Bundesverfassungsgericht

Eilantrag gegen Kopftuchverbot abgewiesen

Eine muslimische Juristin hatte gegen das Kopftuchverbot in Hessen geklagt. Vorerst ohne Erfolg. Das bestätigte nun das Bundesverfassungsgericht.

04
07
2017
Kopftuch Muslimin
Symbolbild: Muslimische Frau mit Kopftuch © by Hernán Piñera auf Flickr (CC BY 2.0), bearbeitet islamiQ

Eine Frankfurter Rechtsreferendarin darf bei ihrer Ausbildung auch weiterhin kein Kopftuch tragen. Die Muslimin scheiterte mit einem Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht. In einer vorläufigen Abwägung gaben die Karlsruher Richter der staatlichen Neutralitätspflicht mehr Gewicht als der Religionsfreiheit der Juristin. «Auch Rechtsreferendare, die als Repräsentanten staatlicher Gewalt auftreten und als solche wahrgenommen werden, haben das staatliche Neutralitätsgebot zu beachten», heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Beschluss.

Das hessische Justizministerium hatte der Juristin verboten, während ihrer Ausbildung mit Kopftuch Gerichtsverhandlungen zu führen oder die Staatsanwaltschaft zu vertreten. Karlsruhe sah darin nur einen zeitlich und örtlich begrenzten Eingriff in die Religionsfreiheit. Der weit überwiegende Teil der Ausbildung in Arbeitsgemeinschaften sei von dem Verbot nicht berührt.

Eine endgültige Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde der Muslimin wird es erst zu einem späteren Zeitpunkt geben (Az. 2 BvR 1333/17). Vor dem Frankfurter Verwaltungsgericht hatte die Frau zunächst Recht bekommen. Hessens Verwaltungsgerichtshof in Kassel hob die Entscheidung allerdings auf.

„Ich gebe zu, dass ich mich über die Entscheidung freue“, erklärte Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) in Wiesbaden. Gerade in einer globalisierten Welt mit vielen Religionen sei die weltanschauliche Neutralität staatlicher Institutionen noch wichtiger. Aus dem Gerichtssaal dürfe keine „kulturelle Kampfzone“ gemacht werden.

Kopftuchverbot ist nicht zeitgemäß

Kritik an der Entscheidung kam dagegen vom Islamrat für Deutschland. : „Wer glaubt, dass Neutralität des Staats durch das Kopftuch gefährdet wird, der irrt“, erklärte dessen Vorsitzender Burhan Kesici. Wer bewusst Jura studiere und als Richterin oder Staatsanwältin arbeiten möchte, akzeptiere nicht nur die Neutralität des Staates, sondern möchte auch zu deren Verwirklichung aktiv beitragen. „Das Verbot ist nicht zeitgemäß und stigmatisiert Musliminnen“, so Kesici weiter.

Rechtsreferendarinnen mit Kopftuch beschäftigen – neben Lehrerinnen – bereits seit einer Weile auch die Gerichte der Bundesländer. So erklärte das Augsburger Verwaltungsgericht Ende Juni 2016 ein vom bayerischen Justizministerium erlassenes Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen für unzulässig. Die Richter vermissten eine gesetzliche Grundlage für das Verbot.

In Baden-Württemberg verabschiedete der Landtag im Mai ein neues Gesetz, das ausdrücklich regelt, dass Richter, Staatsanwälte und Rechtsreferendare keinerlei religiöse oder politische Symbole im Gericht tragen dürfen. Umfasst ist davon neben einem Kopftuch etwa auch eine Kippa. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Nicht jeder unerfüllte Wunsch nach religiöser oder politischer Sonderbehandlung ist eine Diskriminierung. Im Gleichbehandlungsrecht ist Diskriminierung klar definiert als "weniger günstige Behandlung in einer vergleichsbaren Situation". Da kein Richter und kein Rechtsreferendar seinen Glauben, Unglauben oder seine politische Überzeugung auffällig sichtbar machen soll, wurde die Kopftuchträgerin nicht benachteiligt. Für sie gilt nur genau dasselbe, was für alle anderen auch gilt - nicht mehr und nicht weniger. Ein Richter, der sich ein Abzeichen einer politischen Partei an den Talar stecken will, wäre in einen Rechtsstaat vollkommen inakzeptabel. Das Kopftuch ist als religiöses - in manchen Fällen auch politisches "Abzeichen" des Islams - beim staatlichen Justizpersonal ebenfalls völlig unangebracht, wie es eine Kreuzkette auch wäre. Es ist leider der sture religiöse Dogmatismus, der die Karrieremöglichkeiten zerstört. Bekämpfen wir ihn gemeinsam mit vereinten Kräften!
04.07.17
12:14
Johannes Disch sagt:
Man muss das Urteil nicht okay finden, aber es ist nachvollziehbar. Zudem ist noch keine endgültige Entscheidung getroffen. Abgelehnt wurde nur der Eilantrag. Über die Verfassungsbeschwerde wird noch in einer gesonderten Verhandlung entschieden.
05.07.17
21:14
all-are-equal sagt:
Leute, für die ein Kleidungsstück völlig unverzichtbar ist, stigmatisieren sich selbst und tragen alleine die Verantwortung für die negativen Auswirkungen auf ihre Karrierelaufbahn. Bei Religion und Ethik sollte es eigentlich um innere Werte und nicht um Äußerlichkeiten gehen. Das sollte Burhan Kesici besser unterstreichen, anstatt eine Lanze für religiöse Verbohrtheit zu brechen.
06.07.17
7:56
Kritika sagt:
L.S. Privatfirmen dürfen seit kurzem bestimmen, dass in ihren Betrieb KopftuchSturheit nicht erlaubt ist. Auch Staatliche Einrichtungen sollten so bestimmen. Dann heisst es bei Gerichten wie anderen Behörden für Kopftücher jeglicher Religion: "ich muss draussen bleiben". Damit wäre ein ständig kontrovers (sogar oft vor Gericht) diskutiertes Thema friedlich gelöst. Gruss, Kritika
10.07.17
12:41
Manuel sagt:
Das Kopftuch ist nicht mehr zeitgemäß, sondern ein mittelalterliches Dogma!!!!!!!!!!!!!
11.07.17
19:15
Enail sagt:
Vorerst ohne Erfolg; was dann heißt: Keine Entschädigung geflossen, kann aber noch kommen. Man hat in meinen Augen einfach ein Areal gefunden, wo man ohne große Mühe an etwas Kleingeld kommt. Darum auch das ständige Klagen.
20.07.17
22:29
Bella sagt:
Ich verstehe nicht, was das soll. Es ist natürlich eine sehr dünne Linie des Rechts, aber eine wahre Muslima trägt ihre Werte in sich und hat nicht das Bedürfnis es "ausstrahlen" zu müssen. Wenn ihr echte islamistische Werte trägt, würdet ihr euch nicht so verrückt machen über diese Menschen, die euch was verbieten möchten. Wo im Koran steht bitte etwas über Kopftuch??! Ich würde eine Muslima schon nicht anstellen, weil sie imaginäre Vorstellungen über ein Buch hat. Der Koran sagt viele schöne Sachen, von der ihr kein bisschen was umsetzt.
29.09.17
19:08