Am 24. September finden die Bundestagwahlen statt. Was steht in den Parteiprogrammen zu Islam und Muslimen? IslamiQ liefert die Antworten. Heute die Freie Demokraten Partei (FDP). Wähl mit iQ!
IslamiQ: Die Deutsche Islam Konferenz feierte letztes Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum. Sie wurde initiiert, um den Islam in Deutschland zu institutionalisieren. Welche Ziele und Pläne verfolgt Ihre Partei, um diesen Weg weiterzugehen?
FDP: Wir Freie Demokraten setzen uns für die Religionsfreiheit und die Gleichbehandlung von Kirchen-, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ein. Dabei unterstützen wir die zentrale Aufgabe der Islamkonferenz, die gleichberechtigte Integration muslimischer Gemeinden in das religions- und kirchenrechtliche System Deutschlands voranzutreiben. Dies ist eine wichtige Aufgabe, die wir auch in Zukunft unterstützen werden. Wir sprechen uns klar gegen Islamfeindlichkeit aus und fordern die konsequente Verfolgung jedes religiös motivierten Hassverbrechen. Zudem setzen wir uns für einen verfassungskonformen Ausbau von muslimischer Seelsorge und Schulbildung ein.
IslamiQ: Die Nachfrage nach „islamischer Wohlfahrtspflege“ und „Seelsorge“ auf Seiten der muslimischen Bevölkerung steigt stetig an. Wird Ihre Parte die Etablierung einer islamischen Wohlfahrtspflege unterstützen? (Bitte begründen.)
FDP: Wir Freie Demokraten sprechen uns für den Ausbau muslimischer Seelsorge in Krankenhäusern, Gefängnissen und bei der Bundeswehr aus. Aus diesem Grund befürworten wir die Einrichtung von länderübergreifenden Arbeitsgruppen, die sich mit der Umsetzung befassen. Wichtig dabei ist die Differenzierung zwischen allgemeinen Fragen der Seelsorge und dem Thema Radikalisierung.
IslamiQ: Mehrere Studien attestieren eine zunehmende Islamfeindlichkeit in Deutschland. Wie möchte Ihre Partei dieser Entwicklung entgegenwirken?
FDP: Wir Freie Demokraten lehnen jegliche Diskriminierung einzelner Religionen ab. Das gilt auch für den Islam. Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses ist ein liberaler Wert. Dieser schließt gegenseitige Respekt und Toleranz mit ein. Insbesondere mit konkreten Maßnahmen für Bildung, Förderung von Selbsthilfe und Diversity Management, aber auch durch Sensibilisierung staatlicher Entscheidungsträger sollen Toleranz und Akzeptanz gestärkt werden. Religionen pauschal für unvereinbar mit dem Grundgesetz zu erklären, lehnen wir ab. Eine solche Diffamierung und Ausgrenzung einer Religion tolerieren wir nicht. Islamfeindlichkeit muss als solche identifiziert und klar benannt werden. Nur dann kann man auch gegen sie vorgehen.
IslamiQ: In den letzten Jahren kommt es immer häufiger zu Angriffen auf Moscheen und muslimische Einrichtungen. Was kann und sollte unternommen werden, um diese zukünftig besser zu schützen?
FDP: Der Islamfeindlichkeit muss entschieden entgegengetreten werden. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wenn Straftaten begangen werden, müssen diese von den Sicherheitsbehörden konsequent verfolgt werden.
IslamiQ: Von Zeit zu Zeit wird über die Einführung eines sogenannten Islamgesetzes in Deutschland diskutiert. Wie steht Ihre Partei zu einem solchen Vorhaben?
FDP: Wir Freie Demokraten lehnen es ab, einer einzelnen Religion ein Gesetz zu widmen und halten daher auch ein Islamgesetz nicht für notwendig. Wichtig für uns ist die deutsche Imamausbildung und deutschsprachiger Islamunterricht, der an unseren Schulen nach dem deutschen Lehrplan durchgeführt wird. Damit schaffen wir die Voraussetzung für einen Islam, der sich in unserem Land an den Werten des Grundgesetzes orientieren muss. Wo das Grundgesetz als objektive Werteordnung unserer Gesellschaft missachtet wird und Gesetze verletzt werden, enden Toleranz und Respekt. Verständnis für religiösen oder ideologischen Fundamentalismus darf es nicht geben. In diesem Zusammenhang lehnen wir eine Einflussnahme aus dem Ausland durch die Finanzierung religiöser Vereine und Einrichtungen ab, wie zum Beispiel durch die Türkei und Saudi-Arabien in Bezug auf bestimmte Moscheegemeinden.
