Muslime zu den Bundestagswahlen

„Bedürfnisse der Musliminnen werden nicht beachtet“

Die Bundestagswahlen stehen vor der Tür. Vor allem Muslime wissen nicht, wen sie wählen sollen. IslamiQ hat um die Einschätzung von Muslimen gebeten. Heute: Ömer Igac.

13
09
2017
Ömer Igac, Vorstandsvorsitzender von Young MÜSIAD, Copyright Ömer Igac, bearbeitet iQ

IslamiQ: Werden die Bedürfnisse der Muslime von den hiesigen Parteien ausreichend beachtet?

Ömer Igac: Der Islam steht definitiv im Mittelpunkt der diesjährigen Wahlen. Hierbei geht es leider viel weniger um die Bedürfnisse und das Miteinander, als um die Vorurteile und Ängste. Vor allem die Bedürfnisse der kopftuchtragenden Musliminnen werden von fast keiner Partei angegangen. Viele von ihnen finden keine Partei, die sich für Gleichberechtigung und gegen Fremdenfeindlichkeit, wie etwa bei ihrer Jobsuche, einsetzen. Man kann Kopftuchträgerinnen nicht Unterdrückung vorwerfen und ihnen anerkannte Berufe verweigern, für die sie sich jahrelang qualifiziert haben.

Ömer Igac ist ein Jungunternehmer aus Berlin. Er studierte an der Europa Universität Viadrina und an der HTW Berlin Betriebswirtschaftslehre. Von 2013 bis 2017 war er Vorstandsvorsitzender des Jugendverbandes Young MÜSIAD. Aktuell engagiert er sich politisch bei der CDU.

IslamiQ: Oft wird den Parteien vorgeworfen, dass sie während des Wahlkampfes antimuslimische Ressentiments bedienen, um auf Stimmenfang zu gehen. Wie haben Sie die letzten Monate erlebt?

Igac: Der weltweit ansteigende Populismus ist auch beim Wahlkampf stark zu spüren. Ressentiments und Vorurteile werden mehr denn je mit der Hoffnung für mehr Stimmen genutzt. Das große TV-Duell bzw. die Fragen haben deutlich gezeigt, dass der Fokus bei den Themen Flucht, Migration, Islam und Türkei lagen. Hiesige Themen wie Bildung, Familie, Armut, Digitalisierung, soziale Gerechtigkeit usw. wurden kaum bis gar nicht debattiert. Die allgemeine Darstellung bestimmter Gruppen als Kriminelle oder Schmarotzer ist auch in der Gesellschaft spürbarer geworden. Vor allem Deutschtürken und Flüchtlinge stehen im Fokus. Auf der einen Seite werden Menschen als Agenten und der „lange Arm der Türkei“ betitelt und auf der anderen Seite als potentielle Terroristen. Das trägt dazu bei, dass Ressentiments und Vorurteile weiter verstärkt werden. Der Ton um und über Migranten hat sich seit den letzten Wahlen deutlich verschärft.

IslamiQ: Welche Partei wird Ihrer Meinung nach bei dieser Bundestagswahl erfolgreich werden und welche nicht?

Igac: Ich denke, dass wir einen Erfolg der CDU und der FDP erwarten können, sowie einen Nichterfolg der SPD, Grünen und Linken. Die spannendste Frage ist, ob die Grünen es in den Bundestag schaffen und wie viel Prozent die AfD auf Bundesebene bekommen wird. Also, ob es insgesamt für eine große Koalition noch ausreicht oder wir dieses Mal eine Schwarz-Gelbe oder gar eine komplett schwarze Regierung bekommen werden.

IslamiQ: Wie schätzen Sie den Wahlausgang für die islamfeindliche AfD ein?

Igac: Es ist zu erwarten, dass die AfD nach zahlreichen Landtagen, auch in den Bundestag einziehen wird. Laut den aktuellsten Umfragen könnte die AfD sogar die drittstärkste Partei im Bundestag werden. Das wäre definitiv ein riesiges Problem. Leider profitiert die AfD bei populistischen Themen am meisten. Ich glaube, dass die AfD um die 10% bekommen wird, hoffe jedoch auf deutlich weniger. Wenn allerdings eine ähnlich hohe Zahl wie bei den Umfragen rauskommt, steht vor allem für die Migranten und Muslime eine schwierige Zeit mit einer AfD als drittstärkste Partei im Bundestag bevor.

IslamiQ: Was erhoffen Sie sich nach der Bundestagswahl im September?

Igac: Ich wünsche mir, dass sich die Situation etwas beruhigt und endlich miteinander und nicht übereinander diskutiert wird. Die Pauschalisierungen müssen beendet und über reale und hiesige Probleme debattiert werden. Sowohl die muslimischen Gemeinden als auch die politischen Parteien müssen wieder einen Schritt zueinander machen. Wir brauchen noch viel Aufklärungsarbeit auf beiden Seiten, da mit sehr viel Unwissenheit hantiert wird. 

