MUSLIMISCHE VORBILDER

Abdulhamid Han II. – der große Sultan

Vorbilder, die uns positiv stimmen, sind heute wichtiger denn je. In dieser IslamiQ-Reihe möchten wir unsere Leser zu Autoren machen. Sümeyra Şengönül schreibt über ihr Vorbild: Abdulhamid II.

22
07
2017
Abdulhamid Han II. – der große Sultan

Sultan Abdulhamid Han ІІ. ist am 21. September 1842 in Istanbul als zweiter Sohn des Sultans Abdulmecid I. auf die Welt gekommen. Nach der Absetzung seines Bruders Murad V., der nur drei Monaten regierte, wurde er Sultan des Osmanischen Reiches (1876-1909).

In seiner Jugendzeit hatte Sultan Abdulhamid wenig mit der Regierungsführung zu tun. Er bevorzugte es, mit seinem Onkel Sultan Abdulaziz in europäische Länder wie Österreich und Frankreich zu reisen. Zudem besaß er ein besonderes handwerkliches Geschick als Tischler. Zu der damaligen Zeit war es hoch angesehen, dass Kronprinzen neben der Aufgabe als künftige Herrscher auch andere Talente aufweisen konnten.

Außerdem hatte Abdulhamid ein Händchen für das Finanzwesen. Das war auch notwendig, denn als er sein Amt als Sultan antrat, waren die Schatzkammern des Staates leer. Ringsum herrschten außenpolitische Konflikte wie die Aufstände in Bosnien und Herzegowina und der Krieg in Serbien. Zudem wurde der aus Europa immer stärker.

Abdulhamid, der „Retter“

Der in Europa als „roter Sultan“ bekannte Abdulhamid hatte sowohl Anhänger als auch Kritiker in der Bevölkerung. Ein Teil des Volkes unterstützte und bekräftigte ihn, ein anderer Teil kritisierte und tadelte. Es kam zu Spaltungen innerhalb des Volkes.

Sultan Abdulhamid hatte eine sehr spirituelle Seite, die zu seiner Zeit nicht wertgeschätzt wurde. Er ließ sich nicht von seinem Thron überwältigen. Sein eigentliches Ziel war es, ein Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Muslime zu wecken, so dass die Brüderlichkeit im Glauben erneut entfacht wird. Die europäischen Mächte sahen es als äußerst gefährlich an, dass Sultan Abdulhamid in den muslimischen Ländern als „Retter“ an Ansehen gewann, da vor allem die arabischen Länder ihre Finanz- und Handelsquellen darstellten.

Die Hedschasbahn

Ein sehr wichtiges Projekt für Sultan Abdulhamid war der Bau einer Eisenbahn, welche die Strecke zwischen dem Osmanischen Reich und der Pilgerstadt Mekka um Wochen verkürzen würde. Die Menschen mussten diese 1320 km lange Strecke bis dato zu Fuß oder auf Reittieren antreten. Dieses wichtige Projekt, das auch vom deutschen Kaiserreich mitfinanziert wurde, wurde auch „Hedschasbahn“, „Heilige Bahn“ oder „Mekkabahn“ genannt.

Aufgrund mangelnder Möglichkeiten war der Bau dieser Bahn eine Herausforderung. Jedoch war sich die muslimische Gemeinschaft der Bedeutung dieses Projektes bewusst. Deshalb arbeiteten sie hart und vollendeten die Eisenbahn. Leider kam es aufgrund großer Aufstände in Mekka zu keinem richtigen Gebrauch der Eiserbahn. Dennoch gilt es bis heute als eines der wichtigsten Projekte des Sultans überhaupt.

Die Tugend Abdulhamids

Die größte Herausforderung, vor der Sultan Abdulhamid II. stand, war es, das geschwächte Osmanische Reich am Leben zu erhalten. Das hat er geschafft. Sultan Abdulhamid II. hat gewissermaßen ein „im Koma liegendes Reich“ erneut zum Leben erweckt und in weniger als 30 Jahren zahlreiche Projekte, Krankenhäuser, Schulen und Moscheen errichten lassen, um eine funktionierende Gemeinschaft zu gewährleisten.

In Anbetracht dessen, was Abdulhamid II. in seiner Zeit als Sultan des Osmanischen Reiches erreicht hat, kann ich nur staunen. Ich empfinde es als äußerst bemerkenswert, welchen Eifer, welche Motivation und welche Inspiration ein Mensch in sich vereinen kann, um in so vielseitigen Bereichen etwas leisten zu können. Wenn ich bedenke, dass viele Menschen heutzutage bei den kleinsten Problemen den Mut verlieren, beeindruckt mich der Ehrgeiz des Sultans umso mehr.

