Am 24. September finden die Bundestagwahlen statt. Was steht in den Parteiprogrammen zu Islam und Muslimen? IslamiQ liefert die Antworten. Heute die Links-Partei (DIE LINKE). Wähl mit iQ!
IslamiQ: Die Deutsche Islam Konferenz feierte letztes Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum. Sie wurde initiiert, um den Islam in Deutschland zu institutionalisieren. Welche Ziele und Pläne verfolgt Ihre Partei, um diesen Weg weiterzugehen?
DIE LINKE: DIE LINKE befürwortet eine gesellschaftliche Debatte über die Gleichberechtigung und die Institutionalisierung des Islam in Deutschland gemeinsam mit muslimischen Gemeinden und Verbänden. Auch wenn es in Teilen im Rahmen der Deutschen Islamkonferenz zu sinnvollen Diskussionen und Verabredungen gekommen ist, kritisiert DIE LINKE, dass die Bundesregierung immer wieder das Thema Sicherheit ins Zentrum gestellt hat und so dazu beigetragen hat, Muslime in die Nähe von Terrorismus und Extremismus zu rücken.
Wir wollen, dass die Gleichberechtigung der Muslime ins Zentrum gestellt wird. Die Gefahr für Demokratie und Zusammenleben kommt von rechts. Angesichts des steigenden antimuslimischen Rassismus gehören der Kampf gegen Islamfeindlichkeit und die Bedürfnisse muslimischer Gemeinden ins Zentrum eines Dialogs. Es ist bezeichnend, wenn der für die Deutsche Islamkonferenz zuständige Innenminister Thomas De Maizière eine Leitkulturdebatte anzettelt, ein Burka-Verbot fordert und damit rassistische Vorurteile gegen Muslime verbreitet.
DIE LINKE tritt für die rechtliche Gleichstellung aller Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ein. Für DIE LINKE schließt das Menschenrecht auf freie Religionsausübung das Recht auf öffentliches Bekenntnis zu einer Religion ein. DIE LINKE spricht sich gegen Verbote von religiös motivierter Bekleidung aus und lehnt eine Einschränkung von Beschäftigtenrechten auf dieser Grundlage ab. Das bedeutet, die Kopftuchverbote für muslimische Frauen im öffentlichen Dienst abzuschaffen, denn sie sind diskriminierend. Frauen müssen Zugang zu gesellschaftlichen Positionen haben, ohne dass ihnen Lebensformen aufgedrängt werden. Sowohl das Verbot von Kopftüchern wie der Zwang dazu wären eine Einschränkung der Entfaltungsmöglichkeiten von Frauen. Es gilt, Frauen in ihrer persönlichen Entscheidung, wie sie sich kleiden, nicht zu bevormunden und keinen Druck auf sie auszuüben – weder in die eine noch die andere Richtung. Beim Baden soll jede und jeder die Badebekleidung tragen, die beliebt. Jüdische und muslimische Feiertage sollen als staatlich geschützte Feiertage anerkannt werden.
IslamiQ: Die Nachfrage nach „islamischer Wohlfahrtspflege“ und „Seelsorge“ auf Seiten der muslimischen Bevölkerung steigt stetig an. Wird Ihre Parte die Etablierung einer islamischen Wohlfahrtspflege unterstützen? (Bitte begründen.)
DIE LINKE: Der Islam ist in Deutschland die drittgrößte Glaubensgemeinschaft. Es gibt einen Bedarf an islamischer Seelsorge und Wohlfahrt. In diesem Sinn und im Sinne der Gleichberechtigung der Religionen sind muslimische Verbände zu unterstützen, damit sie eine islamische Wohlfahrt und Seelsorge etablieren können. DIE LINKE. tritt für einen Zugang aller Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zur Seelsorge in öffentlichen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Gefängnissen und Militär ein.
IslamiQ: Mehrere Studien attestieren eine zunehmende Islamfeindlichkeit in Deutschland. Wie möchte Ihre Partei dieser Entwicklung entgegenwirken?
DIE LINKE: Die Fraktion DIE LINKE im Bundestag fragt vierteljährlich die Bundesregierung nach den aktuellen Zahlen der Angriffe auf Muslime und muslimische Einrichtungen. Ziel dieser Anfragen ist es u.a., die in der Tat ansteigende Islamfeindlichkeit und ihre Auswirkungen für die Betroffenen öffentlich sichtbar zu machen. Aus Sicht der LINKEN bedarf es einer generellen gesellschaftspolitischen Offensive gegen Rassismus und alle Formen von Ausgrenzung. Islamfeindliche Taten müssen als das von Polizei und Behörden bewertet werden was sie sind: rassistische Taten. Zu häufig wird die politische Dimension solcher Taten noch geleugnet. Die Unterstützung zivilgesellschaftlicher Initiativen die den Austausch zwischen Muslimen und Nichtmuslimen fördern, muss verstetigt werden. Zudem muss die Politik ihrer Verantwortung für das friedliche Zusammenleben gerecht werden, in dem Pauschalisierungen („die Muslime“, „der Islam“) überwunden werden.