Leserkommentare

charley sagt:
Bevor der Herr Ömer Igac sich weiterhin so wichtig findet, möge er bitte doch mal beachten, wessen Bedürfnisse ansonsten nicht beachtet werden! Schon im Ansatz wird unterstellt, dass Politik Bedürfnisse zu bedienen hat. Empfängermentalität, die , wenn nicht bedient, bockig-beledigt sich in Opfergefühlen sühlt. Welch verwöhnte Mentalität! Wie wichtig sind denn die Bedürfnisse, die da nicht bedient werden? Ist Herr Ömer Igac überhaupt zu einem Blick von außen auf "seine muslimische Szene" fähig? Als ob die Rücksicht auf Kopftuchfolklore ein großes Thema Deutschlands zu sein hat? Es wird schon viel zu viel Rücksicht genommen auf religiös begründete Tierquälerie (Schächten von Tieren) uam.! Wie wärs denn, Herr Ömer Igac, wenn sie mal die Frage aufwerfen würde, was Sie für dieses Gemeinwesen zu leisten hätten, indem Sie, verbohrt in eine sich sektierisch gebende, staatlich tolerierte Religionfolklore zurück ziehend, sich einfach mal einbringen würden in diesen Gemeinwesen, z.B. massiv und klar sich dafür einsetzten, dass es ein Unding "muslimisch gesinnter" Eltern ist, zu verhindern, dass ihre Töchter Aufklärungsunterricht bekommen? Haben Sie eigentlich eine Ahnung, wie viel Toleranz (es sind dann zufällig wieder die Kinder "krank", aber jeder weiß, was los ist) solchen Eltern entgegen gebracht wird, indem man dieses verbohrte Sektendenken "erträgt"? Dieses Schreiben hat für mich vor allem die Wirkung, dass ich die Anmaßenheit "berücksichtigt zu werden" als intollerant erlebe. Es fordert mich auf, die verdeckte Agression, die hinter dem Beharren auf religiös verbrähmten Folklorezwängen steckt, genauer anzuschauen und wacher darauf hin zu blicken, wo mir das evtl. im Alltag begegnet. Vielen Dank, Herr Ömer Igac!
14.09.17
10:56
Johannes Disch sagt:
Oh meine Güte, hier macht wieder einer auf die Opferrolle, von wegen, die Bedürfnisse von Musliminnen würden nicht beachtet. Noch schlimmer ist die Behauptung, keine demokratische Partei würde sich für Gleichberechtigung und gegen Fremdenfeindlichkeit aussprechen. Diese Behauptung ist schlicht falsch, wie sich durch einen Blick in die Parteiprogramme feststellen lässt. Man könnte meinen, das Kopftuch wäre das A & O der Existenz der muslimischen Frau. So sehr ich mich hier gegen Diskriminierung einsetze und dafür bin, dass man Menschen ihre Grundrechte gewährt: Ich bin aber ebenfalls der Auffassung: Mir ist eine Muslimin ohne Kopftuch lieber als eine mit Kopftuch. Nur können wir hier in Deutschland leider nicht so konsequent agieren wie beispielsweise Frankreich, das einen konsequenten Laizismus hat. Die noch immer bestehenden Sonderrechte der christlichen Kirchen sind eine der wenigen Geburtsfehler einer ansonsten gelungenen Verfassung. Und hier kommt es oft zu einem fatalen Schulterschluss zwischen den Islamverbänden und den christlichen Kirchen, die Angst um ihre Pfründe haben. Es ist leider nicht absehbar, dass wir unsere Verfassung in naher Zukunft grundlegend ändern hin zu einem konsequenten Laizismus. Also wird uns das Thema "Kopftuch" weiter beschäftigen, und wir müssen im Einzelfall entscheiden und uns dabei an 2 unterschiedlichen Haltungen orientieren: -- Dem Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst: Hier hat das Bundesverfassungsgericht 2015 festgestellt, dass ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrerinnen verfassungswidrig ist. -- Dem Arbeitsplatz in der Privatwirtschaft: Hier hat der EUGH deutlich gemacht, dass private Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen religiöse und weltanschauliche Symbole verbieten kann. Noch einmal: So unsinnig es ist, in jeder Kopftuch tragenden Muslimin eine Fundamentalistin zu sehen, so unsinnig ist aber auch der entgegengesetzte extreme Standpunkt, nämlich das Beharren auf dem Kopftuch. Das Kopftuch ist keine Pflicht im Islam. Die meisten Musliminnen bei uns in Europa und in Deutschland tragen keines. Und auch das sind gläubige Musliminnen. Der Glaube lässt sich also nicht am Kopftuch festmachen. Eine Muslimin kann sich im Einzelfall also immer entscheiden, was ihr wichtiger ist: Der in Aussicht stehende Job oder das Kopftuch?
14.09.17
14:48
Manuel sagt:
@Sibylla Dütsch: Gut, nur eines, sehen Sie sich mal die islamischen Länder an, dann wissen Sie was passiert, wenn der Islam einmal die Mehrheit hat, wenn Ihnen diese mittelalterliche Lebensweise sogut gefällt, bitte, es steht Ihnen frei dorthin zu gehen. Ich halte jedenfalls die mittelalterlich-islamischen Dogmen nicht unbedingt für sehr toll.
14.09.17
17:46
Manuel sagt:
@Johannes Disch: Die Antwort ist eindeutig, das Kopftuch, wir sehen ja die Sturheit und die Militanz die von vielem Moslemas an den Tag gelegt wird, wenn es um dieses Stück Stoff geht,
16.09.17
13:55
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