Leserkommentare

Charley sagt:
Diese Vorbildserie lässt langsam bei mir den Verdacht aufkommen, dass hier Studenten islamischer Institutionen ihre Semesterarbeiten umschreiben. Und doch....: Scheuklappen! Hier von Abdulhamid II zu schwärmen und unerwähnt zu lassen, dass unter seiner Herrschaft die Massaker an den Armeniern begannen, wenn er nicht vielleicht sogar diese (augenzwinkernd) ausgelöst oder zumindest entschieden verhindert hat, ist grotesk! Dass er ein autoritärer Herrscher war, der - nach anfänglicher Aufgeschlossenheit gegenüber liberalen Staatsideen - das osmanische Reich in einer Rückwärtsgewandtheit gehalten hat, wird natürlich unterschlagen. So bleibt nach der Lektüre der Eindruck, dass auch ein reformunwilliger, reaktionärer Herrscher gut ist, wenn er nur brav die moslemischen, dogmatischen Prinzipien hoch hält. Welche Art von Islam wird hier eigentlich gut geheißen auf islamiq? Wie geht das zusammen mit dem Anspruch, einen Islam zu propagieren, der überhaupt nur bestehen/ernst genommen werden kann vor dem modernen Menschen- und Erkenntnisverständnis? Sicherlich, eine Folkloreecke wird man ihm immer zubilligen. Jede Karnevalsverein darf das. Aber wenn weitergehende Ansprüche/Maßstäbe angemeldet werden, z.B. gesellschaftlich relevante, allgemeingültige Aussagen tätigen zu können, dann muss man auf Pro´s und Contras zu einer Person nicht so wie von mir von außen aufmerksam gemacht werden müssen. Ich empfehle als objektivere Lektüre zu Abdulhamid II den Wikipedia-Artikel über ihn!
23.07.17
16:42
Charley sagt:
"Ich muss Muslimen wie Nicht-Muslimen klarmachen, was es für einen Wissenschaftler heißt, transparent zu arbeiten und mit wissenschaftlichen Methoden intersubjektive und nachvollziehbare Ergebnisse zu liefern. Das ist mein Anspruch." (http://www.islamiq.de/2015/09/27/wir-muessen-grosse-transparenz-herstellen/) Von diesem Anspruch war Abdulhamid II kilometerweit entfernt. Wie soll er dann also als "Vorbild" dienen für deutsch lesende, in Mitteleuropa lebende Muslime? Diese oben genannte Anspruch ist der allein erträgliche, will jemand in Europa ernst genommen werden in der öffentlichen Diskussion. Wie mir scheint, verfällt man auf islamiq nach Belieben gern in die selbstgefällige, selbstgenießende, sektiererisch-folkloristische, "Frömmigkeit", die in einer anderen Kultur, in einer anderen Zeit vielleicht einmal eine Berechtigung hatte.
23.07.17
17:18
Osman sagt:
@Charley Fakt ist, dass die Armenische Deportation 1915 unter der Macht der Jungtürken stattfand und 1909 Sultan Abdulhamid Han II den Thron an seinen jüngeren Bruder abgeben musste. Damit stellt sich die Frage, wie ein Ex-Sultan, welcher zur Zeiten der Deportation sogar im Exil war, mit dem sogenannten "Armenischen Völkermord" verantwortlich gemacht werden kann. Kann ein in sich zusammenfallendes Reich von einem Parlament vom Zerfall des Reiches gerettet werden, dessen Recht auf Vertretung des Osmanischen Reiches in Frage gestellt werden muss? Was ist Rückwärtsgewandtheit? Muss ein 600 Jahre altes Reich die fragwürdigen Moralen Europas in seiner Regierungsweise integrieren? Was ich sagen möchte, ist: Vielleicht könnten Sie mit Ihrem Vorwurf Recht haben, aber ihre Begründungen haben weder Hand noch Fuß!
27.07.17
6:10
Mads sagt:
@Osman: Wenn ein Volk in die Wüste getrieben und so ermordet wird, dann ist das kein sogenannter Völkermord, sondern ein ganz realer Völkermord. Muslimen fehlt jedes Unrechtsbewusstsein, für Unrecht, das sie anderen zufügen.
27.07.17
15:53
Dilaver sagt:
@Mads Einen Völkermord an den Armeniern hat es NICHT gegeben. Punkt.
30.07.17
15:31
Charley sagt:
