Bundestagswahlen 2017

Störfeuer von rechts – AfD wird Atmosphäre im Bundestag verändern

Wenn bis zum 24. September nicht etwas Unerwartetes geschieht, dürfte die AfD im nächsten Bundestag vertreten sein. In 13 von 16 Landesparlamenten sitzen ihre Abgeordneten schon. Was tun die da eigentlich?

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08
2017
AfD
AfD-Mitglieder © Metropolico.org auf flickr, bearbeitet by IslamiQ

Werden unter der Reichstagskuppel künftig die Fetzen fliegen, wenn die AfD in den Bundestag einzieht? Wer einen Blick in die Landesparlamente wirft, in denen die rechte Protestpartei schon vertreten ist, bekommt einen Vorgeschmack auf das, was sich ab Herbst im Berliner Plenarsaal abspielen könnte. 

Die AfD-Landtagsfraktionen haben bissige Provokateure, pöbelnde Unruhestifter, aber auch einige Biedermänner und fleißige Fachleute in ihren Reihen. Ihr Oppositionsstil variiert zwischen geräuschlos und betont sachlich (Sachsen) und krawallig (Sachsen-Anhalt). Ihre Fraktionen stellen extrem viele Kleine Anfragen. Oft zu Themen, die eigentlich eher in die Bundespolitik gehören. Insgesamt ist der Ton in den Parlamenten rauer geworden.

Im Magdeburger Landtag sorgte Fraktionschef André Poggenburg für Entsetzen, als er die linke Antifa-Szene als „Wucherung am deutschen Volkskörper“ bezeichnete. Im rheinland-pfälzischen Landtag empörten sich Abgeordnete anderer Parteien über AfD-Fraktionschef Uwe Junge, der die Aufnahme von Flüchtlingen als „massenhaften Import von Analphabeten und Sozialfällen“ charakterisierte.

Auch der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, Robert Farle, hat es zu einer gewissen Berühmtheit gebracht. Bei den Politikern der anderen Parteien sind die langen Monologe des ehemaligen Mitgliedes der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) gefürchtet. Als die Landtagspräsidentin Farle einmal darauf hinwies, dass er wieder die Redezeit überschritten habe, verwies er auf die Anzeige im Rednerpult: „Hier steht, ich habe noch 11 Minuten und 39 Sekunden.“ Die Präsidentin entgegnete: „Das ist die Uhrzeit.“

Streitlustig sind die Abgeordneten der 2013 gegründeten Partei auch im Umgang miteinander. Kaum eine Landtagsfraktion, die nicht schon im ersten Jahr Federn gelassen hätte – durch den Austritt oder den Rauswurf von Abgeordneten. Einige Parlamentarier mussten wegen rassistischer Ausfälle gehen. Andere hielten den internen Machtkämpfen nicht stand. Oder sie wollten den auch von Politikwissenschaftlern konstatierten „Rechtsruck“ der ehemaligen „Professorenpartei“ nicht mitmachen.

In Sachsen-Anhalt sind zwei der einst 25 AfD-Abgeordneten heute fraktionslos. Ein Dritter schloss sich der CDU-Fraktion an. In Baden-Württembergs Landtag sitzen Claudia Martin und Wolfgang Gedeon heute abseits. Der Streit um den Antisemitismus-Vorwurf gegen Gedeon hatte im vergangenen Jahr sogar zu einer vorübergehenden Spaltung der Fraktion geführt. Jörg Meuthen, AfD-Bundesvorsitzender und Fraktionschef in Stuttgart, hat der zweiten Parteivorsitzenden Frauke Petry ihre damalige Intervention in der Affäre nie verziehen. 

Der brandenburgische Fraktionschef Alexander Gauland bildet gemeinsam mit Alice Weidel aus Baden-Württemberg das Spitzenteam der AfD für die Bundestagswahl. Bei den übrigen Fraktionen in Potsdam gibt es eine Übereinkunft, nicht für Anträge der AfD zu stimmen, die einmal von zwei CDU-Abgeordneten durchbrochen wurde. Gauland sieht seine Partei auf lange Sicht in der Opposition. 

Der Vorsitzende der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Georg Pazderski, fährt einen anderen Kurs. Er will die AfD schon bis zur nächsten Legislaturperiode „regierungs- und koalitionsfähig“ machen. Seine Fraktion gibt allerdings in der Außenwirkung kein einheitliches Bild ab. Während einige Abgeordnete betont seriös und sachlich auftreten, fallen andere durch scharfe Zunge und deutsch-nationale Parolen auf. 

Pazderski selbst sorgte kürzlich in einer Rede zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus für Betroffenheit, als er erzählte, wie sein polnischer Vater mit 17 Jahren für die Deutschen Zwangsarbeit leisten musste, „die beiden letzten Jahre des Krieges hat er auch noch in einem Konzentrationslager verbracht“.

Der Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke wettert zwar auch im Landtag, wo immer es geht, gegen Muslime und Zuwanderung. Im Vergleich zu seinen Äußerungen bei Veranstaltungen mit Gleichgesinnten sind Höckes Landtagsreden aber harmlos. 

Dass die AfD bei dieser Bundestagswahl erneut an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert, gilt als unwahrscheinlich. Umfragen sehen sie aktuell bei sieben bis neun Prozent. Das würde reichen, um auch den ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann, der sich heute bei der AfD engagiert, zurück ins Parlament zu katapultieren. 

Bei der CDU freut man sich allerdings nicht auf ein Wiedersehen mit dem 69-Jährigen. Er hatte 2003 mit einer als antisemitisch empfundenen Rede einen Skandal ausgelöst und war deshalb 2004 aus der CDU ausgeschlossen worden. Auf seiner Website schreibt Hohmann: „Dem Rat des Apostels Paulus folgend ‚Vergesse ich, was hinter mir liegt und strecke mich nach dem aus, was vor mir liegt'“. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Enail sagt:
Und Zuwanderung von überwiegend Muslimen verändert die gesamte Gesellschaft und das nicht unbedingt zum Guten. Es müsste ja nicht unbedingt die AfD sein, die mir auch nicht nahe steht, dennoch bräuchten wir eine echte Opposition die den BT dahingehend verändert, dass auch wieder Opposition stattfindet. Hier werden in regelmäßiger Harmonie, über alle Parteigrenzen hinweg, Gesetze verabschiedet, die dem Bürger das Geld aus der Tasche ziehen. Diese ständigen Milliarden-Überschüsse fallen schließlich nicht vom Himmel. Oder wenn im BT eine Partei die Gesetze und Beschlüsse, wie die Agenda 2010, die überwiegend die Armen trifft, von einer anderen Partei freudestrahlend übernimmt und deren Werk in deren Sinne fortsetzt. An Orten wo solches passiert, in diesem Falle der BT, braucht es dringend Veränderung.
26.08.17
22:32