Vorbilder, die uns positiv stimmen, sind heute wichtiger denn je. In der neuen IslamiQ-Reihe möchten wir unsere Leser zu Autoren machen. Burak Avşar schreibt über sein Vorbild: Imam Rabbânî.
Imam Rabbânî zählt noch heute zu den einflussreichsten Sufīs in der islamischen Mystik. Anhand seiner Werke ist zu sehen, dass er sich zu seiner Zeit sehr intensiv für die Ahl as-Sunna wal Dschamâa (Leute der Sunna und Gemeinschaft) eingesetzt hat. Noch heute wird in Moscheen und Sufi-Orden aus seinem bekannten Werk „Maktûbât“ gelesen. Imam Rabbânî ist auch im Westen bekannt. Viele Akademiker wie William C. Chittick oder Artuhr F. Buehler setzten sich mit seiner Metaphysik auseinander.
Ahmad al-Fârûkî Sirhindî (Imam Rabbânî) ist im Jahre 1564 im Bundestaat Punjab (Indien) in der Stadt Sirhind geboren und gehörte der ḥanafitischen Rechtsschule an. Seine Genealogie reicht bis zum zweiten Kalif Umar ibn al-Hattâb, weswegen er den Beinamen al-Fârûkî trägt. Schon als Kind las er mit seinem Vater sufische Werke, unter anderem das berühmte Werk „Fusus al-Hikam“ von Ibn Arabi.
Es besteht keine Zweifel daran, dass Ibn Arabi, zu den am meisten kritisierte Personen der islamischen Mystik gehört. Das liegt vor allem in seiner Metaphysik der Einheit des Seins (Wahdat al-Wudschûd), worin von der Einheit zwischen Schöpfer und Schöpfung ausgegangen wird. In dieser Lehre sehen Kritiker eine Art Pantheismus und Theophanie.
Auch Imam Rabbânî gehörte zu den Befürwortern Ibn Arabis. Als sein Vater verstarb, trat er im Jahre 1601 seine Pilgerfahrt nach Mekka an. Während seiner Rückreise traf er in Delhi den großen Gelehrten Bakî Billah. Mit diesem Treffen begann für Imam Rabbânî ein neuer Abschnitt in seinem Leben. Denn durch den Briefwechsel mit Bakî Billah entstand sein großes Werk „Maktubat“ (Briefe).
Mit der Zeit erkannte Imam Rabbânî, dass die Lehre Ibn Arabis anderen als Legitimation für die Synthese aller Weltreligionen diente. Denn zu seiner Zeit beabsichtigte der Mogulherrscher Akbar Schah, alle Religionen zu einer einzigen zu verschmelzen. Zuvor stützte Imam Rabbânî sich auf die Ansicht, dass alles Er (Gott) sei (pers.: Hama’z Ost). Nun war er zu der Einsicht gelangt, dass alles von Ihm (Gott) sei (pers.: Hama az Ost). Somit entwickelte er die „Wahdat asch-Schuhûd“-Lehre. Dies verdeutlicht er anhand eines Beispiels: Zu sagen, dass am Himmel nur die Sonne zu sehen ist und nicht die Sterne, wäre Wahdat al-Wudschûd. Doch zu erwähnen, dass aufgrund der starken Sonnenstrahlen die Sterne nicht ersichtlich sind, diese aber existieren, wäre Wahdat asch-Schuhûd. Dieses kurze Beispiel lässt erahnen, wie komplex beide Lehren sind und wie intensiv Imam Rabbânî sich damit auseinandergesetzt hat.
Nach dem Tod Imam Rabbânîs im Jahre 1624 verbreitete sich seine Lehre nicht nur auf dem indischen Subkontinent, sondern auch darüber hinaus. Wegen seiner intensiven Bemühungen zur Wahrung der Ahl as-Sunna wal Dschamâa und seiner Standhaftigkeit gegen die Synthese aller Religionen, ist Imam Rabbânî ein Vorbild für mich. Die vielen Konflikte innerhalb und außerhalb der muslimischen Gemeinschaft führen zur radikalen Kritik an der Ahl as-Sunna wal Dschamâa. Umso wichtiger ist es, die Lehren der Ahl as-Sunna zu bewahren, so wie es Imam Rabbânî damals getan hat.