch, unter welches er den Menschen zwingt. (Ich hoffe, niemanden verletzt zu haben. Es ist mir schlichtweg ein Rätsel, wie man Moslem sein kann. - Ich trat seinerzeit auch übrigens aus der ev. Kirche aus, weil man auch da sein "Denken" an der Garderobe abgeben musste!) Sich in diesem Dritten zu finden, scheint mir selbstverständlichstes Menschsein zu sein. Und weil von-selbst-verständlich, darum FREI.
19.06.17
23:26
Charley sagt:
Nachtrag (nur zur Verdeutlichung): Die Person versteht sich selbst nicht. Sie funktioniert in ihren Denkmustern, Denkreflexen (Phrasen), in ihren Gefühlsgewohnheiten (Konventionen) und auch Willenroutinen. Ihr fehlt die Selbsterkenntnis. Wenn Selbsterkenntnis gesucht, ersehnt, erstrebt wird, WER wacht da auf? Wenn Selbsterkenntnis erfahren wird (Erleuchtung), wer ist da dieses Selbst? (S.o. "Du bewohnst das BEWUSSTSEIN im Innern meines Herzens....") Dass dieses Selbst sich "gottgeboren", "ewig", "unsterblich" ("ungeboren" der Zenmeister Bankai (1622- 1693)).... usw. erkennt, bezeugen alle, die es erfahren haben. Die Person, Ego ist nicht dasselbe wie das Selbst, "wahres Selbst".... Wo kennt der Islam ein solches Selbst?
20.06.17
0:25
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