da mein Posting wohl verloren ging.... @Osman: Richtig ist, dass der Völkermord von 1915/16 der Höhepunkt der Verfolgung war... allerdings gab es Vorläufer dazu: Die Massaker an den Armeniern von 1894 bis 1896 wurden durch die osmanische Regierung – namentlich von Sultan Abdülhamid II. – veranlasst. Die Massaker begannen in der Region Sason und wurden dann auf alle armenischen Siedlungsgebiete ausgeweitet. Die Zahl der Todesopfer lag zwischen 80.000 und über 300.000. @Dilaver: Was bekommen Sie von der türkischen Regierung dafür bezahlt, dass sie hier so tapfer deren Propaganda verbreiten? Ernst zu nehmen ist es nicht, was Sie von sich geben. Unter Historikern weltweit ist der Völkermord als solcher anerkannt und wissenschaftlich festgestellt. Allein die türkische Regierung stellt sich bockig wie ein kleines Kind hin und sagt: Das war gar nicht so! Die UNO selber hat den Völkermorg als solchen benannt und anerkannt. Die International Association of Genocide Scholars äußer sich sehr differenziert dazu: Im Jahre 2005 verfasste die Organisation einen Offenen Brief an den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan und bekräftigte erneut, dass der Völkermord an den Armeniern von hunderten unabhängigen Völkermordforschern anerkannt wurde. Dort findet sich ein Hinweis auf die fehlende Unparteilichkeit von Forschern, die die türkische Regierung und das türkische Parlament beraten haben. Im Jahre 2006 schrieb die Organisation einen weiteren Offenen Brief an jene Historiker, die der türkischen Position der Leugnung des Völkermords folgen, und bezeichnete diese Haltung als ein unverfrorenes Ignorieren überwältigenden historischen und wissenschaftlichen Beweismaterials und forderte ein Jahr später den US-Kongress dazu auf, den Völkermord offiziell anzuerkennen. Insgesamt veröffentlichte die Internationale Vereinigung von Völkermordforschern in den Jahren 1997 bis 2007 vier Resolutionen und Erklärungen, in denen der Völkermord an den Armeniern anerkannt wurde. Die Verhöhnung der armenischen Opfer durch Leugnung der Tatsachen durch die türkische Regierung diskreditiert sie auf ein Weiteres.
01.08.17
12:20
Mads sagt:
@Dilaver: Wie nennen Sie denn die Ereignisse, bei denen zahllose Armenier im Osmanischen Reich ihr Leben verloren haben, weil sie entweder abgeschlachtet oder in den Hungertod getrieben wurden? Leider ist es ja eine Tatsache, dass Moslems ihre Grausamkeiten leugnen. Entweder behaupten sie, es hat sie nie gegeben oder, wenn das nicht mehr geht, dann geben sie irgendwelchen fremdem Mächten die Schuld, die dahinter stecken. Damit ist auch klar, was vom Islam zu halten ist.
01.08.17
15:10
Charley sagt:
@Osman: Sie schreiben: "Kann ein in sich zusammenfallendes Reich von einem Parlament vom Zerfall des Reiches gerettet werden, dessen Recht auf Vertretung des Osmanischen Reiches in Frage gestellt werden muss? Was ist Rückwärtsgewandtheit? Muss ein 600 Jahre altes Reich die fragwürdigen Moralen Europas in seiner Regierungsweise integrieren?" Sicherlich kann man dazu viel diskutieren. Rückwärtsgewandtheit ist allerdings schon klar, wenn man die moderne Bewusstseinsentwicklung anschaut,... die übrigens auch in islamischen Ländern statt findet, ob es den Moslems dort passt oder nicht. "Fragwürdige Moralen Europas" wäre näher zu erläutern. Dass die damaligen europäischen Regierungen wenig reales Bewusstsein der von ihnen selbst gelebten Werte hatten, darf erwogen werden. Dass damit die moderne Gesellschaftsentwicklung mit der parlamentarischen Volksvertretung selbst fragwürdig wäre, müsste sehr dringend von Ihnen begründet werden. Dass irgendwo eine menschliche Alternative im damaligen oder heutigen islamischen Kulturkreis vorhanden war, kann wohl als ausgeschlossen gelten! Was wollten Sie also sagen?
01.08.17
15:27
Dilaver sagt:
@Charley und Mads Es bleibt Ihnen unbenommen, wenn Sie unbedingt daran glauben wollen, dass die Deportation der Armenier 1915 "Völkermord" war. Sie können aber niemandem die Meinung verbieten, wenn er vom Gegenteil - und da herrscht innerhalb der türkischen Community breiter Konsens - überzeugt ist.
04.08.17
2:38
Charley sagt:
@Dilaver: Ja, Meinungen sind schwerer auf zu spalten als ein Atom (Einstein), vor allem wenn sie vermeiden mit der Wirklichkeit in Kontakt zu kommen. "Türkische Community": Wenn man bedenkt, welch ein Gruppendruck dort ausgeübt wird... kein Wunder! Ansonsten, wie ich schrieb: "Bockig wie ein kleines Kind!" Sie dürfen ihre - unbelegte (!) - Meinung gern weiter behalten, aber wenn Sie damit - wie hier - auftreten, müssen Sie ertragen, dass man die diese Meinung widerlegende Wirklichkeit Ihnen entgegen hält.
04.08.17
19:16
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