Berlin

Neuer Rechtsstreit um das Kopftuch von Lehrerinnen

In Berlin klagt eine muslimische Grundschullehrerin mit Kopftuch gegen ihre Versetzung an eine Berufsschule. Die Islamkritikerin Seyran Ateş vertritt das Land Berlin.

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08
2017
Grundschule © by Tony Webster auf flickr, bearbeitet IslamiQ

In Berlin geht es vor Gericht erneut um das Kopftuchverbot für Lehrerinnen. Eine muslimische Grundschullehrerin klagt gegen ihre Versetzung an eine Berufsschule, weil sie das Kopftuch nicht ablegen möchte, wie die „Berliner Morgenpost“ berichtete. Der Prozess begann am Mittwoch. Ein Urteil wird im Januar erwartet. Im Februar und Juni dieses Jahrs klagten bereits zwei muslimische Lehrerinnen vor dem Arbeitsgericht, weil sie aufgrund ihres Kopftuches abgelehnt wurden und erhielten Entschädigungen in Höhe von mehreren Tausend Euro. Diese Gerichtsbeschlüsse, sowie das Urteil vom Bundesverfassungsgericht, wonach ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrerinnen unzulässig sei, lösten eine kontroverse Diskussion über das bestehende Neutralitätsgesetz in Berlin aus. Ein Kopftuchverbot ist seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes nur zulässig, wenn der Schulfrieden gefährdet sei.

Der aktuelle Prozess zeigt ein deutliches Bekenntnis der Berliner Landesregierung zum umstrittenen Neutralitätsgesetz. Die Islamkritikerin Seyran Ateş wurde von der Senatsbildungsverwaltung mit der juristischen Vertretung des Landes Berlin in diesem Fall beauftragt. Zuletzt machte die Juristin Schlagzeilen mit der Gründung der unter Muslimen äußerst umstrittenen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee, in der sie die Rolle der Vorbeterin einnimmt. „Frau Ateş bringt ihre juristische Expertise ein, ihr Fachwissen hinsichtlich religiöser Fragen und sie steht für das tolerante Miteinander über Religionsgrenzen in unserer Stadt hinaus“, begründet Bildungssenatorin Sandra Scheeres von der SPD diese Entscheidung gegenüber der Berliner Morgenpost.

Muslime und muslimische Vertreter sehen es kritisch, dass ausgerechnet die Juristin Seyran Ateş mit dem Fall beauftragt wurde, die bereits in der Vergangenheit Karriere als Islamkritikerin gemacht habe. „Klares politisches Statement. Nicht nur, dass man mit dem Neutralitätsgesetz falsch liegt, auch die Auswahl der juristischen Vertretung zeigt, dass Berlin unsensibel reagiert“, schreibt der Vorsitzende des Islamrats, Burhan Kesici, auf Facebook.

Fereshta Ludin, die erste muslimische Lehrerin, die in Deutschland gegen das Kopftuchverbot klagte, forderte in diesem Kontext, ebenfalls auf Facebook: „Ich möchte, dass die salonfähige Schikanierung sichtbarer muslimischer Frauen endlich aufhört!“

