#Kurzleaks

Muslime fordern lückenlose Aufklärung der Manipulationsvorwürfe

Beamte des von Sebastian Kurz geführten Integrationsministeriums sollen die umstrittene Kindergartenstudie von Ednan Aslan manipuliert haben. Die Universität Wien will nun die Wissenschaftlichkeit der Studie prüfen. Muslimische Vertreter fordern eine lückenlose Aufklärung.

05
07
2017
Universität Wien © by alex.ch auf flickr, bearbeitet iQ

Am Dienstag deckte der FALTER einen großen Skandal auf. Berichten zufolge haben Beamte um Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) die umstrittene „Islamkindergartenstudie“ des Wiener Religionspädagogen Prof. Ednan Aslan an entscheidenden Stellen zum Nachteil der Muslime stark zugespitzt und umgeschrieben. Insgesamt wurden mehr als „900 Änderungen vorgenommen“, heißt es im FALTER weiter. Auch IslamiQ berichtete.

Schon seit Veröffentlichung der Vorstudie fordert Kurz die Schließung muslimischer Einrichtungen. Kritiker fragen sich, ob die neue Studie bewusst umgeändert wurde, um die Schließungen zu legitimieren. Kurz und Aslan haben nun Erklärungsbedarf. Aktuell habe sich der Außenminister zu den Vorfällen nicht geäußert. Auf eine entsprechende Anfrage von IslamiQ antwortete bis zur Veröffentlichung dieser Nachricht weder das Außenministerium noch das Integrationsministerium.

Prof. Ednan Aslan äußerte sich gegenüber IslamiQ zu den Vorwürfen. Auf Anfrage teilte er mit, dass er „mit bestem Wissen und Gewissen“ hinter seinem Gutachten stünde und keine möglichen Folgen befürchte, da die Ergebnisse „sehr fundiert“ seien. Auf die Frage, ob die Studie hinsichtlich ihrer Wissenschaftlichkeit, die im Vorfeld schon stark angezweifelt wurde, nun obsolet sei, antwortet Aslan: „Vor einem Jahr hat man von der Unwissenschaftlichkeit der Arbeit gesprochen. Jetzt höre ich andere Diffamierungsversuche.“

Personelle Konsequenzen

„Die Manipulationsvorwürfe gegen das österreichische Außenministerium und Prof. Ednan Aslan an der Universität Wien wiegen schwer. Sollten sich die Manipulationsvorwürfe erhärten, sind personelle Konsequenzen sowohl an der Universität als auch im Außenministerium unumgänglich“, erklärt Bekir Altaş, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG).

Die sogenannte ‚Islamkindergartenstudie’ liefere Außenminister Kurz die Grundlage dafür, „gegen Muslime und ihre Einrichtungen Stimmung zu machen“. Offensichtlich sei die Studie „wissenschaftlich mangelhaft und offensichtlich politisch motiviert“. „Dass die Schließung von sogenannten ‚Islamkindergärten‘ zufällig Kurz’ Wahlkampfhit ist, gibt dem Ganzen eine besonders hässliche Note“, so Altaş weiter.

„Bestellte“ Studie hat keine Bedeutung

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) äußerte sich in einer Pressemitteilung erzürnt, aber wenig überrascht. „Wir hatten ohnehin immer wieder thematisiert, dass es sich bei der sogenannten Kindergartenstudie vor allem um eine bestellte Studie handelt, die in der Art wie sie durch das auftraggebende Integrationsministerium lanciert wurde, gewissen politischen Interessen nutzbar gemacht werden sollte“, heißt es in der Stellungnahme. „Hier wird nicht Integration betrieben, sondern werden bestehende Ressentiments in Feindbilder umgewandelt“, wirft die Religionsgemeinschaften den Verantwortlichen vor.

Auch der Vizepräsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), Abdi Taşdöğen, äußerte sich gegenüber IslamiQ zu diesem Vorfall. „Für uns hatte diese Arbeit keine Bedeutung, nun hat es auch an Bedeutung für ALLE verloren“, erklärt Taşdöğen. Man habe eine Studie für die eigenen politischen Interessen „bestellt“. Das Ministerium habe laut Taşdöğen den wahren Sachverhalt manipuliert und die Rufschädigung einer ganzen Bevölkerungsgruppe angezettelt. „Sowohl die Uni Wien, als auch die Republik Österreich müssen schnell agieren und Konsequenzen ziehen“, so der IGGÖ-Vizepräsident.