IslamiQ: In den letzten Jahren wurde an verschiedenen Standorten islamische Theologie an deutschen Universitäten eingeführt. Gleichzeitig wurde in mehreren Bundesländern bekenntnisorientierter islamischer Religionsunterricht eingeführt, andernorts nur eine Art islamischer Religionskunde. Wie bewerten Sie diese Entwicklung? Würden Sie eine Ausweitung dieses Angebots unterstützen?
FDP: Wir Freie Demokraten waren an der Etablierung der islamischen Theologie sowohl auf Bundesebene als auch in vielen Ländern beteiligt. An der finanziellen Unterstützung des Bundes und den Instituten für islamische Theologie halten wir fest. Die Länder stehen in der Verantwortung an ihren Universitäten Religionslehrer – gleich welchen Bekenntnisses – in ausreichender Zahl für die Bedarfe der Schulen auszubilden. Die Lehrpläne für den islamischen Religionsunterricht müssen im Einklang mit dem Grundgesetz von den jeweiligen Schulministerien in Übereinstimmung mit einer oder mehreren islamischen Religionsgemeinschaften erstellt werden. Gleichzeitig besteht der Wunsch, möglichst einen gemeinsamen islamischen Religionsunterricht anzubieten. Das stellt sowohl die islamischen Verbände als auch die Politik vor große Herausforderungen. Angesichts der Vielfalt der Verbände und der großen Unterschiede in den Ländern halten wir Freie Demokraten eine Entscheidung darüber, welche islamischen Verbände einbezogen werden, für eine Entscheidung, die auf Landesebene getroffen werden muss. Verfassungsgemäß ist die von CDU und FDP eingeführte hessische Lösung, Religionsunterricht in Kooperation mit jeweils einzelnen Religionsgemeinschaften durchzuführen. Die ebenfalls von CDU und FDP praktizierte niedersächsische Lösung der Einbeziehung (fast) aller Moscheegemeinden scheint ebenfalls gangbar. Die von CDU, SPD und Grünen in Nordrhein-Westfalen eingeführte Praxis eines Beiratsmodells aus Dachverbänden ist hingegen ein verfassungsrechtlich hochproblematisches Konstrukt, das weder Politik noch Verbände zufriedenstellt.
IslamiQ: Eine aktuelle Studie des Berliner Instituts für empirische Migrationsforschung zeigt, dass viele Lehrer Vorbehalte gegenüber der Bildungsorientierung von Muslimen hegen. Gleichzeitig gibt die Bundesagentur für Arbeit bekannt, dass Menschen mit Migrationshintergrund häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Was möchte Ihre Partei gegen diese Benachteiligung von Muslimen in Schule und Beruf tun?
FDP: Für uns hat Priorität, möglichst allen Menschen Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt zu eröffnen. Die arbeitsmarktpolitische Integration ist dabei unmittelbar mit der Qualifizierung verbunden. Aus diesem Grund wollen wir allen Kindern und Jugendlichen von Anfang an, unabhängig vom sozialen, religiösen oder familiären Hintergrund, den Zugang zu weltbester Bildung ermöglichen, damit jeder sein volles Potenzial ausschöpfen kann. Dies beginnt bei umfassender frühkindlicher Sprachförderung vor der Einschulung und reicht bis zur elternunabhängigen Ausbildungsförderung. Wir Freie Demokraten wollen Chancengerechtigkeit für jeden Menschen. Dies ist jedoch ein gesamtgesellschaftliches Projekt und bedarf der Mitwirkung aller. Wir wollen mehr als Antidiskriminierungsgesetzgebung. Wir müssen eine Kultur des Miteinanders entwickeln, in der Diskriminierung und Vorurteile geächtet und Vielfalt und Unterschiedlichkeit als Bereicherung empfunden werden.