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Fereshta Ludin ist aus freien Stücken zunächst von ihrer Heimat Afghanistan nach Saudi Arabien emigriert, eine der übelsten Religionsdiktaturen. In Deutschland angekommen, wollte sie auf dem Klagsweg erreichen, dass sich Deutschland den in Saudi Arabien vorherrschenden rückständigen religiösen Dogmen unterwirft, was ihr erfreulicherweise nicht gelungen ist. Bei den ganzen Kopftuchprozessen geht es nicht um Gleichbehandlung, welche durch das Berliner Neutralitätsgesetz bestens gewahrt ist. Es geht um eine religiöse Sonderbehandlung. Der Staat soll gezwungen werden, sich religiösen Dogmen zu unterwerfen. Dafür wir das Antidiskriminierungsrecht missbraucht und instrumentalisiert.
18.08.17
11:22
Johannes Disch sagt:
@GÄÄÄHHHN Langsam kann man zu dem Thema nur noch eines sagen: "GÄÄÄHHHN."
18.08.17
14:35
Dilaver sagt:
„Frau Ateş bringt ihre juristische Expertise ein, ihr Fachwissen hinsichtlich religiöser Fragen und sie steht für das tolerante Miteinander über Religionsgrenzen in unserer Stadt hinaus“ Selten so über eine Realsatire gelacht. So viel Dummheit, wenn kein bestimmtes Kalkül dahinter steckt, ist mir noch nie begegnet. Seyran Ateş ist eine profilierungssüchtige Selbstdarstellerin auf Kosten des gesellschaftlichen Friedens. Mehr auch nicht. Tolerantes Miteinander sieht hingegen anders aus.
18.08.17
15:47
Andreas sagt:
@Ute Fabel: Welchen Dogmen soll sich denn Deutschland unterwerfen? Es geht doch nicht darum, alle Frauen zum Tragen von Kopftüchern zu verdonnern. Es geht einzig darum, den Frauen, die aus religiösen Gründen ein Kopftuch tragen wollen, dies zu erlauben. Und dagegen ist auch gar nichts einzuwenden. Jedem soviel Freiheit, wie möglich.
21.08.17
14:49
Manuel sagt:
@Dilaver: Genau, die einzigen die ständig Konflikte hinbringen, sind AKP-Islamisten wie Sie, die es offenbar nicht ertragen können, dass hier eben eure mittelalterlichen, tiefreaktionären Dogmen nicht sehr beliebt sind.
21.08.17
19:27
Johannes Disch sagt:
Das Berliner "Neutralitätsgesetz" steht auf sehr schwachen Füßen. Das Land handelt sich mit seiner Sturheit nur Ärger und Klagen ein. Nach einem wegweisenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2015 verstößt ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrerinnen gegen unsere Verfassung. Erst wenn eine konkrete Gefährdung des Schulfriedens nachgewiesen werden kann, ist ein Verbot möglich. Ich halte das für eine sinnvolle Regelung. Ich bin zwar selbst auch nicht unbedingt ein Fan des Kopftuchs. Aber man sollte nicht jede Muslimin, die eines trägt, abqualifizieren und unter Fundamentalismusverdacht stellen. Es gibt viele individuelle Gründe, es zu tragen.
22.08.17
0:01
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Der deutsche Staat unterwirft sich nicht irgendwelchen religiösen Dogmen, wenn er das Kopftuch erlaubt, sondern hält sich damit an das wertvollste, das wir haben: Unsere Verfassung. Und die garantiert Religionsfreiheit als Grundrecht. Und unsere säkulare Ordnung erlaubt das Zeigen von Religiosität auch durch Symbole, und diese dürfen auch im öffentlichen Raum getragen und gezeigt werden. Dazu gehört nun mal auch das Kopftuch. Das ist auch keine Frage der Interpretation, sondern es ist unstrittig. Da sind unsere Gesetze eindeutig! Eine Lehrerin verliert ihre Grundrechter nicht, nur weil sie eine Schule betritt und unterrichtet. Das Bundesverfassungsgericht hat es 2015 unmissverständlich deutlich gemacht: Ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrerinnen ist verfassungswidrig. Trotz dieses Urteils des obersten deutschen Gerichts hält das Land Berlin stur und unbelehrbar an seinem fragwürdigen "Neutralitätsgesetz" fest. Nicht die ein Kopftuch tragende Lehrerin verstößt gegen die Verfassung, sondern die Schule und das Land Berlin. Mit ziemlicher Sicherheit wird das Berliner Gesetz früher oder später in Karlsruhe landen und auf seine Verfassungsmäßigkeit geprüft werden. Und ich wage die Prognose, dass es diese Prüfung nicht bestehen wird. Bereits NRW musste auf Betreiben von Karlsruhe sein Schulgesetz ändern. Berlin wird es nicht anders ergehen.
22.08.17
0:14
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Was Fereshta Ludin betrifft: Da bin ich ganz ihrer Meinung. Frau Ludin taugt nun wirklich nicht als Vorkämpferin für liberale Kopftuchträgerinnen. Ihre Klage wurde damals übrigens abgewiesen. Das unterschlägt der Artikel.
22.08.17
0:23
Ute Fabel sagt:
Unternehmen, die Türkinnen, Afghaninnen, Araberinnen, Somalierinnen oder Perserinnen ohne Kopftuch einstellen, leisten einen weit größeren Beitrag zur Offenheit. Das Kopftuch, der Salafistenbart, der Mao-Anzug oder das Fidel-Castro-Shirt dürfen in der Arbeitswelt nicht salonfähig werden.
22.08.17
15:25
Bernd sagt:
Nachdem Berlin als letztes Bundesland sich hoffentlich eines besseren wird belehren lassen und das Neutralitätsgesetz endlich aufgeben wird, hoffe ich, dass zum einen die SPannung aus dem Thema "Kopftuch" genomen wird und andererseits endlich die Motivation derer verdeutlicht, die sich entschieden gegen das Tragen eines Kopftuchs einsetzen. Was Frau Ates und Frau Kelec gemeinsam haben, ist der Bezug zur Türkei und ihre Sozialisierung in einer Familie, die das Kopftuch als Bestandteil gesellschaftlichen Umgangs kannte. Was jedoch offensichtlich keine Rolle spielt, sind die vielen individuellen Beweggründe, die dazu führen, warum Frauen ein Tuch tragen wollen. Dies pauschal abzuurteilen, diesen Frauen Fundamentalismus zu unterstellen und sie sogar in einer Reihe zu Stellen mit dem "IS" (gemeint ist die Terrororganisation daesh), ist perfide. Frau Ates ist sogar der Meinung, dass die Hexenverbrennung und das Tragen eines Kopftuchs gleichbedeutend sind. Sie sagt dazu: "Die Hexenverbrennungen standen unter dem Zeichen, dass Frauen von Natur aus schlecht sind oder empfänglich für den Teufel. In islamischen Kreisen wird gesagt, die Frau ist von Natur aus anders als der Mann, und deshalb hat sie andere Rechte und Pflichten. " – Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/15749448 ©2017 Kopftuch, Bart, Fidel-Castro-Shirt oder ähnliches sind alles Accessoires, die man tagtäglich zu sehen bekommt. Dazu gesellen sich hin und wieder ein Schottenrock, eine Niqab tragende Frau mit quitschfidelen Kindern (ohne Kopftuch), Radfahrer, Hundebesitzer, Jogger, Raucher, schwngere Frauen, schwule Pärchen, Männer ihne Bart und überhaupt phen Haar am Kopf, gepiercte, tätowierte, singende, duftende und tanzende. Was ist dabei? Berlin war schon immer ein wenig verrückt.
07.12.17
15:46