„Integration durch Diskriminierung“

„Das Verhalten zeigt deutlich, was Österreich unter Integration vorsteht“, erklärt Ali Kızılkaya in einem Gastbeitrag für IslamiQ. Österreich mache damit „seine eigenen Werte wertlos“. Der gesellschaftliche Zusammenhalt besonders in schwierigen Zeiten müsse wichtiger sein „als politische Karrieren“. Eine Politik auf dem Rücken der „Schwachen“ sei verwerflich. „Ich hoffe, dass man die offensichtlichen Fehler nicht schönredet und schnell aufarbeitet. Denn hier steht das Wertvollste auf dem Spiel: das Vertrauen. Dieses wiederherzustellen ist alle Mühe wert“, so Kızılkaya.

Wissenschaftlichkeit Aslans umstritten

Prof. Ednan Aslan stand bereits vor diesen Vorwürfen im Verdacht, nicht objektiv und unvoreingenommen zu sein, wenn es um den Islam ging. Der Politik- und Islamwissenschaftler Rami Ali, ein ehemaliger Mitarbeiter, erhebt in einem Interview auf kurier.at schwere Vorwürfe gegen Aslan und bezichtigt ihn unwissenschaftlichen Arbeitens. „Aslan und das Ministerium haben anscheinend eine gewisse Erwartungshaltung an diese Studie gehabt, also dass islamische Kindergärten Brutstätten des Terrorismus sind, und das sollte am Ende herauskommen. Diesen Zugang von Aslan habe ich bei anderen Projekten selbst miterlebt, und deswegen glaube ich, dass das auch mit seinem Wissen geschehen ist“, so Rami Ali.

Universität Wien prüft Studie

In einer Pressemitteilung teilt die Universität Wien mit, dass sie eine Kommission zur Untersuchung von Hinweisen und Vorwürfen wissenschaftlichen eingerichtet habe. Derzeit werden alle Fakten zu den medial erhobenen Vorwürfen bezüglich der sogenannten Kindergartenstudie gesammelt.

Die Kommission sei damit beauftragt worden, die Berechtigung der im Zusammenhang mit der Studie erhobenen Vorwürfe zu prüfen. Die Ergebnisse der Prüfung werden zeitnah erwartet. Wann dies genau sein werde, gibt die Universität nach der ersten Sitzung der Kommission bekannt.

Wie wurde die Islam-Studie umgeschrieben? Ein Kurzfilm vom FALTER.

Leserkommentare

Manuel sagt:
Es sind Vorwürfe und keine Beweise! Und das es genug Probleme mit dieser mittelalterlichen Ideologie gibt, ist kaum von der Hand zuweisen.
05.07.17
18:06
Andreas sagt:
@Manuel: Da nun aber einmal die Vorwürfe im Raum sind, sollte dem auch nachgegangen werden.
07.07.17
11:37
Manuel sagt:
@Andreas: Genau, aber keine Vorverurteilungen, wie sie hier gemacht werden!
09.07.17
17:38
Johannes Disch sagt:
@Manuel Vorverurteilungen kommen doch vor allem ständig von ihrer Seite, und zwar gegen den Islam und Muslime. Da wird pauschaliert, was das Zeug hält (Der Islam ist angeblich eine "eine mittelalterliche Ideologie", etc.)
10.07.17
12:54
Andreas sagt:
@Manuel: Vorverurteilungen sind nie gut. Auch nicht Ihre ständigen Vorverurteilungen gegenüber den Muslimen und dem Islam.
10.07.17
15:26
Manuel sagt:
@Disch und Andreas: Wenn ich mir die Islamische Welt ansehe, dann habe ich Beweise genug, was passiert, wenn einmal diese Ideologie die Mehrheit hat, das sind Tatsachen und keine Vorverurteilungen, aber sowas kapiert Ihr beide offenbar in Eurer blinden Toleranz einfach nicht.
12.07.17
19:08
Jürgen Hünefeld sagt:
Warum wird der Islam allgemein als mittelalterlich benannt? Weil der Schritt zur Trennung von Staat und Religion nicht vollzogen wurde. --Deshalb--ist der Islam als Rechtsform in einer säkularen Gesellschaft nicht einzugliedern. Ethik in die Politik! Politik geht anders.
13.08.17
12:23