Ohne Zweifel ist der Islam heute Teil deutscher Kultur, das muss als Selbstverständlichkeit auch von der Politik geäußert werden. Schließlich basieren islamfeindliche Einstellungen auch auf der (berechtigten) Angst vor islamistischem Terrorismus. Hier muss die deutsche Politik generell umsteuern und die Ursachen dieses religiös verbrämten Terrorismus angehen. D.h., keine Beteiligung an Kriegen, eine friedliche Außenpolitik, um eine zentrale Quelle des Terrorismus perspektivisch still zu legen. DIE LINKE steht wie keine andere Partei für eine solche friedliche und sozial gerechte Außenpolitik.
IslamiQ: In den letzten Jahren kommt es immer häufiger zu Angriffen auf Moscheen und muslimische Einrichtungen. Was kann und sollte unternommen werden, um diese zukünftig besser zu schützen?
DIE LINKE: Der Schutz von bedrohten Gruppen und ihren Einrichtungen ist zunächst Aufgabe der Polizei. Insofern muss diese ein Sicherheitskonzept erarbeiten, wie bedrohte Einrichtungen und Gruppen in der Gesellschaft besser geschützt werden können. Dazu ist es aber wichtig, die politische Dimension solcher Taten in den Blick zu nehmen und sie auch bei der juristischen Bewertung strafverschärfend zu berücksichtigen. Nachdem über Jahre eine von der LINKEN kritisierte Sparpolitik zum Personalabbau auch bei der Polizei geführt hat, muss es hier zu einer Umkehr kommen, um regelmäßige Streifen an gefährdeten Orten zu ermöglichen. Schließlich braucht es aus Sicht der LINKEN ein konsequenteres Vorgehen gegen die Naziszene, die sehr oft hinter solchen Anschlägen steht.
IslamiQ: Von Zeit zu Zeit wird über die Einführung eines sogenannten Islamgesetzes in Deutschland diskutiert. Wie steht Ihre Partei zu einem solchen Vorhaben?
DIE LINKE: DIE LINKE. will keine diskriminierenden Sondergesetze für einzelne Religionen. DIE LINKE verteidigt stattdessen das Recht auf freie Religionsausübung und die Gleichberechtigung der Religionsgemeinschaften. Der Staat hat nicht in die Moscheen, Kirchen oder Synagogen hinein zu regieren. Die Debatte um ein Islamgesetz wird von Unionspolitikern und der AfD mit dem Ziel geführt, von jahrelang geschürten Vorurteilen gegenüber Muslimen zu profitieren. Sie fordern, die Rechte von Muslimen einzuschränken und verbreiten antimuslimischem Rassismus. Dem muss entschieden widersprochen werden.
IslamiQ: In den letzten Jahren wurde an verschiedenen Standorten islamische Theologie an deutschen Universitäten eingeführt. Gleichzeitig wurde in mehreren Bundesländern bekenntnisorientierter islamischer Religionsunterricht eingeführt, andernorts nur eine Art islamischer Religionskunde. Wie bewerten Sie diese Entwicklung? Würden Sie eine Ausweitung dieses Angebots unterstützen?
DIE LINKE: DIE LINKE. begrüßt die Einführung von islamischer Theologie an deutschen Universitäten und die Ausweitung von islamischem Religionsunterricht, weil es einen Bedarf dafür gibt und dies ein Schritt in Richtung Gleichstellung des Islams ist. Denn soweit bekenntnisorientierter Religionsunterricht an Schulen als Wahlfach angeboten wird, sollten sich alle Religionsgemeinschaften beteiligen können. Für die Zukunft strebt DIE LINKE. einen Ethikunterricht an, in dem alle Schülerinnen und Schüler mit ihren unterschiedlichen weltanschaulichen, kulturellen und religiösen Hintergründen gemeinsam über ethische Fragen diskutieren können. Im Rahmen des Bildungsauftrages sollen Schulen auch weiterhin Wissen über Religionen vermitteln.
IslamiQ: Eine aktuelle Studie des Berliner Instituts für empirische Migrationsforschung zeigt, dass viele Lehrer Vorbehalte gegenüber der Bildungsorientierung von Muslimen hegen. Gleichzeitig gibt die Bundesagentur für Arbeit bekannt, dass Menschen mit Migrationshintergrund häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Was möchte Ihre Partei gegen diese Benachteiligung von Muslimen in Schule und Beruf tun?
DIE LINKE: Auch wenn sich die Bildungsbeteiligungsquoten von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund angenähert haben, nehmen Menschen mit Migrationshintergrund häufiger an niedriger qualifizierenden Bildungsgängen teil. Grund hierfür ist unter anderem das deutsche Bildungssystem, das nach wie vor stark selektiv wirkt. Für DIE LINKE ist Bildung aber ein Menschenrecht. Daher sind wir starke Befürworter von Gemeinschaftsschulen, in denen die Kinder und Jugendlichen gemeinsam von der ersten Klasse bis zum Abitur lernen können, individuell gefördert und (herkunftsbedingte) Nachteile ausgeglichen werden. Alle Kinder sollen unabhängig von ihrer Herkunft gleich gute Bildungschancen erhalten.